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Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Titel: Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lene Kaaberbol
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ich kann mein Gefieder nicht richtig putzen.«
    Der Boden des Käfigs war mit einer dicken Schicht Vogelkot und Federn bedeckt, wie ich jetzt sah. Das machte mich plötzlich sehr, sehr wütend.
    »Damit darfst du dich nicht einfach abfinden«, sagte ich verbissen. »Niemand soll so leben müssen. Niemand soll so heißen .« Ich suchte den Käfig nach einem Schloss ab, aber ich konnte keins finden. Es sah wirklich so aus, als wäre der Käfig montiert worden, als Nichts schon drinnen saß. »Kann man hier nirgends aufschließen?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Nichts. »Das ist ja auch nicht der Sinn der Sache.«
    »Das werden wir ja sehen«, sagte ich grimmig. Die Stäbe waren aus Metall und ziemlich dick. Ich war nicht sicher, ob sie sich aufbiegen ließen. Aber der Boden war aus Holz. Vielleicht war es möglich, ein Loch hineinzusägen oder -zuhacken? Ich schaute mich nach irgendeinem Gegenstand um, der dafür geeignet war, und mein Blick fiel auf einen Messerblock mit fünf oder sechs Küchenmessern, der neben der Spüle stand.
    »Halt dich fest«, sagte ich, zog einen Küchenstuhl heran, stellte mich drauf und nahm den Käfig vom Haken.
    »Hilfe!«, schrie Nichts und wippte wild auf dem Stab vor und zurück. »Ich falle, ich falle …«
    »Es … dauert … nicht lange«, sagte ich keuchend. Der Käfig war schwerer, als ich erwartet hatte, aber ich schaffte es, ihn zum Küchentisch zu verfrachten.
    »Ich muss den Käfig leider hinlegen«, sagte ich warnend. »Nein! Nein!«
    Ich überhörte ihren erschrockenen Schrei und drehte den Käfig auf die Seite. Eine Wolke aus Vogeldreck, Federn und Mist breitete sich aus, und Nichts nieste, kackte, flatterte und schrie so schrill, dass ich mir am liebsten Watte in die Ohren gestopft hätte. Wenn ich denn welche gehabt hätte.
    »Sei endlich still!«, brüllte ich und wiederholte dann, ein bisschen ruhiger. »Es dauert nicht lange, dann bist du frei.«
    »Frei?«, stammelte Nichts in einem seltsamen Tonfall. »Was ist das?«
    »Wart’s ab.« Ich nahm das größte Messer und fing an, damit den Boden des Käfigs zu bearbeiten. Bei jedem Stich machte Nichts einen linkischen Satz und stieß einen erschrockenen kleinen Schrei aus. Die Messerspitze schien nicht sonderlich tief in den Holzboden einzudringen, aber nach sechs, sieben Hieben bildete sich plötzlich ein Spalt von einer Seite zur anderen. Ich drehte das Messer um und schlug, so fest ich konnte, mit dem Schaft zu.
    Mit einem Krachen löste sich der Boden vom Rand und kippte zu einer Seite weg. Ich hielt den Käfig mit einer Hand fest, griff mit der anderen den Boden und zog daran, während ich versuchte, das klebrige Gefühl von frischem und altem Vogeldreck an meinen Fingern zu ignorieren.
    »So«, sagte ich. »Bitte sehr.«
    Ich schleuderte den Boden des Vogelkäfigs so weit weg wie möglich und konnte mich gerade noch rechtzeitig bremsen, als ich mir die Hände an der Schneehose abwischen wollte.
    Nichts saß unsicher auf den Gitterstäben des umgekippten Käfigs und blinzelte durch das runde Loch, wo vorher der Boden gewesen war.
    »Warum hast du das gemacht?«, fragte sie.
    »Was meinst du?«
    »Warum hast du meinen Käfig kaputt gemacht?«
    »Um dich freizulassen, natürlich!«
    »Frei?«
    »Ja.«
    »Aber ich weiß nicht, was das ist. Wieso willst du mir nicht erklären, was das ist?«
    Ich holte tief Luft.
    »Äh … das ist … das ist, wenn man selbst entscheidet. Wenn man tun kann, was man will.«
    »Und das kann ich jetzt?«
    »Ja. Du bist frei.«
    Sie nickte zweimal.
    »Gut. Kannst du mir auch die Tür aufmachen?« Sie nickte in Richtung Ausgang.
    »Warum?«
    »Damit ich meine Mutter finden kann.«
    »Nein! Also, ich glaube nicht, dass das klug wäre.«
    »Warum nicht?«
    »Weil …« Weil sie dann erfährt, wo ich bin, dachte ich, aber ich hatte die dumpfe Ahnung, dass sie das sowieso schon wusste. »Weil sie dich dann wahrscheinlich einfach wieder in einen Käfig steckt.«
    »Ja.«
    »Aber … aber ist es das, was du willst?«
    »Nein. Aber ich will bei meiner Mutter sein.«
    Ich schüttelte langsam den Kopf. »Wieso?«
    »Das weiß ich nicht. So ist es einfach. Ich kann nicht anders, ich muss ihr folgen.«
    »Aber das geht nicht. Das musst du lernen!«
    »Wieso denn? Jetzt mach mir die Tür auf. Ich kann das nicht so gut.«
    »Nein! Nein, das will ich nicht. Das darfst du nicht!«
    »Aber du hast gesagt …« Nichts’ Stimme zitterte ein bisschen. »Du hast gesagt, ich kann machen, was ich will. Das

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