Wildes Erwachen
Unterstützung erfolgt durch die dortigen Kollegen, die allerdings noch eingewiesen werden müssen, von denen hat ja keiner die geringste Ahnung von dem Vorgang.«
Er blickte zu Ploß, wohl die Aufforderung, ihn zu begleiten. Dem Oberkommissar, der sich schon niedergelassen hatte und genüsslich an einer Tasse Kaffee schlürfte, stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, denn jetzt, da er die Gelegenheit sah, Aneta Kučerová etwas näherzukommen, sollte er seinem Vorgesetzten folgen!
Junge, ist besser für dich, dachte Kral, hast du denn noch nicht bemerkt, dass sie schon mehrmals, speziell für dich, ihren Ehering ins rechte Licht gerückt hat?
Schuster und sein Kollege, der Aneta noch ein stummes »Leider« zuwarf, verabschiedeten sich. »Ihr hört von mir!«, rief der Hauptkommissar, schon im Flur stehend, in den Raum.
»Also, dann wollen wir mal«, begann Brückner, »die Straková lassen wir erst mal schmoren, die hat eh angekündigt, dass sie ohne ihren Anwalt nicht mit uns spricht. Kann dauern, denn der kommt aus Prag. Wir konzentrieren uns zunächst auf die Begleiterin. Sie ist aus der Ukraine; die Dolmetscherin habe ich bereits angefunkt. Wenn sie da ist, fangen wir an.«
»Ich denke, dass sie uns nicht viel sagen wird, wahrscheinlich hat sie vor der Mafia mehr Angst als vor uns«, gab Kral zu bedenken.
»Sehe ich auch so«, meinte Brückner, »hast du einen bestimmten Plan im Auge?«
»Schon. Wie wäre es, sie mit Svetlana sprechen zu lassen, die könnte vielleicht …«
»Sehr gut!«, unterbrach ihn Kučerová, »genau das war auch mein Gedanke, aber ihr von drüben seid eben einfach schneller«, fügte sie lachend hinzu.
»Kann ich mir nicht vorstellen.« Der Major griff zum Hörer, um einen Kontakt mit der Ascher Polizei herzustellen. »Aneta«, fuhr er fort, »ist so schnell, dass sie sogar Dinge tut, die vielleicht mal jemand von ihr will.«
»Muss ich das jetzt als Tadel meiner Aktion am Hotel Hvězda sehen?«, fragte die Angesprochene spitz.
»Nein, eher als Tadel an mich, denn ich habe die Lage von hier aus nicht richtig überrissen«, räumte ihr Chef ein, »aber das heißt noch lange nicht, dass du in Zukunft immer nur das tust, was du denkst.«
»Verstanden, Herr Major!«
Kral staunte nicht schlecht über die selbstkritische Haltung: Eher ungewöhnlich in Polizeikreisen, dass sich ein Vorgesetzter eine solche Blöße gibt, dachte er, schafft wohl nur eine Aneta Kučerová, ein solches Wunder zu vollbringen!
Brückner hatte inzwischen seinen Kollegen Svoboda in der Leitung und bat ihn, Svetlana Petrov nach Eger zu bringen. Natürlich stand dem kein Personal für diese Aktion zur Verfügung. »Dann hebst du eben deinen Arsch an und setzt dich selbst in das Auto! Basta! Ende und Schluss!«, brüllte er in den Hörer und knallte ihn mit Schwung auf den Apparat. Immer noch reichlich verärgert, grummelte er: »Immer das gleiche Problem mit dem Ascher Sesselfurzer!« Dann richtete er sich an seine Kollegin: »Du gehst am besten nach unten und nimmst die Dolmetscherin in Empfang. Fang dann schon mal mit der Ukrainerin an!«
Betont zackig meldete sich die Polizistin ab: »Wird gemacht, Herr Major!«
»Wo habt ihr denn die Damen untergebracht?«, wollte Kral wissen.
»Unten im Keller gibt es ein paar Haftzellen. Die müssen aber seit der Grenzöffnung meistens für die Ausnüchterung deiner Landsleute herhalten, die vertragen einfach den Becherovka nicht, hast du ja damals gemerkt, als du deinen Kumpel mit in die Wernersreuther Kneipe gebracht hast.«
»Schon gemein von dir, meinen Kollegen so abzufüllen«, entgegnete Kral lachend, »der hat doch jegliche Orientierung verloren.«
»Aber vorher sind wir immerhin die besten Freunde geworden!«
Kral schüttelte grinsend den Kopf: »Zur Freundschaft über den Suff: Eindeutig der falsche Weg! Das sage ich dir als erfahrener Teilnehmer von alkoholgetränkten deutsch-tschechischen Versöhnungsorgien. Am Ende geht das so aus wie mit der Frau, mit der du bei klarem Kopf nie ins Bett gestiegen wärst: Ab die Post und auf ›Nie-mehr-wieder-Sehen!‹«
Brückner wollte sich kaputtlachen: »Schöner Vergleich, kenne ich.« Jetzt wurde er ernst: »Aber du hast natürlich Recht, mein lieber Jan: Freundschaften brauchen Zeit, viel Zeit!«
Von draußen waren deutlich Schritte zu hören. Jemand hastete den Gang entlang. Der Major erhob sich verwundert und wollte erkunden, wer es da so eilig hatte. Aber schon wurde die Tür aufgerissen und
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