Wilhelm Busch
Zeit; wir laufen mit. –
Julchen ist schon sehr verständig
Und bewegt sich eigenhändig. –
Heut ist Feiertag; und siehe!
Schon streicht Knopp in aller Frühe
Luftig losen Seifenschaum
Auf des Bartes Stachelflaum.
Heut will er zur Messe gehn,
Denn da singt man doch so schön.
Frau Dorette trägt getreu
Frauck und Biberhut herbei.
Julchen gibt indessen acht,
Was der gute Vater macht.
Bald ist seine Backe glatt,
Weil er darin Übung hat.
In die Kammer geht er nun.
Julchen macht sich was zu tun.
Gern ergreifet sie die Feder
An des Vaters Schreibkatheder
Reizend ist die Kunstfigur
Einer Ticktacktaschenuhr.
Ach herrje! Es geht klabum!
Julchen schwebt; der Stuhl fällt um.
Allerdings kriegt Julchen bloß
Einen leichten Hinterstoß,
Doch die Uhr wird sehr versehrt
Und die Tinte ausgeleert. –
Schmiegsam, biegsam, mild und mollig
Ist der Strumpf, denn er ist wollig.
Drum wird man ihn gern benutzen,
Um damit was abzuputzen. –
Wohlbesorgt ist dieses nun.
Julchen kann was andres tun.
Keine Messer schneiden besser
Wie des Vaters Putzemesser.
Wozu nützen, warum sitzen
An dem Frack die langen Spitzen?
Hier ein Schnitt und da ein Schnitt,
Ritscheratsche, weg damit. –
Wohlbesorgt ist dieses nun.
Julchen kann was andres tun, –
In des Vaters Pfeifenkopf
Setzt sich oft ein fester Pfropf,
Ja, was schlimmer, die bewußte
Alte, harte, schwarze Kruste;
Und der Raucher sieht es gerne,
Daß man sie daraus entferne.
Wohlbesorgt ist dieses nun.
Julchen kann was andres tun. –
Stattlich ist der Biberhut;
Manchmal paßt er nur nicht gut.
Niemals soll man ihn benützen,
Um bequem darauf zu sitzen.
Scht, da kommt der Vater nun,
Um den Frack sich anzutun.
Schmerzlich sieht er, was geschehn,
Und kann nicht zur Messe gehn.
B ÖSE K NABEN
Eins, zwei drei! Im Sauseschritt
Läuft die Zeit; wir laufen mit. –
Unsre dicke, nette Jule
Geht bereits schon in die Schule,
Und mit teilnahmsvollem Sinn
Schaut sie gern nach Knaben hin
Einer, der ihr nicht gefiel,
Das ist Dietchen Klingebiel.
Ferdinandchen Mickefett
Scheint ihr nicht besonders nett.
Peter Sutitt, frech und dick,
Hat natürlich auch kein Glück.
Försters Fritze, blond und kraus,
Ja, der sieht schon besser aus.
Keiner kann wie er so schön
Grade auf dem Kopfe stehn;
Und das Julchen lacht und spricht:
„So wie Fritze könnt ihr’s nicht!“
Kränkend ist ein solches Wort.
Julchen eilt geschwinde fort.
Knubbs! Da stoßen die drei Knaben
Julchen in den feuchten Graben.
Und sie fühlen sich entzückt,
Daß der Streich so gut geglückt.
Wartet nur, da kommt der Fritze!
Schwapp, sie liegen in der Pfütze.
Fritz ist brav und sanft und spricht:
„Gutes Julchen, weine nicht!“
Julchens Kleid ist zu beklagen.
Knopp, der muß die Kosten tragen.
V ATERSORGEN
Eins, zwei, drei! Im Sauseschritt
Läuft die Zeit; wir laufen mit. –
Julchen ist nun wirklich groß,
Pfiffig, fett und tadellos,
Und der Vater ruft: „Was seh ich?
Die Mamsell ist heiratsfähig!“
Dementsprechend wäre ja
Mancher gute Jüngling da.
Da ist Mickefett; doch dieser
Ist Apthekereiproviser.
Da ist Sutitt; aber der
Praktiziert als Vetrinär.
Da ist Klingebiel; was ist er?
Sonntags Kanter, alltags Küster.
Und dann Fritz, der Forstadjunkt,
Das ist auch kein Anhaltspunkt.
Einfach bloß als Mensch genommen
Wäre dieser höchst willkommen,
Nur muß Knopp sich dann entschließen,
Ganz bedeutend zuzuschießen. – –
Kurz gesagt mit wenig Worten,
Ob auch Knopp nach allen Orten
Seine Vaterblicke richte,
Nirgends paßt ihm die Geschichte. –
Anderseits, wie das so geht,
Mangelt jede Pietät.
Man ist fürchterlich verliebt,
Ohne daß man Achtung gibt
Oder irgendwie bedenkt,
Ob man alte Leute kränkt.
Selten fragt sich so ein Tor:
„Was geht in den Eltern vor?“ –
Ja, so ist die Jugend heute! –
Schrecklich sind die jungen Leute
Hinter Knoppens Julchen her,
Und recht sehr gefällt es der. –
Was hat Knopp doch für Verdruß,
Wenn er das bemerken muß! –
Hier zum Beispiel abends spät,
Wie er still nach Hause geht;
Sieht er nicht mit Stirnefalten,
Wie drei männliche Gestalten
Emsig spähend da soeben
Starr vor Julchens Fenster kleben?
Zornig mit dem Wanderstab
Stochert er sie da herab.
Er verursacht großen Schreck,
Doch den Ärger hat er weg.
H ERZVERLOCKENDE K ÜNSTE
Wohl mit Recht bewundert man
Einen Herrn, der reiten kann. –
Herzgewinnend
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