Wille zur Macht
anderen. Wie zukünftig deren Einhaltung durch die Polizei gesichert werden sollte, stand dabei in den Sternen.
Das Telephon klingelte, und Mechthild wurde aus ihren Gedanken gerissen. Es war Laima Neumane.
„Das ging aber schnell“, lobte Mechthild ihre Kollegin. „Und haben Sie etwas gefunden?“ Mechthilds Puls ging schneller.
„Ja, einer Ihrer Bremenbesucher ist hier sehr bekannt. Er heißt Erglis Bruninieks und ist lettischer Staatsbürger. Aber kein Ruhmesblatt für uns. Unter der sowjetischen Besatzung hat er schon mit den Russen kollaboriert. Und heute unterhält er Kontakte zur russischen Mafia. Er ist sehr gewalttätig und hat auch schon einige Zeit im Gefängnis gesessen. Wie bringen Sie ihn mit ihrem Fall in Verbindung?“
Mechthild holte weit aus, vermied es aber, darauf hinzuweisen, dass ihre Ermittlungen auf einem Tipp eines Zuhälters basierten. Sie wusste nicht, wie ihre Kollegin darauf reagieren würde. Sie suchte nach einer Möglichkeit, diese Information in einen handfesten Beweis umzuwandeln.
„Sagen Sie mal, Frau Neumane, haben Sie eigentlich schon eine Gen-Datenbank?“
Laima Neumane lachte. „Wir sind zwar nur ein kleines Land, Frau Kayser, aber die baltischen Republiken leben nicht hinter dem Mond. So sagt man das doch, oder?“
Mechthild entschuldigte sich sofort, und ihre Kollegin erläuterte ihr, dass sie schon vor geraumer Zeit mit Unterstützung der Europäischen Union begonnen hatten, eine umfangreiche Datenbank mit genetischen Fingerabdrücken aufzubauen. „Und damit Sie das gleich wissen: Erglis Bruninieks ist darin erfasst.“
Aufgeregt ging Mechthild auf ihrem Schreibtisch ihre Unterlagen durch. Aber die Gen-Spurenakte war nicht zu finden. Fritz Behrmann hatte sie heute Morgen nach der Besprechung wieder mitgenommen.
„Das heißt also auch, dass ich Ihnen einige Datensätze übermitteln könnte und Sie prüfen, ob Sie einen davon gespeichert haben?“ fragte Mechthild zurückhaltend. Sie rechnete schon jetzt damit, dass eine solche Bitte nicht ohne einen immensen Aufwand an Bürokratie erfüllt werden konnte. Und damit wäre mit ihrer Geheimniskrämerei gleich Schluss gewesen.
„Selbstverständlich. Schicken Sie mir Ihre Datensätze. Für mich stellt sich das alles nur als eine Vorermittlung dar. Dafür brauche ich keine Formulare auszufüllen. Das war doch Ihre Sorge, oder?“
Mechthild gab zu, dass sie ihre derzeitigen Nachforschungen noch nicht in ihre offizielle Ermittlungstätigkeit integriert hatte. Ließ die Gründe dafür aber offen.
Doch Laima Neumane bekräftige noch einmal ihre Hilfsbereitschaft. „Wir Frauen müssen doch zusammenhalten. Das wird bei Ihnen in Bremen nicht anders sein als hier in Riga. Also mailen Sie mir Ihre Gen-Spuren. Ich melde mich so schnell wie möglich. Wenn ich sie gleich bekomme, können Sie noch heute mit einer Antwort rechnen.“
Mechthild Kayser war sehr erleichtert. Solche Kolleginnen konnte man sich nur wünschen. Sie erreichte Fritz Behrmann in seinem Büro und bat ihn, die vorhandenen Datensätze an die Mordkommission in Riga zu übermitteln. Behrmann versuchte zwar, den Hintergrund dieser Maßnahme zu erfahren, aber Mechthild blockte ab. „Tu es einfach, Fritz. Mir zuliebe!“ Mit diesen Worten hatte sie ihn natürlich überzeugen können. Also machte er sich gleich an die Arbeit.
Es dauerte nicht einmal eine Stunde, da hatte Mechthild ihre Rigaer Kollegin schon wieder am Telephon. Laima Neumane klang sehr ernst. „Ja, unser Erglis war bei Ihnen am Tatort. Das ist sicher.“
Mechthild war überrascht. Das bewies zwar noch nicht Erglis Bruninieks Täterschaft, aber ein deutliches Indiz war das schon. Endlich kam Bewegung in die Ermittlungen.
„Ist Ihr Toter denn ein Gangster?“ wollte Laima Neumane wissen. Für sie konnte es keinen anderen Zusammenhang geben. Erglis Bruninieks galt als „Ausputzer“, der die Schwierigkeiten der Rigaer Mafia mit brutaler Gewalt löste.
„Nein, das nicht. Er war ein linker Politaktivist. Mit der Mafia hatte er eigentlich nichts zu tun. Jedenfalls deutet bislang nichts darauf hin.“
„Das ist merkwürdig. Bruninieks verkehrt eigentlich nur in solchen Kreisen. Aber das ist ja erst einmal nicht von Bedeutung. Sicher wollen Sie Herrn Bruninieks vernehmen. Das geht allerdings nicht so einfach.“
Dann erklärte Laima Neumane, dass man Erglis Bruninieks zwar verhaften könne, aber dazu ein offizielles Auslieferungsersuchen an die Rigaer Behörden gestellt werden müsse. Bei
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