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Wildrosengeheimnisse

Wildrosengeheimnisse

Titel: Wildrosengeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Rath
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Leute einzukaufen oder denen im Altersheim vorzulesen, schauen sie in den Spiegel, entdecken hier ein Fältchen und da ein Speckröllchen und um sich besser zu fühlen, hacken sie auf den anderen herum.«
    »Emily, du hättest Psychologie studieren sollen.«
    Sie lächelt.
    »Nein, auf keinen Fall. Ich glaube, das würde mich nur herunterziehen, wenn ich ständig mit den Problemen anderer Menschen konfrontiert würde.«
    Emily macht eine kurze Pause, dann sagt sie langsam: »Ach, Maja, es ist alles so ungerecht. Warum passiert uns das jetzt? Thomas und ich, wir waren so glücklich und hatten so viel vor. Und nun – ich weiß nicht, ob er überhaupt wieder aus dem Koma erwacht, und wenn ja, ob er jemals wieder der Alte oder ein Pflegefall werden wird.« Und mit diesen Worten fließen bei uns beiden die Tränen. Es gibt absolut nichts, was ich machen könnte, um sie in ihrem Kummer zu trösten.
    Doch. Es gibt etwas …
    »Emily, hör zu: Du bist eine starke Frau. Du kannst deinem Thomas ganz viel von deiner Stärke abgeben. Und, was das Wichtigste ist: Du liebst ihn. Thomas spürt diese Liebe und sie ist der Grund, warum er auf jeden Fall kämpfen wird, um wieder bei dir zu sein.«
    »Wenn ich nur irgendwie helfen könnte, ich fühle mich so ohnmächtig«, schnieft sie.
    »Aber das tust du ja bereits. Doch du musst auch an dich denken und schön essen, hörst du? Sonst kippst du demnächst aus den Latschen. Und wer soll dann jeden Tag im Krankenhaus bei Thomas sein?«
    »Ich weiß, aber wenn ich nachts allein zu Hause bin, dann kommen diese Gedanken, das Bangen …«
    »Und dann kommst du einfach her. Auch wenn es mitten in der Nacht ist. Hier findest du immer ein warmes Plätzchen, eine Umarmung und ein paar ›Küsschen‹ gibt’s gratis dazu.«
    In dieser Nacht schläft Emily mit Jojo zu ihren Füßen auf dem lila Sofa, was sie in den darauffolgenden Wochen noch einige Male wiederholen wird.
    Tagsüber hat sie sich ganz gut im Griff. Sie wirkt zumindest so, als sei sie zu einem unerschütterlichen Optimismus übergegangen, obwohl Thomas’ Zustand unverändert ist.
    Ich glaube, sie redet sich inzwischen selbst ein, dass alles gut werden wird und Thomas schon bald das Krankenhaus verlassen kann. Nur in der Finsternis kommen die Ängste und dunklen Gedanken. So gut es geht, versuche ich, ihr Mut zu machen, wenn sie unvermittelt bei mir vor der Tür steht, oder halte sie nur tröstend im Arm, wenn die Tränen kommen.

    Angesichts dieses schrecklichen Ereignisses habe ich beschlossen, nicht mehr länger böse mit Christian zu sein, auch wenn ich sein Verhalten nicht verstehen kann.
    Und nachdem er so oft vergeblich bei mir angerufen hat, nehme ich eines Abends endlich einmal den Hörer ab.
    »Maja, endlich«, höre ich ihn erleichtert sagen. »Es tut mir so leid, dass ich nicht bei der Hochzeit dabei sein konnte. Ich weiß, dass du deshalb böse mit mir bist, aber ich möchte dir alles erklären.«
    »Was gibt es denn zu erklären? Jemand anderes war dir wichtiger als ich. Punkt«, sage ich ruhig.
    Ganz so einfach will ich es ihm dann doch nicht machen.
    »Mir war nichts anderes wichtiger, Maja. Aber ich möchte gern in Ruhe mit dir darüber reden. Es ist nicht einfach. Wahrscheinlich komme ich nächste Woche an den See, dann sprechen wir uns aus.«
    »Wahrscheinlich? Wenn nicht wieder etwas anderes dazwischenkommt, meinst du«, antworte ich, schon wieder leicht gereizt. Will er jetzt eine Aussprache, um die Sache aus der Welt zu schaffen, oder nicht? Vermutlich denkt er, ich sitze nur herum und warte darauf, dass er es endlich mal wieder für nötig hält, vorbeizuschauen. Mit meiner Beherrschung ist es vorbei.
    »Ach, weißt du, Christian, mach dir mal keinen Stress. Ich habe sowieso viel um die Ohren im Moment. Wir werden uns schon irgendwann einmal wieder sehen. Mach’s gut«, und mit diesen Worten lege ich auf. Ich zittere vor Wut. Ich vermisse Christian ganz schrecklich und könnte zurzeit weiß Gott seine starke Schulter zum Anlehnen gebrauchen. Aber seine Gleichgültigkeit und sein offenkundiges Desinteresse machen mich wahnsinnig.
    Wenn ich das schon höre: ›Wahrscheinlich komme ich nächste Woche an den See‹ – also bitte.
    Aufgebracht werfe ich den Putzlappen in die Spüle, mit dem ich gerade die Tische auf der Terrasse sauber gemacht habe. Auch heute war wieder unglaublich viel los und ich möchte jetzt nur noch ein schönes Schaumbad nehmen.
    Da klingelt es Sturm an der Haustür. Nanu, wer kann

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