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Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Leiche in den Chattahoochee warf.
    Und wo war Faith nach all den Jahren des Fortschritts und der Emanzipation? Noch immer kaum über das Schreibbüro hinaus, dachte sie. Um fair zu sein, sie hatte sich freiwillig bereiterklärt, alle Indizien zu katalogisieren, die Will in Warren Griers winziger Unterkunft beschlagnahmt hatte. Das war, bevor sie die Stapel von Kartons gesehen hatte, die man aus dieser Pension geschleppt und vor ihren Schreibtisch gestellt hatte. Es waren mindestens sechs, alle randvoll mit Papier. Warren war eine Packratte, ein Mann, der keine Quittung und keine Kinokarte wegwerfen konnte. Seine Sammlung von Lohnzetteln aus dem Copyshop reichte fast zehn Jahre zurück.
    Faith strich sich über den Unterkiefer, der nach dem Kontakt mit Warrens Ellbogen geschwollen und empfindlich war. Im Pausenraum hatte sie ganz hinten im Gefrierschrank ein uraltes Lean-Cuisine-Gericht gefunden. Die Tüte war hart wie Stein, aber es fühlte sich gut an. Sie hasste es, geschlagen zu werden. Nicht dass irgendjemand das besonders genoss, aber Faith hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass Erbrechen ihre natürliche Reaktion auf körperlichen Schmerz war. Sich eine Tüte gefrorene Spaghetti mit Hackfleischklößchen an die Wange zu halten, half auch nicht sehr. Doch das war nur ein geringer Preis, den sie zu zahlen hatte, im Vergleich zu dem, was Emma Campano wahrscheinlich durchlitten hatte.
    Will begleitete Warren Grier eben ins Untersuchungsgefängnis. Es gab nur eine Frage, die noch beantwortet werden musste: Wo war Emma? Auch wenn das Mädchen noch am Leben war, wurde langsam die Zeit knapp. Faith stellte sich die Bedingungen vor, unter denen Emma wahrscheinlich gefangen gehalten wurde: eingesperrt in einem Zimmer oder, schlimmer noch, in irgendeinen Kofferraum gestopft. Heute hatte das Thermometer schon am Vormittag vierzig Grad gezeigt. Die Hitze war erbarmungslos, sogar nachts. Hatte Emma Wasser? Hatte sie etwas zu essen? Wie lange noch, bis ihre Vorräte zu Ende gingen? Tod durch Dehydrierung dauerte eine Woche bis zehn Tage, aber ohne Kopfwunde und sengende Hitze. Würden sie die nächsten Wochen damit zubringen, die Stunden zu zählen, bis Emma Campano nicht mehr atmen konnte.
    »Hey, Mitchell, wie ist es, mit dieser Ratte zu arbeiten?«, fragte Robertson.
    Er saß an seinem Schreibtisch und lehnte sich in seinem Stuhl so weit nach hinten, dass es aussah, als würde das Möbelstück gleich zerbrechen.
    »Gut«, antwortete sie und fragte sich, warum es Will niemand dankte, dass er vor laufenden Kameras das APD Evan Bernard aus der Westfield Academy heraus hatte abführen lassen.
    Robertson drohte ihr mit dem Finger. »Vorsicht bei diesem Arschloch. Einem vom Staat darf man nie vertrauen.«
    »Verstanden. Danke.«
    »Scheiß GBI Die nehmen uns unseren Fall ab und lassen es so aussehen, als hätten sie die ganze Schwerarbeit gemacht.« Überall aus dem Saal ertönten zustimmende Geräusche.
    Was für ein selektives Gedächtnis sie doch alle hatten. Faith hätte wahrscheinlich mit eingestimmt, wenn sie an diesem ersten Tag nicht dabei gewesen wäre und gesehen hätte, wie Will die Punkte verknüpft hatte, die sie die ganze Zeit vor Augen gehabt hatten.
    Robertson schien darauf zu warten, dass sie noch etwas sagte, eine höhnische Bemerkung über Will oder einen gemeinen Kommentar zum GBI machte, aber Faith wusste einfach nicht, was sie sagen sollte. Noch vor einer Woche wären die Wörter aus ihr herausgesprudelt wie Wasser aus einer Leitung. Jetzt war die Quelle vertrocknet.
    Faith wandte sich wieder der Arbeit auf ihrem Schreibtisch zu und versuchte, die Geräusche des Bereitschaftssaals auszublenden. Sie hatte im Augenblick nicht die Kraft, die Kartons aus Warrens Wohnung zu durchsuchen, deshalb konzentrierte sie sich auf ihren Computer. Will hatte eine Digitalkamera benutzt, um Fotos von Warren Griers Unterkunft zu machen, und sie ging jetzt die Aufnahmen durch, die im Wesentlichen alle dasselbe kleine Zimmer aus unterschiedlichen Blickwinkeln zeigten.
    Jedes banale Detail von Warrens Existenz war dokumentiert, von seinen Toilettensachen bis zur Sockenschublade. Unter seinem Bett standen unzählige Kartons, die überquollen von schulischen Dokumenten und offiziell aussehenden Formularen aus seiner Zeit in staatlicher Pflege. Es gab die Großaufnahme eines Handbuchs für einen Mac-Laptop, auf dessen Titelblatt eine Telefonnummer gekritzelt war. Faith legte den Kopf schief und fragte sich, warum Will die Kamera

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