Wildes Blut
Lucero nicht, dass er seine Tochter unterrichtete. Aber es gab sonst niemanden, denn sie selbst hatte ohnehin zuviel zu tun.
Vielleicht würde sich das ändern, nun, da Lucero zu Hause war. Sie war nicht sicher, ob sie ihre so schwer erworbene Führungsposition einem Mann übergeben wollte, der von einer langen Reihe von Taugenichtsen abstammte. Aber der Krieg schien ihn zu einem disziplinierten und gereiften Mann gemacht zu haben. Als sie daran dachte, wie er am Morgen ihre verarbeiteten Hände in Augenschein genommen hatte, machte ihr Herz einen Sprung.
Sie blieb vor der Küche stehen, um in einem Eimer den gröbsten Schmutz von ihren Füßen zu waschen, dann trat sie ein. Plötzlich erfüllten ein lauter Schrei und eine Kette von Flüchen die warme Luft, gefolgt von wütendem Gebell. Das Durcheinander kam vom Hof gegenüber der Küche. Sie durchquerte den großen Raum und sah Angelina in der Tür stehen und jemanden anschreien.
"Hör sofort damit auf, Innocencia", befahl die alte Köchin.
"Sieh doch nur, was das Kind und der Köter angerichtet haben! Meine ganze Morgenarbeit war umsonst. Meine Hände sind so rot wie die eines Fischweibes, und wofür? Du verfluchter kleiner Bastard!"
Mercedes hastete an Angelina vorbei. Rosario kauerte im Schmutz, neben sich einen umgestürzten Zuber mit weißer Tischwäsche. Ihre Augen waren vor Angst weit aufgerissen, während kleine Schluchzer ihre Brust erschütterten. Der große Hund saß neben ihr. Die Patrona bückte sich, nahm das Kind auf den Arm und sah die andere Frau an, in deren Augen Mordlust glänzte. "Wage es nicht, dieses Wort noch einmal in diesem Haus auszusprechen, sonst werde ich dich für immer fortschicken."
"Sie können mich nicht fortschicken. Nur Don Lucero kann einen Dienstboten entlassen, und Sie wissen, dass er mich niemals gehen lassen wird." Sie warf ihrer Herrin einen unverschämten Blick zu, dann wandte sich ihr Zorn wieder gegen Rosario. "Sehen Sie sich die Bescherung an. Sie ist diejenige, die gehen sollte", sagte sie und deutete auf das zitternde Kind. "Sie und dieser Höllenhund, den Sie hier halten."
"Ich wollte nichts Böses tun", brachte Rosario heraus. "Bitte, und Bufon auch nicht."
"Es ist gut", sagte Mercedes und strich eine schwarze Locke aus Rosarios Stirn. "Erzähl mir, was geschehen ist."
"Wir ... wir haben mit Bufons Ball gespielt", begann das Kind und deutete auf das nasse Spielzeug aus blauer Wolle, das auf dem ausgeschütteten Leinen lag. Das Garn hatte auf dem ehemals schneeweißen Tischtuch einen blassgrauen Fleck hinterlassen. "Ich habe ihm den Ball zugeworfen, aber ..."
Tränen erstickten ihre Stimme, und ihr Schluchzen wurde heftiger. "Er landete im Waschzuber. Ich bin hingelaufen, um ihn herauszuholen ..."
"Aber dieser große Schlingel war schneller und hat den Zuber in seinem Eifer umgeworfen", ergänzte Mercedes.
"Es ist nichts geschehen", sagte Angelina heiter und hob den Zuber auf die hohe Holzbank, als wäre er federleicht. "Wir werden den Fleck ganz schnell mit Zitronensaft entfernen." Sie wandte sich an Innocencia. "Du holst den Krug mit dem Saft, und dann füllst du den Zuber mit frischem Wasser vom Brunnen wieder auf. Ich werde das Leinen auswringen."
Innocencia stampfte mit dem Fuß auf. "Wir werden den ganzen Nachmittag brauchen, wenn wir die Wäsche noch einmal waschen wollen - dabei hätte ich damit nicht einmal anfangen müssen. Ich bin keine Wäscherin."
Bufon knurrte laut und schüttelte den Kopf, so dass Dreckspritzer auf ihren hellen Rock fielen. Laut schimpfend sprang Innocencia zur Seite, um gleich darauf im Schlamm auszurutschen und hintenüber zu fallen. Sie bemühte sich aufzustehen, und aus ihrem Zorn war nun Angst geworden.
Mercedes unterdrückte ein Lachen, als sie Rosario abstellte und Bufon ermahnte, ruhig zu sein, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem kauernden Mädchen zu. "Du hast recht.
Du bist keine Wäscherin - und auch keine Köchin oder Zofe. Du bist eine Hure ... eine unbeschäftigte Hure, und wenn du noch einmal so zu mir sprichst oder die Tochter des Patron bedrohst, dann wirst du nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf haben!"
Innocencia wurde bleich. Zum erstenmal sah sie das kleine Mädchen genau an und bemerkte die fein gemeißelten Züge der Alvarados und die schwarzsilbernen Augen. Schlagartig erkannte sie, was sie getan hatte. "Ich... ich wusste nicht, dass sie die Tochter des Patron ist. Ich dachte nur ..."
"Du dachtest, sie wäre das Kind eines
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