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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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herüber aus dem Schwytzerland.
     
    |70| VON DER FLÜE
    Die Luft ist rein und trägt den Schall so weit.
     
    MELCHTHAL
    Geh’n einige und zünden Reisholz an,
    Daß es loh brenne, wenn die Männer kommen.
     
    (zwey Landleute gehen)
     
    SEWA
    ’s [ist] eine schöne Mondennacht. Der See
    Liegt ruhig da als wie ein ebner Spiegel.
     
    AM BÜHEL
    Sie haben eine leichte Fahrt.
     
    WINKELRIED
(zeigt nach dem See)
    Ha seht!
    Seht dorthin! Seht ihr nichts?
     
    MEIER
    Was denn? – Ja warlich!
    Ein Regenbogen mitten in der Nacht!
     
    MELCHTHAL
    Es ist das Licht des Mondes das ihn bildet.
     
    |71| VON DER FLÜE
    Das ist ein seltsam wunderbares Zeichen!
    Es leben viele, die das nicht gesehn.
     
    SEWA
    Er ist doppelt, seht, ein blässerer steht drüber.
     
    BAUMGARTEN
    Ein Nachen fährt so eben drunter weg.
     
    MELCHTHAL
    Das ist der Stauffacher mit seinem Kahn,
    Der Biedermann läßt sich nicht lang erwarten.
    (geht mit Baumgarten nach dem Ufer)
     
    MEIER
    Die Urner sind es, die am längsten säumen.
     
    AM BÜHEL
    Sie müssen weit umgehen durch’s Gebirg,
    Daß sie des Landvogts Kundschaft hintergehen.
     
    (Unterdessen haben die zwey Landleute in der Mitte des Platzes ein Feuer angezündet)
     
    MELCHTHAL
(am Ufer)
    Wer ist da? Gebt das Wort!
     
    |72| STAUFFACHER
(von unten)
    Freunde des Landes.
     
    (Alle gehen nach der Tiefe, den Kommenden entgegen. Aus dem Kahn steigen Stauffacher, Itel Reding, Hans auf der Mauer, Jörg
     im Hofe, Konrad Hunn, Ulrich der Schmidt, Jost von Weiler, und noch drey andre Landleute, gleichfalls bewaffnet)
     
    ALLE
rufen
    Willkommen!
     
    (indem die übrigen in der Tiefe verweilen und sich begrüßen, kommt Melchthal mit Stauffacher vorwärts)
     
    MELCHTHAL
    O Herr Stauffacher! Ich hab’ ihn
    Gesehn, der mich nicht wiedersehen konnte!
    Die Hand hab’ ich gelegt auf seine Augen,
    Und glühend Rachgefühl hab’ ich gesogen
    Aus der erloschnen Sonne seines Blicks.
     
    STAUFFACHER
    Sprecht nicht von Rache. Nicht geschehnes rächen,
    Gedrohtem Uebel wollen wir begegnen.
    |73| – Jezt sagt, was ihr im Unterwaldner Land
    Geschaff’t und für gemeine Sach’ geworben,
    Wie die Landleute denken, wie ihr selbst
    Den Stricken des Verraths entgangen seid.
     
    MELCHTHAL
    Durch der Surennen furchtbares Gebirg,
    Auf weit verbreitet öden Eisesfeldern,
    Wo nur der heis’re Lämmergeier krächzt,
    Gelangt’ ich zu der Alpentrift, wo sich
    Aus Uri und vom Engelberg die Hirten
    Anrufend grüßen und gemeinsam weiden,
    Den Durst mir stillend mit der Gletscher Milch,
    Die in den Runsen schäumend niederquillt.
    In den einsamen Sennhütten kehrt’ ich ein,
    Mein eigner Wirth und Gast, bis daß ich kam
    Zu Wohnungen gesellig lebender Menschen.
    – Erschollen war in diesen Thälern schon
    Der Ruf des neuen Greuels der geschehn,
    Und fromme Ehrfurcht schaffte mir mein Unglück
    Vor jeder Pforte, wo ich wandernd klopfte.
    Entrüstet fand ich diese graden Seelen
    |74| Ob dem gewaltsam neuen Regiment,
    Denn so wie ihre Alpen fort und fort
    Dieselben Kräuter nähren, ihre Brunnen
    Gleichförmig fließen, Wolken selbst und Winde
    Den gleichen Strich unwandelbar befolgen,
    So hat die alte Sitte hier vom Ahn
    Zum Enkel unverändert fort bestanden,
    Nicht tragen sie verwegne Neuerung
    Im altgewohnten gleichen Gang des Lebens.
    – Die harten Hände reichten sie mir dar,
    Von den Wänden langten sie die rostgen Schwerter,
    Und aus den Augen blizte freudiges
    Gefühl des Muths, als ich die Nahmen nannte,
    Die im Gebirg dem Landmann heilig sind,
    Den eurigen und Walther Fürsts   – Was euch
    Recht würde dünken, schwuren sie zu thun,
    Euch schwuren sie bis in den Tod zu folgen.
    – So eilt ich sicher unterm heilgen Schirm
    Des Gastrechts von Gehöfte zu Gehöfte –
    Und als ich kam in’s heimatliche Thal,
    Wo mir die Vettern viel verbreitet wohnen –
    |75| Als ich den Vater fand, beraubt und blind,
    Auf fremdem Stroh, von der Barmherzigkeit
    Mildthätger Menschen lebend –
     
    STAUFFACHER
    Herr im Himmel!
     
    MELCHTHAL
    Da weint’ ich nicht! Nicht in ohnmächtgen Thränen
    Goß ich die Kraft des heißen Schmerzens aus,
    In tiefer Brust wie einen theuern Schatz
    Verschloß ich ihn und dachte nur auf Thaten.
    Ich kroch durch alle Krümmen des Gebirgs,
    Kein Thal war so versteckt, ich späht’ es aus,
    Bis an der Gletscher eisbedeckten Fuß
    Erwartet’ ich und fand bewohnte Hütten,
    Und überall, wohin mein Fuß mich trug,
    Fand ich den gleichen Haß der Tyrannei,
    Denn bis an diese

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