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Will Trent 01 - Verstummt

Will Trent 01 - Verstummt

Titel: Will Trent 01 - Verstummt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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»Komm schon, Hengst. Hilf mir verdammt noch mal auf.«
    John zögerte kurz, streckte ihr dann aber die Hand entgegen und zog sie hoch. Sie roch nach Zigaretten und Bourbon und stand ziemlich wackelig auf ihren hohen, dünnen Absätzen. Sie stützte sich auf ihn, ihre Hand grub sich in seine Schulter. Er versuchte, nicht zu schaudern vor Ekel, als er daran dachte, wo ihre Hand schon gewesen war. Im Sonnenlicht wirkte ihre Haut fahl, und er vermutete, dass ihre Leber im Arsch war. Sie hätte dreißig, aber auch achtzig sein können.
    Jetzt übernahm der Bulle das Kommando. »Willst du mir sagen, was da los war?«
    »Er wollte mich nicht bezahlen«, antwortete sie und deutete mit dem Kinn auf den noch immer am Boden liegenden Ray-Ray. Ihre Stimme klang wie Kiesel in einer Schale Schleim. Was sie nicht nuschelte, war wahrscheinlich auch nicht hörenswert.
    »Du hast ihn auf Pump rangelassen?«, fragte der Bulle und versuchte erst gar nicht, seine Ungläubigkeit zu kaschieren. Der Mann hatte allerdings recht
    damit. John würde Ray-Ray nicht einmal einen versteinerten Scheißhaufen auf Pump verkaufen.
    »War'n da drin«, erklärte sie und meinte das Dixie-Häuschen hinter dem Gebäude. »Versuchte, mir Honig ums Maul zu schmieren, der elende Scheißkerl. Meinte, er würde morgen sein' Lohn bekommen.«
    Der Bulle hob die Augenbrauen. »Willst du mich verscheißern?«
    »Ist mir dann hier raus gefolgt und wollte handeln«, fuhr sie fort und griff nach Johns Arm, weil sie noch immer schwankte. »Als wär's 'ne Sonderrabattaktion im Billigmarkt. Blöder Wichser.« Sie hob den Fuß und verpasste Ray-Ray mit der Schuhspitze einen Tritt.
    »Hey, hey«, sagte Ray-Ray und drehte sich ächzend auf den Rücken. John vermutete, dass das Arschloch sich nur tot gestellt hatte, und hätte ihn dafür am liebsten noch einmal geschlagen.
    Der Bulle stieß Ray-Ray mit dem Schuh an. »Haste versucht, 'ne Nummer umsonst zu schieben, du Schwachkopf?«
    Ray-Ray legte die Hand über die Augen, damit er zu dem Bullen hochschauen konnte, ohne von der Sonne geblendet zu werden. »Nein, nein, Mann. Das war nicht so. War überhaupt nicht so.«
    »Steh auf, du verdammter Idiot«, befahl der Polizist. »Und du«, er deutete auf die Hure, »wo stehst du?«
    Sie wischte sich eben Schmutz von den Ellbogen. »Vorne beim Schnapsladen.«
    Lautes Rauschen drang plötzlich aus dem Funkgerät des Bullen, und dann: »Einheit einundfünfzig, einundfünfzig?«
    Der Bulle schaltete das Mikro ein und sagte: »Ich höre«, wies dann auf John und sagte zu ihm, während er sich gleichzeitig die Meldung anhörte: »Du da, edler Ritter. Sieh zu, dass sie sicher nach Hause kommt. Und du«, er deutete auf Ray-Ray, »bring mich nicht dazu, dass ich dir ein zweites Mal sage, dass du verdammt noch mal aufstehen sollst, sonst verhafte ich dich so schnell, dass dein Bewährungshelfer keine Zeit mehr hat, dir ein Taxi zurück in den Knast zu bestellen.« Ray-Ray sprang auf. Der Bulle schaltete das Mikro ein und sagte: »Roger. Bin in zehn Minuten dort.« Quasi als Nachtrag fragte er dann Art: »Sind Sie damit einverstanden?«
    Art runzelte so heftig die Stirn, dass sich dort ein V bildete. »Ja, von mir aus«, sagte er schließlich. »Shelley, nimm dir den Tag frei. Und morgen bist du mit klarem Kopf wieder zur Stelle.«
    »Vielen Dank«, sagte John, so erleichtert, dass er beinahe geweint hätte. »Vielen Dank, Sir. Ich werde Sie nicht enttäuschen.«
    Der erwiesene Respekt brachte ihm nun selbst ein gewisses Maß davon ein. »Soll ich diesen stotternden Spinner rauswerfen?«, wollte Art wissen und deutete mit dem Daumen auf Ray-Ray.
    John überlegte kurz, aber er wollte sich nicht den Rest seines Lebens umschauen müssen, ob dieses Arschloch ihm vielleicht auflauerte. »Wir kommen schon klar«, sagte er. »Oder, Ray?«
    »Ja, ja«, erwiderte Ray. »Alles cool. Alles cool.«
    »Schnauze«, sagte Art. »Ich will dich hier bis Mittwoch nicht mehr sehen, kapiert?«
    Ray-Ray nickte. Zweimal.
    Art warf der Prostituierten einen vernichtenden Blick zu und sagte zu John: »Schaff sie weg von hier, bevor die Kunden ausbleiben.«
    John blieb wohl nichts anderes übrig. Die Hure hatte sich schon wieder an ihn geklammert; ihre knochigen Finger drückten knapp über dem Ellbogen in seinen Arm. Er begann, neben ihr herzugehen, weil irgendetwas ihm sagte, wenn er es nicht tat, würde sie mit dem Gesicht wieder auf der Straße landen.
    Der Verkehr rauschte vorüber, als sie die Piedmont

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