Wildrosengeheimnisse
mich oft einsam gefühlt.«
Ich verstehe sie so gut, jetzt, wo auch meine Tochter kurz davor ist, aus dem Haus zu gehen.
»Und dann verliebte ich mich in Steve. Auf einmal war ich nicht mehr allein. Jetzt habe ich jemanden, der für mich da ist und um den ich mich kümmern kann. Wir verstehen uns mehr als gut und können noch so viele schöne Dinge miteinander erleben. Ich weiß nur nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt.«
»Darüber mach dir mal heute keine Gedanken, Mama. Ich bin sicher, ihr beide werdet noch viele Jahre ein ausgefülltes Leben zusammen haben.«
Und das meine ich genau so, wie ich es sage. Die beiden harmonieren gut zusammen. Nie habe ich meine Mutter glücklicher gesehen als in den letzten Wochen an Steves Seite.
»Ja, alles könnte so schön sein«, sagt sie darauf.
»Könnte?«
»Ja, Maja, könnte. Wir sind sehr glücklich miteinander. Aber ich habe Angst davor, das alles hier hinter mir zu lassen.« Sie zeigt abwechselnd auf mich und den See.
»Wenn es mir nicht gelingt, Steve dazu zu überreden hierzubleiben, werde ich in Zukunft in Amerika leben. Schließlich entscheide ich mich mit dem heutigen Tag für ein Leben an seiner Seite.«
Ich sehe ihr an, dass sie zwar keine Zweifel an dieser Liebe hat, sie aber dennoch Ängste quälen, sie könnte am Ende eventuell doch die falsche Entscheidung getroffen haben.
»Ach, Mama. Vielleicht hättet ihr vorher einmal darüber sprechen sollen, wo ihr leben wollt?«, frage ich sie daher, obwohl ich sie nicht aufregen möchte.
Aber das Thema scheint ihr doch sehr wichtig zu sein.
»Das habe ich versucht, Maja. Ich weiß doch, dass man bei Männern nichts durch die Blume sagen soll, schließlich können sie nicht hellsehen. Also habe ich ihm den Vorschlag mit der Pension gemacht, sogar mehrfach. Steve sagt dann immer: »›Ja, klar, mein Schatz. Wir machen das schon. Es ist so toll in Deutschland und wir ziehen hierher‹ und so weiter. Aber wer weiß, ob er das wirklich so meint und wie es mal kommt. Ich kann mir nicht vorstellen, auf euch verzichten zu müssen, Maja.« In ihren Augen glitzern Tränen.
»Aber das musst du doch auch nicht, Mama.« Ich nehme sie ganz fest in den Arm, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass unsere schönen Kleider verdrücken könnten.
»Jetzt pass mal auf: Da unten sitzt der bestaussehendste und netteste Bräutigam, den du dir vorstellen kannst, und freut sich auf seine zauberhafte Braut. Glaub mir, es wird ihn aus den Socken hauen, wenn er dich sieht. Verscheuche deine trüben Gedanken und freue dich über dein Glück. Ihr beide liebt euch doch und werdet sicher eine Lösung finden. Vielleicht könnt ihr in Zukunft halb in Deutschland, halb in Amerika leben. Wie wäre denn das? Und wir können uns doch auch besuchen, Detroit ist schließlich nicht am Ende der Welt. Bitte hör jetzt auf zu heulen, sonst verwischt dein tolles Hochzeits-Make-up.«
»Ach, Maja, du hast so recht. Was habe ich nur für eine kluge Tochter«, sagt meine Mutter und drückt mich ganz fest. »Dann suche ich jetzt meinen Groom und dann wird geheiratet.«
*
Wir haben verabredet, dass alle erst einmal zur ›Butterblume‹ kommen und sich dort versammeln, bevor wir gemeinsam nach Unteruhldingen zum Hafen fahren.
Nach und nach trudeln alle Verwandten und Freunde meiner Mutter ein und werden von Nini, Emily und mir mit Kaffee und Butterbrezeln versorgt. Nini sieht entzückend aus in ihrem himbeerfarbenen schulterfreien Kleid und wird, ebenso wie Emily, die ein silbergraues Seidenkleid mit dazu passenden Schuhen und Ohrringen trägt, von den Blicken aller anwesenden Männer verschlungen.
Als alle Gäste eingetroffen sind, fahren wir in einem Konvoi aus frisch gewaschenen und herausgeputzten Autos nach Unteruhldingen, wo bereits das kleine Schiff ›Milan‹ auf uns wartet. Die Überfahrt zur Insel Mainau geht viel zu schnell vorbei, denn bei diesem herrlichen Wetter ist es ein Traum, über den tiefblauen See zu gleiten.
In der Kirche wartet eine Überraschung auf uns. Auch hier hat Emily hinreißende Gestecke an den Kirchenbänken und am Altar vorbereitet.
Ihr Freund Thomas und eine Kollegin aus der Schule haben gemeinsam zwei Lieder einstudiert, ein englisches ›I believe my heart‹ von Duncane James & Keedie und das deutsche ›Das Beste‹ von Silbermond. Es gibt niemanden, der keine Träne vergießt, als die beiden sich das Eheversprechen geben und die Ringe anstecken.
Vor der Kirche werden erst einmal einige Fotos gemacht. Meiner
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