Wildes Herz
nicht hier aufhalten. Vorher verließ sie das Indianergebiet. Aber er sagte nichts. Sie hätte sich ihm nur widersetzt.
Er hatte beschlossen, dass er sie nach Sweetwater, Hat Rock oder Santa Fe, im Notfall bis nach Denver mitnehmen würde. Das war das Mindeste, was er für eine Waise tun konnte, der er sein Leben verdankte.
Er war überrascht, als sie von Zebra glitt und zu Fuß zum Schluchteingang ging. Die Stute folgte ihr wie gewohnt.
„Willst du nicht reiten?“ fragte er.
„Zu gefährlich. Der Engpass muss noch glitschig vom letzten Regen sein.“
„Auf dem Weg hierher sind wir auch zu zweit geritten.“
„Damals musste Sie jemand auf Zebras Rücken festhalten. Wir sitzen auf, sobald der Engpass hinter uns liegt.“
Er widersprach nicht. Egal, wie sehr sie darauf angewiesen waren, keine Fußspuren zu hinterlassen, ihm grauste bei dem Gedanken, zu zweit und ohne Sattel auf einem ungezähmten Mustang über den schlüpfrigen schwarzen Felsboden zu reiten.
Am Ende verhinderte der enge Canyon, dass Ty hinfiel. Die Hände rechts und links gegen den Fels gepresst, schob er sich voran, als wollte er den Gang mit eigenen Kräften breiter machen. Janna war mit dem schwierigen Abschnitt besser vertraut und wusste, wo sich die Halt bietenden Vorsprünge und Nischen befanden. Zebra besaß den Vorteil, ein Vierbeiner zu sein. Wenn sie mit einem Bein ausglitt, hielten die drei anderen sie trotzdem im Gleichgewicht.
„Wie hast du diese Stelle zu Pferde geschafft?“ fragte Ty, als der Durchlass wieder breiter wurde und Janna neben ihn getreten war.
„Ich hatte keine Wahl.“
Er dachte einen Augenblick nach und nickte. Dieser Glaube hatte ihr geholfen, in der Wildnis zu überleben.
Aber sie hatte eine Wahl.
„Mit deinen vielen Büchern könntest du als Lehrerin arbeiten.“ Er kletterte wieder auf Zebras Rücken und schrammte sich das Knie an der Felswand.
Janna packte seinen Arm und schwang sich hinter ihm auf die Stute. „Hier gibt es nicht genug Kinder. Nur in den Städten.“
„Und?“
„Ich mag keine Städte. Sie wecken das Schlimmste im Menschen.“
Er öffnete den Mund, um zu widersprechen. Im selben Moment wurde ihm klar, dass er wie sie dachte. Er fühlte sich ertappt. „Nicht immer“, murmelte er.
Sie zuckte mit den Achseln. „Vielleicht wecke ich in Städten die schlimmsten Eigenschaften.“
„Willst du wirklich den Rest deines Lebens hier draußen verbringen?“
„Reden Sie leiser. Sonst wird in ein paar Stunden mein Leben zu Ende sein. Die Felsen verstärken jedes Geräusch. Eine herunterfallende Haarnadel hört sich wie eine Lawine an.“
Er drehte sich um und warf ihr einen düsteren Blick zu. Er schwieg, bis auf ein paar halblaute Worte, als er sich die Beine an hervorragenden Felsen stieß. Janna war mit ihren schlanken Schenkeln dieser Gefahr weniger ausgesetzt; außerdem trug sie eine Hose. Die warme Haut unter dem Stoff spürte er trotzdem. Bei jeder Bewegung, die Zebra machte, rieben die Innenseiten von Jannas Schenkeln an seinen Beinen.
Ty trieb das Pferd vorsichtig aus der Schlucht. Er nutzte jeden Schatten und jedes Gebüsch, um die verräterischen Umrisse von Pferd und Reitern zu verbergen. Sie hatten noch keine zwei Kilometer zurückgelegt, als sie auf Spuren einer Gruppe unbeschlagener Ponys stießen. Die Pferde waren dicht nebeneinander gelaufen und hatten keine Rast gemacht, um zu grasen oder an den wenigen Wasserlöchern zu trinken, die vom letzten Gewitterregen übrig geblieben waren. An den Abständen zwischen den Hufabdrücken las Janna ab, dass sie sich in raschem Trab voranbewegt hatten.
„Das war Cascabels Pferd“, sagte sie leise.
Sie wies auf einige größere Hufabdrücke, die von den Spuren der anderen Tiere halb verwischt waren. Das Pferd hatte früher Hufeisen getragen. Sie waren längst abgefallen, aber die Spuren der Nagellöcher an den unbearbeiteten Hufrändern blieben schwach sichtbar.
„Er hat drüben im Fort bei Split-Rock Springs einem Offizier zwei Kentuckypferde gestohlen“, fuhr sie fort. „Eines war früher das schnellste Pferd im ganzen Utah-Territorium.“
„Früher? Was ist passiert?“
„Cascabel hat es zu Schanden geritten, als er versuchte, Lucifer einzufangen. Mit dem zweiten Pferd geht er besser um. Viel wird das nicht nützen. Es ist ein Koppelpferd, an Haferfutter und gute Pflege gewöhnt. Hier draußen hat es nur Gras und einen Peitschen schwingenden, schwergewichtigen Banditen als Herrn.“
„Ja, und dieser Bandit
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