Wildes Liebesglück
Ihre Tränen drohten schon wieder zu fließen. Sie sehnte sich auch nach den Tagen, in denen sie nie geweint hatte. Heute schien das das einzige zu sein, was sie tat.
In der folgenden Nacht wurde Brenna durch ein heftiges Klopfen an ihrer Tür geweckt. Sie war noch nicht ganz wach, als sie aus dem Bett kroch, um zu öffnen. Daher hüllte sie sich nur in eine Decke.
Zu Brennas Überraschung stand Heloise in der Tür. Sie wirkte verängstigt. »Ich bin so schnell es ging gekommen, Brenna. Cordella verlangt nach dir.«
»Kommt das Baby?«
»Ja. Ich wäre nicht gekommen, wenn ich nicht selbst noch nie bei einer Geburt geholfen hätte. Jetzt bin ich zu alt, um es noch zu lernen. Aber ich wollte wenigstens etwas tun. Das wird mein erstes Enkelkind!«
»Ich verstehe«, sagte Brenna bestürzt. Sie hatte geglaubt, diese starke Frau könne jeden Aspekt des Lebens mit einem Lächeln abtun. Und nun stand sie völlig aufgelöst vor ihr.
»Die Schmerzen haben heute Morgen begonnen«, fuhr Heloise nervös fort, »aber sie hat es niemandem gesagt. Jetzt schreit sie nach dir. Eil dich, Brenna.«
Ohne nachzudenken warf Brenna die Decke ab und tauschte sie gegen ihren Umhang ein. In dem Moment sah Heloise ihre Fülle.
»In Gottes Namen, Brenna! Warum hast du uns nicht gesagt, dass du auch ein Kind trägst?«
Es war zu spät, um ihre Nachlässigkeit zu bereuen. »Darüber reden wir später. Jetzt kommt erst einmal ein anderes Kind. Meins hat Zeit bis zum Winter.«
»Warte, Brenna.« Heloise hob die Hand. »Das ist Cordellas erstes Kind. Vielleicht solltest du nicht zu ihr gehen. Es ist besser, du weißt nicht, was auf dich zukommt.«
»Ich habe Geburten miterlebt, Herrin. Ich weiß, dass eine Geburt eine langwierige, schmerzhafte Angelegenheit ist. Cordella möchte, dass ich bei ihr bin. Wir haben uns nie sehr nahegestanden, aber das ist das mindeste, was ich für sie tun kann.«
Cordellas Wehen dauerten unter Schreien und Schmerzen die ganze Nacht. Heloise fragte sich, ob auch sie bei den fünf Geburten so unmenschlich geschrien hatte. Das wäre eine Erklärung dafür, dass Anselm anschließend immer so blass gewesen war, als hätte er mehr durchgemacht als sie.
Sonnenstrahlen folgten Brenna in die Halle. Sie sah so schlecht aus, dass Heloise sie kaum erkannte.
Brenna brach in Anselms thronartigem Stuhl zusammen. Ihre Stimme war schwach, ihre Augen trüb. »Ihr habt einen reizenden Enkel und Cordella schläft friedlich. Meine Tante und Uda sorgen für das Kind.«
»Ein Enkel! Hugh wird sich so sehr freuen! Und mein Mann wird vor Stolz platzen!«
»Wichtiger ist«, fügte Brenna bitter hinzu, » dass das Kind gesund ist. Es darf leben.«
Heloise schwieg einen Moment, ehe sie flüsternd fragte: »Du weißt es also?«
»ja, ich weiß es. Ihr habt vorhin gefragt, warum ich niemandem von meinem Kind erzählt habe. Deshalb. Ich will mein Kind nicht gezwungenermaßen in diesem Land gebären, wo sein Leben von seiner Stärke abhängt.«
»Ich weiß selbst erst seit kurzem von dieser rauhen Sitte, Brenna. Ich habe zwei Kinder bei der Geburt verloren«, sagte sie. Die Erinnerung erstickte ihre Stimme.
»Sind sie eines natürlichen Todes gestorben?«
»Das hat man mir gesagt. Aber als ich von dieser Sitte erfuhr' wurden Zweifel in mir wach. Trotzdem konnte ich mich nicht dazu durchringen, Anselm zu fragen. Mein drittes überlebendes Kind wurde schwach geboren, aber Anselm wuss te, wie sehr ich mir das Kind wünschte, nachdem ich zwei verloren hatte. Sie hat viele Jahre gelebt, ehe auch sie gestorben ist.«
»Ich kenne die Geschichte, Herrin. Es tut mir leid für Euch.«
»Als meine Tochter starb, wollte ich auch sterben«, sagte Heloise. »Es wäre besser gewesen, ich hätte sie nie gekannt. Sie war nicht dazu bestimmt, zu leben.«
»Ihr täuscht Euch!« fauchte Brenna übermäßig grob. »Ein grausames Schicksal hat sie Euch genommen. Sie hatte ein Recht auf ihr Leben, und Eure Erinnerungen an sie sind gewiss auch schön. Ich kann diese Sitte nicht gutheißen. Mein Baby wird nicht hier geboren!«
»Ich kenne meinen Mann, Brenna. Unter diesen Umständen wird er dich nicht nach Hause bringen, zumindest nicht, ehe das Kind geboren ist.«
»Das dauert bis zum Winter!«
»Dann wirst du eben bis zum darauffolgenden Frühling warten müssen.«
»Nein! « schrie Brenna und sprang so schnell auf, dass ihr Stuhl fast umkippte. »Er hat es mir versprochen! «
»Du muss t jetzt an das Kind denken. Bei einem Sturm auf
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