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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shril Henke
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man Jahre überlebt hat, beobachtet hat, wie die anderen starben, kann ein Mann schon eine Art sechsten Sinn entwickeln ... vielleicht hat er es gewusst."
    "Dann hat er dir das kostbarste aller Geschenke gemacht", sagte sie mit erstickter Stimme.
    "Wir haben die ganze Nacht vor der Exekution geredet. Wir haben einander Dinge erzählt, über die wir in all den vergangenen Monaten, die wir zusammen verbrachten, niemals sprachen. Vielleicht war ich der einzige Mensch, der ihm je etwas bedeutet hatte - soweit überhaupt jemand Lucero etwas bedeuten konnte."

    "Ich habe ihn niemals geliebt, aber ich werde ihm immer dankbar sein. Und ich werde Kerzen anzünden und für seine Seele beten."
    "Ich habe das Gefühl, er könnte sie gebrauchen", sagte Nicholas liebevoll.
    "Natürlich wird mein eigener Seelenzustand die Gebete entwerten, zumindest in den Augen von Pater Salvador", sagte Mercedes und seufzte.
    "Du bist Witwe. Wenn er uns nicht trauen will, dann können wir über die Grenze gehen und auf amerikanischem Staatsgebiet heiraten. Ich weiß, dass wir dann nicht den Segen deiner Kirche hätten, aber ..."
    Mit einem zarten Kuss brachte sie ihn zum Verstummen.
    "Wir haben einander Liebe und Treue geschworen. Ich brauche keinen anderen Segen."
    Aber du hättest gern den Segen deiner Kirche, dachte er bei sich und zog sie an sich.
    Der Wind raschelte leise in den Weiden, und die Luft war erfüllt vom Duft der Blumen. Es war Frühling in Sonora, als die Leute von Gran Sangre zusammenkamen, um einen der ihren zur ewigen Ruhe zu betten. Die Erde, die noch feucht war vom Winterregen, versprach eine fruchtbare Ernte. Unter denen, die zusammengekommen waren, um dem Toten die letzte Ehre zu erweisen, war ein halbes Dutzend Frauen, die ein Kind erwarteten, darunter die Patrona selbst.
    Pater Salvador verlas die Worte, mit denen Lucero Alvarado zur Ruhe gebettet wurde. Nicholas hielt Mercedes an der Hand, als sie zusah, wie der Leichnam ihres Gemahls in die Erde hinabgelassen wurde.
    Als die Beerdigungsriten vorüber waren, zerstreute sich die schweigsame Gruppe, um die tägliche Arbeit wieder aufzunehmen. Nicholas und Mercedes gingen zu ihrer Kutsche.
    Dabei hatte er den Arm schützend um ihre Schultern gelegt.

    "Es wird alles gut werden, querida", flüsterte er zärtlich auf englisch.
    "Pater Salvador nannte dich Don Nicholas. Wir haben Don Lucero beerdigt. Das wird bald jeder wissen."
    "Auf Gran Sangre hat es bereits jeder geahnt, schon seit langem." Sein Tonfall war sanft, aber der Schmerz in ihrer Stimme hatte ihn tief getroffen.
    "Damals war das etwas anderes. Sie wussten es nic ht - sie konnten den Schein wahren, indem sie dich bei seinem Namen nannten."
    Er hatte befürchtet, dass sie es so sehen würde. "Und du auch."
    Sie fühlte, dass er verletzt war, und sagte: "O Nicholas, du weißt, dass ich dich liebe."
    "Still jetzt. Ich habe an deiner Liebe niemals gezweifelt", murmelte er und hielt sie fest, als er sich neben sie setzte.
    Nach ihrer Rückkehr hatte Rosario die einfache Erklärung über den Tod ihres "Onkels" Lucero hingenommen und sich über die Heimkehr ihres "richtigen" Papas mit solcher Selbstverständlichkeit gefreut, wie es nur ein Kind kann.
    "Vielleicht hätten wir sie heute mitnehmen sollen", murmelte Nicholas nachdenklich. Es bekümmerte ihn, das Kind im Haus bei Lupe zurückgelassen zu haben.
    "Wir haben entschieden, dass es so am besten sein würde. Er
    ... er war nicht sehr freundlich zu ihr, und sie hat keinen Grund, um ihn zu trauern. Außerhalb von Gran Sangre weiß niemand mit Gewissheit, wessen Kind sie ist, und sie wird immer glauben, dass du ihr Vater bist. Die Jugend hat so viel Vertrauen
    - aber ich ... ich bin nicht so. Ich bin nur eine schwache, dumme Frau."
    "Unsinn! Du bist die stärkste und tapferste Frau, der ich jemals begegnet bin", sagte er und hob ihr Kinn, damit sie ihm ins Gesicht sehen musste.

    Sie streichelte sanft seine Wange, als sie seinem Blick begegnete. "Alles wird wieder gut. Es ist nur das Kind, das mich so weinerlich werden lässt. Angelina hat mir versichert, dass es vorübergehen wird." Sie hob seine Hand an ihre Lippen und küsste die Innenfläche. Er erwiderte ihren liebevollen, aber besorgten Blick.
    Pater Salvador war an die Kutsche getreten und räusperte sich, und damit war der Zauber verflogen. Er betrachtete sie mit einem Blick aus seinen hellblauen Augen, unsicher, wie er das delikate Thema zur Sprache bringen sollte.
    Nicholas fühlte, wie Mercedes sich

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