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Will & Will

Will & Will

Titel: Will & Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green , David Levithan
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saß immer neben mir, und obwohl er nur mitspielen durfte, weil der Trainer jeden mal spielen lassen musste, war er immer total begeistert bei der Sache. Während des ganzen Spiels brüllte er »Jau jau ho, Batter Batter ho, jau jau ho, Batter Batter, HOL AUS, Batter Batter ho«, nur manchmal unterbrochen von: »Wir wollen einen Run sehen! Wir wollen einen Run sehen!«
    Später, in der sechsten Klasse: Tiny war an der Third Base und ich an der First. Das Spiel war noch nicht weit fortgeschritten, wir führten gerade knapp oder lagen knapp im Rückstand – ich weiß es nicht mehr. Ehrlich gesagt hab ich nie auf den Punktestand geguckt, wenn ich auf dem Spielfeld war. Baseball gehörte für mich immer zu den merkwürdigen und quälenden Sachen, die Eltern aus unerfindlichen Gründen wichtig finden, wie Grippeimpfung oder Kirche. Der Batter traf also den Ball und der Ball rollte zu Tiny. Tiny packte mit seiner behandschuhten Hand danach und warf ihn mit seinem Eisenarm zur ersten Base, und ich streckte die Hand aus, um den Ball zu fangen, wobei ich aufpasste, dass ich den Fuß auf der Base ließ, und der Ball prallte gegen meinen Handschuh und fiel dann sofort ins Out, weil ich vergessen hatte, den Handschuh zusammenzuquetschen. Der Runner war safe und mein Fehler kostete uns einen Run oder irgend so was. Als das Inning zu Ende war, ging ich zur Spielerbank zurück. Unser Trainer – ich glaube, sein Name war Mr Frye – beugte sich zu mir runter. Ich sah seinen riesengroßen Kopf ganz nah vor mir, seine Baseballkappe thronte hoch oben über seinem fetten Gesicht, und er sagte: »KONZENTRIER DICH DRAUF, DEN BALL ZU FANGEN! DU SOLLST DEN BALL FANGEN, OKAY? MEIN GOTT!« Ich
spürte, wie ich rot wurde, und mit genau dem Zittern in der Stimme, das Tiny auf der Bühne bei Gary hören will, sagte ich: »Tuuut mir leieieid«, und Mr Frye sagte: »Mir auch, Will. Mir für dich auch.«
    Und da holte Tiny zu einem Schlag aus und boxte Mr Frye auf die Nase. Einfach so. Damit endete für uns beide unsere Karriere in der Little League.
     
    Es würde nicht so wehtun, wenn Tiny nicht recht hätte – und wenn ich nicht irgendwo in meinem tiefsten Innern geahnt hätte, dass meine Schwäche ihn gewaltig nervt. Und vielleicht denkt er ja wie ich, dass man sich seine Freunde leider nicht aussuchen kann und dass er da einen nervtötenden Tuntenquäker mit sich herumschleppt, der es nicht schafft, mit sich selbst klarzukommen. Der es nicht schafft, mit dem Baseballhandschuh einen Ball festzuhalten; der es nicht schafft, einen Anschiss vom Trainer einzustecken, und der es bedauert, einen Leserbrief geschrieben zu haben, in dem er seinen besten Freund verteidigt. Das ist die wahre Geschichte unserer Freundschaft: Nicht ich muss mich mit Tiny herumplagen. Er muss sich mit mir herumplagen.
    Wenn ich schon nichts anderes für ihn tun kann, von dieser Last, nämlich von mir, kann ich ihn zumindest befreien.
    Es dauert lange, bis ich endlich zu weinen aufhöre. Ich benutze meinen Handschuh als Taschentuch, während ich beobachte, wie der Schatten des Aluminiumdachs langsam meine ausgestreckten Beine hinunterkriecht, weil die Sonne den höchsten Punkt am Himmel überschritten hat. Meine Ohren fühlen sich auf einmal steifgefroren an, deshalb stehe ich auf und gehe quer durch den Park und dann nach Hause.
Ich ziehe mein Handy raus und scrolle mich durch sämtliche Kontakte in meinem Telefonverzeichnis. Dann rufe ich Jane an. Ich weiß nicht, warum. Mir ist einfach danach, irgendjemand anzurufen. Und seltsamerweise warte ich immer noch darauf, dass ein anderer ganz bestimmter Jemand die Flügeltür des Theatersaals aufstößt. Ich erwische nur ihre Mailbox.
    »Tut mir leid, Tarzan. Jane ist nicht zu erreichen. Sprich mir aufs Band.«
    »Hallo, Jane. Hier ist Will. Ich wollte nur ein bisschen mit dir quatschen, ich … also, ganz ehrlich und aufrichtig? Ich bin gerade die Liste mit sämtlichen Leuten durchgegangen, die ich anrufen könnte, und du bist die Einzige, die ich wirklich anrufen wollte. Weil ich dich mag. Ich mag dich einfach sehr. Ich finde dich einfach toll. Du bist so … so von allem mehr als die andern. Klüger und lustiger und hübscher und einfach … eben mehr von allem. Ja, okay. Das war’s, was ich sagen wollte. Ciao.«
    Als ich zu Hause bin, rufe ich Dad an. Als ich gerade schon wieder auflegen will, hebt er ab.
    »Kannst du in der Schule anrufen und sagen, dass ich krank bin? Ich musste nach Hause«, sage ich.
    »Alles

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