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Wildes Herz

Titel: Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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davonlaufen kann. Aber so schlimm, wie du jetzt glaubst, ist die Sache nicht“, murmelte er und streichelte den Hengst. „Frag Zebra. Sie ist eine gutherzige Dame und hat den Packgurt und die Steigbügel sofort angenommen.“
    Lucifer schnaubte und stieß Ty mit dem Kopf an, als wollte er die Aufmerksamkeit des Mannes auf die störenden und unerwünschten Riemen richten.
    „Tut mir Leid, mein Sohn. Die Stellen, wo das Leder zwickt, reibe ich dir gern, aber ich werde den Packgurt nicht abnehmen. Es hat
    mich genug Ärger gekostet, dir das verdammte Ding anzulegen.“
    Ty liebkoste den Hengst und redete weiter auf ihn ein, bis das Pferd ruhiger wurde. Langsam veränderte Ty das Streicheln. Er stützte sich mit den Armen ab und bewegte die Handflächen fest über den Pferdeleib. Dabei konzentrierte er sich auf den Rücken, knapp hinter dem Widerrist, wo ein Reiter aufsitzen würde. Anfangs entzog sich Lucifer dem Druck. Ty folgte den Bewegungen des Hengstes und redete geduldig auf ihn ein, während er sich zuerst schwach, dann mit mehr Druck an ihn lehnte, damit der Mustang sich an sein Körpergewicht gewöhnte.
    Janna verfolgte mit einer Mischung aus Angst und Bewunderung, wie Ty mit dem Wildpferd umging. Die meisten Männer, denen sie begegnet war, hätten Lucifer unsanft an einen Pfosten gebunden; dann hätten sie ihm mit einer Hand das Ohr umgedreht und sich auf seinen Rücken geschwungen. Sobald der Reiter im Sattel saß, wurde das Pferd losgelassen, und es bekam die Sporen zu spüren; oft so lange, bis seine zarten Flanken blutig gerissen waren. Natürlich wehrte sich das Pferd und bockte. Manche Tiere, die auf diese Weise zugeritten wurden, verhielten sich später tückisch. Sie warteten, bis der Reiter entspannt auf ihnen saß, dann luden sie ihn mit ein paar unverhofften Sprüngen und Drehungen wieder ab.
    Ty war darauf angewiesen, Lucifer bedingungslos vertrauen zu können. Er hatte Janna versprochen, so sanft wie möglich mit dem Hengst umzugehen. Dennoch musste er sein Ziel erreichen.
    Sie beobachtete, wie Ty sein Gewicht über dem Pferdeleib verlagerte, bis er mit den Stiefeln keine Bodenberührung mehr hatte. Sie sog scharf den Atem ein und hielt die Luft an. Lucifer tänzelte nervös und beschrieb heftig mehrere Kreisbewegungen. Schließlich nahm er die Tatsache hin, dass Tys beruhigende Stimme aus einer neuen Richtung kam. Nach wenigen Minuten begann der Hengst in leicht gereizter Stimmung zu grasen, ohne weiter darauf zu achten, dass Ty bäuchlings über seinem Rücken hing.
    Zwei Stunden waren vergangen. Lucifer zuckte nicht einmal mehr zusammen, wenn Ty sein Körpergewicht vom Boden auf den Pferderücken verlagerte. Er war völlig ruhig. Janna hatte verfolgt, wie Ty sich Zentimeter um Zentimeter nach oben arbeitete. Seine Muskeln wölbten sich vor Anstrengung, während er mit der Schwerkraft und dem irritiert trippelnden Pferd kämpfte. Schließlich erhob er sich vorsichtig aus seiner Bauchlage, schlang die Beine um den Pferdeleib und nahm die normale Reithaltung ein. Vor Freude hätte Janna am liebsten gejubelt. Nur die Sorge, sie könnte den Mustang erschrecken, hielt sie zurück.
    Lucifer verstellte nur die Ohren und graste weiter, als Ty sich aufsetzte. Der Hengst zeigte in seiner ganzen Haltung, dass ihn die seltsamen Dinge, die sein menschlicher Gefährte mit ihm anstellte, nicht länger störten.
    Ein Hochgefühl durchströmte Ty, als er die ruhige Kraft des Wildpferdes unter sich spürte. Lucifer hatte einen edlen Stammbaum. Davon war Ty mehr denn je überzeugt. Mit Sicherheit war der Hengst von Menschenhand großgezogen worden und in die Wildnis entlaufen, bevor der Besitzer sein Brandzeichen in das glänzende schwarze Fell hatte drücken können.
    „Du bist eine Schönheit“, lobte Ty den Mustang leise und tätschelte ihn am Hals. „Ich frage mich, ob du nicht Erinnerungen daran hast, früher bei Menschen gelebt zu haben, deren Freund du werden solltest.“
    Lucifer rupfte gelassen an den Grasbüscheln. Nach einigen Minuten hob er den Kopf und schnupperte den Wind. Dann wanderte er weiter. Ty unternahm keinen Versuch, den Hengst mit dem Hackamore zu lenken. Er saß nur auf ihm und ließ den Mustang grasen wie immer. Am Anfang war Lucifers Gang unsicher. Das Pferd musste sich erst an das Gewicht gewöhnen, das dicht hinter dem Widerrist auf ihm lastete. Als die Sonne tief im Westen stand, bewegte sich der Hengst bereits wieder mit seiner alten Sicherheit und glich die Last des Reiters

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