Wildes Erwachen
wurde förmlich.
Also ist er doch verärgert, dass ihn jemand angepinkelt hat, dachte Kral.
»Lassen Sie mich zum eigentlichen Anlass unserer Zusammenkunft kommen«, begann der Abgeordnete unterkühlt, »die gleichlautenden Gesuche der Kripo Hof und der Kripo Eger, Herrn Oberstudienrat Kral in die laufenden Fälle«, er griff zu seinen Unterlagen, fuhr dann aber fort, »na, Sie wissen das ja, also in diese Fälle über das GPZ als Verbindungsmann einzubeziehen, sind vom Innenministerium genehmigt worden. Ich gehe davon aus«, er blickte auf Brückner, »dass es auch von Ihrer vorgesetzten Behörde ein O.k. gibt.« Dann wandte er sich an Kral: »Sie bekommen das noch schriftlich und wegen der Entlastung in der Schule setzen Sie sich am besten mit Ihrem Direktor in Verbindung.« Es folgte ein forscher Blick in die Runde: »Das war’s, meine Herren!«
»Ganz schön sauer, der Herr«, eröffnete Schuster das Gespräch auf dem Weg zu Parkplatz.
Kral kicherte: »Morgen steht in der Zeitung: ›Tschechischer Polizeioffizier belastet mit seiner Polemik die Beziehungen zwischen Bayern und der Tschechischen Republik.‹«
Brückner knurrte verächtlich: »Politiker! Hüben wie drüben die gleichen Gauner! Kein Wunder, dass immer weniger Menschen zu den Wahlen gehen.«
»Wisst ihr eigentlich«, richtete sich Kral an seine beiden Begleiter, »was einen richtig guten Politiker ausmacht?« Fragende Blicke. »Wohlfahrt hat’s uns gerade vorgemacht: Keine roten Ohren, kein Schweiß auf der Stirn, nicht einmal ein Ansatz von Verlegenheit, wenn man ihn beim Lügen erwischt!«
»Gut erkannt!«, meinte Schuster, »aber ob wir solche Politiker wirklich haben wollen, bezweifle ich doch stark.«
Der Vorschlag kam von Brückner: »Geh’n wir noch auf ein Bier? Ist eh gleich Feierabend!« Die beiden anderen stimmten zu. Schließlich war ja nach der Aktivierung Krals auch noch einiges zu bereden.
Im Selber Brauhaus herrschte um diese Zeit kaum Betrieb. Sie konnten also ungestört reden. Schuster beklagte sich, dass man im Mordfall Nürnberger auf der Stelle trete, vor allem auch deshalb, weil die Staatsanwaltschaft das Interesse an der Sache verloren habe: »Dort ist man der Meinung, dass der oder die Täter und auch die entführte Alena Smirnov in Tschechien zu finden sind.«
»Ist mir bekannt, ihr habt uns ja um Amtshilfe gebeten«, antwortete Brückner, »aber ich glaube nicht so recht daran. Wenn das Mädchen bei uns drüben wäre, hätte ich davon etwas erfahren. Ich denke, du solltest noch mal diesen seltsamen Bauernhof bei Bayreuth unter die Lupe nehmen.«
»Du solltest!« Hab’ ich da richtig gehört? Der Brückner duzt den Schuster? Aber Josef, so geht das doch nicht! Du solltest schon wissen, dass in Deutschland eine solch tiefgreifende Klimaveränderung im zwischenmenschlichen Bereich eines förmlichen Akts bedarf, besonders bei Beamten in gehobenen Positionen! So schien das auch Schuster zu sehen, er stutzte kurz und ignorierte die intime Anrede so gründlich, dass er Brückner und komischerweise auch Kral in der Folge weder ein »Du« noch ein »Sie« gönnte.
»Ich kann da nicht offiziell ermitteln! Was bringt mir das? Die Leute kennen mich und werden mir genau das sagen, was sie mir damals gesagt haben.« Er blickte auf Kral: »Da müsste sich mal jemand (gar nicht so schlecht!), der den Leuten nicht bekannt ist, unter irgendeinem Vorwand etwas genauer umschauen. Einen tschechischen Kapitän (na, ja!)«, er lachte, »sollte man da nicht unbedingt hinschicken. Bleibt noch«, er blickte auf Kral, »unser Computerspezialist (ehrt mich, aber jetzt fällt’s langsam auf).«
Kral reagierte prompt: »Mach’ ich, mir wird schon was einfallen. Da ich in Tschechien so etwas wie ein Auftrittsverbot habe, muss ich ja in einer anderen Richtung tätig werden.«
Brückner grinste. Schuster war zunächst irritiert, reagierte dann aber erstaunlich schlagfertig: »Also ich geh’ mal davon aus, dass ihr (schon mal besser!) mich jetzt nicht verarschen wollt! Also bitte Klartext!« Auf Krals Erklärung folgte ein ernstes Kopfnicken: »Hab’ ich mir gedacht! Ziemlich leichtsinnig, was wir da abgezogen haben!« Er blickte auf Brückner, deutete dann auf Kral: »Wenn er (also, bitte!) nach Kolkenreuth geht, könnte ich ja mal undercovermäßig das Heiratsinstitut in Bayreuth unter die Lupe nehmen, von dem unser Computerspezialist (jetzt langt’s aber!) berichtet hat.«
Hoffentlich hat der Kapitän bald ein Einsehen und
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