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Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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den Code eines Beweismittelbeutels ein und drückte auf einige Tasten.
    Will umklammerte das Röhrchen, das völlig in seiner Handfläche verschwand, fester. Er war noch nie ein Polizist gewesen, der sich über die Vorschriften hinwegsetzte, aber wenn es einen Weg gab, das Mädchen zu finden, wie konnte es da richtig sein, dass er nichts unternahm?
    Charlie sagte: »Haben Sie gesehen, dass die Toxic Shocks sich an diesem Wochenende einen Schlagabtausch mit den Dixie Derby Girls liefern?«
    Will musste sich den Satz noch einmal vorsagen, bevor er seine Bedeutung verstand. Charlie war ein großer Fan des professionellen Frauenrollschuhrennens. »Nein, das habe ich nicht gesehen.«
    »Das wird ein echter Knaller.«
    Will zögerte. Er schaute noch einmal zu dem Polizisten am Ende der Einfahrt, bevor er die Probe in seine Hosentasche steckte. »Danke, Charlie.«
    »Sagen Sie's nur keinem.« Er drehte sich zu Will um. »Okay?«
    Will nickte schnell. »Ich sag Ihnen Bescheid, wenn Sie bei Dad den Abstrich machen können.«
    Charlie reagierte sarkastisch: »Super. Danke.«
    Will steckte die Hand in die Tasche und schloss die Finger um das Röhrchen, als er zur Garage ging. Er schwitzte jetzt wirklich, obwohl die Temperatur noch im erträglichen Bereich lag. Es hatte Zeiten in Wills Karriere gegeben, als er auf dem Drahtseil zwischen Richtig und Falsch balanciert hatte, aber er hatte noch nie etwas so offenkundig Illegales - und Verzweifeltes - getan. Nicht dass es einen großen Unterschied machte, aber in diesem Fall kam er einfach nicht weiter. Ein Tag war bereits vergangen, und es gab keine Zeugen, keine Verdächtigen und nichts, worauf man aufbauen konnte, außer dieses graue Pulver, das vielleicht oder vielleicht auch nicht zu irgendetwas führte. Außer dass Will seinen Job verlor.
    Er hatte tatsächlich an einem Tatort Beweismittel gestohlen. Nicht nur das, sondern er hatte auch Charlie mit hineingezogen. Was Will am meisten Probleme machte, war die Scheinheiligkeit des Ganzen. Der missmutige Polizist, der in der Einfahrt der Campanos Wache schob, war plötzlich der moralisch Überlegene.
    »Will.« Hamish Patel saß auf der obersten Stufe der Treppe, die zu der Wohnung über der Garage führte. Er hatte eine Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger.
    Will zog die Hand aus der Tasche, als er die Treppe hinaufging. »Wie geht's?«
    »Ganz okay, schätze ich. Ich habe den Computer an die Telefonleitung angeschlossen, aber bis jetzt ist noch nichts hereingekommen. Meistens kamen Anrufe von der Familie und von Nachbarn. Der Vater springt ziemlich barsch mit ihnen um, und heute Morgen gab's noch keine Anrufe.«
    »Und die Familie?«
    »Die Mutter liegt von Anfang an eigentlich nur im Bett. Ein Arzt war heute Morgen da, um nach ihr zu sehen, aber sie wollte sich keine Beruhigungsmittel mehr geben lassen. Hoyt Bentley war fast die ganze Nacht hier, ist aber vor ungefähr einer Stunde gegangen. Der Vater verließ ein paarmal das Haus, saß aber meistens nur unten auf der Treppe. Er holte sich die Morgenzeitung vom Ende der Auffahrt, bevor ich ihn davon abhalten konnte.«
    »Was ist mit seinen Eltern?«
    »Ich glaube, sie sind tot.«
    Will rieb sich das Kinn. Bei dieser Nachricht empfand er ein merkwürdiges Gefühl des Verlusts. Im Heim war es so, dass, je älter ein Kind wurde, eine Adoption immer unwahrscheinlicher wurde. Paul war zwölf Jahre alt gewesen, als seine Pflegeeltern vor Gericht beantragten, die ganze Sache offiziell zu machen. Sie hatten alle darauf gewartet, dass er zurückgegeben würde wie eine hässliche Krawatte oder ein kaputter Toaster. Als Will mit achtzehn Jahren das Heim verließ, wartete man noch immer.
    Völlig unvermittelt sagte Hamish: »Eines muss ich sagen, Mann, diese Abigail Campano ist vielleicht eine gut aussehende Frau.«
    Die unangemessene Bemerkung kam nicht völlig überraschend. Hamish war einer dieser Polizisten, die gerne Theater spielten, als wäre dieser Job nur irgendein Job.
    Trotzdem sagte Will: »Ich dachte, es ist gegen Ihre Religion, die Frauen anderer Männer zu begehren.«
    Hamish klopfte Asche von seiner Zigarette. »Südliche Baptisten, Baby. Jesus hat mir bereits vergeben.« Er deutete hinunter auf den Bereich um den Pool, der aussah wie eine Oase im Hinterhof. »Was dagegen, wenn ich mal Pause mache, solange Sie da drin sind? Ich bin schon die ganze Nacht hier und brauche mal 'nen Szenenwechsel.«
    »Gehen Sie.« Will klopfte leicht an die Tür und öffnete sie dann

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