Wildnis
geworden.“
„Davon habe ich auch schon gehört. Stand sogar in der Abi-Zeitung … Ich habe nicht für sie gestimmt. Und du?“
Jan schüttelte den Kopf.
„Sondern?“
„Ich – für Anna.“ Er fühlte sich unwohl. Jenny war eine asiatische Prinzessin, Anna eine andalusische Leopardin. Der einen wollte man Brillanten auf die Finger stecken, vor den Klauen der anderen wollte man entweichen – oder sich im Traum Striemen in den Rücken graben lassen. Die beiden bei der Miss-Abi-Wahl zu vergleichen, war so unangemessen.
„Wir sind eben wahre Ästheten.“ Michael knuffte ihn mit der Schulter. „Also, Jenny und Anna sind gesetzt.“
Jan drehte den Kopf ein wenig zu Michael und sagte zögernd: „Ich würde gerne Charlotte einladen.“
Michael nickte ohne rechte Überzeugung. „Charlotte hat ziemlich was auf dem Kasten, mit der ist nicht gut Trivial Pursuit spielen. Andererseits, die Enthusiastischste ist sie nicht … Wir sollten erst einmal Greg fragen, der wird auch einen Wunsch haben und das ist nur fair.“
„Greg wählt Laura, das weißt du so gut wie ich. Was wird dann mit Charlotte? Wir könnten auch zu siebt ...“
Michael reichte Jan den Joint, wartete, bis Jan daran gezogen hatte, stand auf und sagte im Gehen: „Bin gleich zurück.“
Jan blies den Rauch durch eine Spalte zwischen seinen Lippen. Lieber nicht nachdenken. Er drückte den Joint aus und legte ihn auf die Bank, vielleicht wollte Michael noch rauchen. Hauptsache kein einsamer Sommer. Trotzdem sich nicht alles gefallen lassen. Er warf den Stummel auf den Kiesweg, sprang auf und kickte ihn ins Gras, stand unschlüssig herum, setzte sich wieder.
Zwei Schatten näherten sich, gestikulierend, lachend. Greg schwankte leicht, stolperte an der unebenen Stelle zwischen Weg und Rasen, worüber sich beide lauthals amüsierten.
„Hallo Jan, du nimmst mir doch nicht übel, dass ich dir Jenny ausgespannt habe?“
„Nein. Eigentlich –“
„Also, was für eine geheime Idee?“ Greg wandte sich Michael zu, der, einen Finger auf dem Nasenrücken ruhend, nachdachte, bevor er loslegte: „Du hast heute Abend mit ein paar Mädels rumgemacht.“
Greg grinste. „Hat man das etwa gesehen?“
„Du bist ein echter Dreckskerl, der weiß, wie man feiert und wie man mit Frauen umgeht.“
Greg zuckte zufrieden mit den Schultern.
„Aber du willst mehr. Mehr als du hier oder auf Ibiza finden kannst. Was erwartet dich dort? Du säufst, bis du mit einer überschminkten Tussie abstürzt, du schläfst den Rausch aus, liegst verkatert am Strand, zischst am Nachmittag mit den Kumpels ein paar Bier, ihr geht Essen und dann wieder in die Disse. Viele würden dich darum beneiden. Aber du willst mehr.“
„Klingt gar nicht so schlecht, dein Alltag auf Ibiza.“
„Und in zehn, zwanzig Jahren erzählst du deinem Sohn, dass du es auf Ibiza so wild getrieben hast wie tausende Andere auch. ‚Was für ein Kerl‘, wird dein Sohn denken, ‚vielleicht nicht ganz so gerissen wie der Großvater zu seiner Zeit, aber immerhin, mit den Vätern von meinen Freunden kann er mithalten.‘“
„Was soll das?“
„Was ist der Reiz, wenn du mit irgendeiner vögelst, die du nicht kennst und nie wieder siehst? Klar, das ist geil, sie ist sexy und du hast sie genommen. Aber im Grunde weißt du, dass sie eine Schlampe ist, die mit dir genau das Gleiche macht, wie mit jedem x-Beliebigen. Du hast nicht mit ihr gekämpft, du hast sie nicht besiegt, sie hat keine Grenze für dich überschritten.“
Greg schaute feindselig. Michael hielt seinen beschwörenden Blick dagegen. „Stell dir einen Harem vor. Die Frauen haben keinen anderen Mann als dich, sie haben keine andere Beschäftigung als dich, sie haben keinen anderen Gedanken als dich und das, was du von ihnen forderst, dem sie sich verschließen, bis sie dir erliegen.“
„Du willst mit mir irgendwo nach Arabien?“
„Nach Alaska!“
„Harems in Alaska? Meinst du eine Art Luxus-Club?“
„Nein, ich dachte an eine schlichte Hütte. Die Frauen bringen wir selbst mit.“
„Du willst einen Escortservice engagieren?“
„Greg! Wir wollen Grenzen überschreiten. Erklär mir mal, wie du das mit deinen Prostituierten anstellen willst.“
„Aber wer sonst würde freiwillig –?“
„Wie wäre es mit Jenny?“
„Bist du verrückt? Die? Nie im Leben!“
Michael legte den Kopf schief und verzog einen Mundwinkel zu einem überlegenen Lächeln. „Nie im Leben? Hör zu, wir machen einen Deal. Wenn es mir
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