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Wille zur Macht

Wille zur Macht

Titel: Wille zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schlosser
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U-Häftling von allen anderen isoliert. Der Einzige, den er gesprochen hatte, war sein Anwalt.“
    „Sein Anwalt?“ Mechthild konnte es nicht glauben. „Der Bruninieks ist doch gestern erst angekommen und hatte schon einen Anwalt?“
    „Ja, so ist es“, antwortete der Beamte und zog ein Blatt aus seiner Uniform hervor. „Hier, auf der Besucherliste ist nur Herr Dr. Schellmann vermerkt. Der war heute Morgen schon um neun Uhr hier. Bis halb elf. Dann ist er wieder weg.“
    Mechthild war erschüttert. Dr. Schellmann, angesehener Bremer Anwalt und Abgeordneter der konservativen Partei in der Bürgerschaft. Mit Sicherheit nicht Bruninieks Preisklasse. Sehr merkwürdig.
    Kopfschüttelnd verließen Mechthild und Ayse das Haus III. Als sie wieder in ihrem Dienstwagen saßen, richtete sich Mechthild an ihre Freundin. „Kannst du mir mal erklären, wieso der Bruninieks ein paar Stunden nach seiner Auslieferung schon einen der besten Anwälte Bremens bekommt?“
    Ayse konnte es nicht erklären. Normalerweise dauerte es oft sogar einige Tage, bis ein Beschuldigter einen Pflichtverteidiger gestellt bekommen würde.
    Mechthild wies Ayse an, loszufahren und kramte ihr Handy hervor. Sie wählte eine Vermittlungszentrale an und ließ sich mit dem Büro von Dr. Schellmann verbinden. Kurze Zeit später hatte sie ihn am Hörer und stellte sich vor.
    „Herr Dr. Schellmann. Können Sie mir erklären, wie es dazu gekommen ist, dass Sie die anwaltliche Vertretung von Herrn Erglis Bruninieks übernommen haben?“ Ihre Stimme klang gereizt.
    „Aber selbstverständlich, Frau Kayser. Ein ganz normaler Vorgang. Ich bin als Pflichtverteidiger benannt worden, da Herr Bruninieks über keine ausreichenden finanziellen Mittel verfügt.“ Dr. Schellmann schien von Mechthilds Frage überhaupt nicht überrascht zu sein.
    „Dann wissen Sie vielleicht auch schon, dass Herr Bruninieks sich heute Morgen das Leben genommen hat. Übrigens gleich nach Ihrem Besuch.“
    „Oh!“ Dr. Schellmann gab sich bestürzt. „Das ist aber unangenehm. Wie konnte das denn passieren? Hat er sich aufgehängt?“
    „Er hat sich vergiftet. Wahrscheinlich mit einer Zyankalikapsel.“
    „Das ist ja merkwürdig, ich dachte die Insassen werden alle genau durchsucht. Wissen Sie denn schon, woher er das Gift hatte?“
    Mechthild fühlte die Scheinheiligkeit in den Worten des Anwalts. Aber ein Gefühl war eben nur ein Gefühl. „Nein, das wissen wir nicht. Ich dachte, dass Sie vielleicht eine Idee hätten?“
    „Ich?“ Dr. Schellmann war erstaunt. „Nein, Frau Kayser. Keine Ahnung. Mit Gift habe ich nichts zu tun.“ Er lachte.
    Mechthild beendete das Gespräch.
    „Was war?“ wollte Ayse wissen, als sie die Niedergeschlagenheit im Gesicht ihrer Freundin bemerkte.
    „Ach, nichts, Ayse. Er war nur als Pflichtverteidiger bestellt worden. Ich habe aber das Gefühl, dass der Schellmann uns anlügt. Ein bisschen wenig, um jemanden zu verdächtigen.“
    „Du meinst ...?“ Ayse sah ihre Freundin erschrocken an.
    „Ich halte in diesem Fall nichts mehr für unwahrscheinlich.“
    Im Präsidium angekommen, zog sich Mechthild in ihr Büro zurück. Sie informierte den Polizeipräsidenten über den Tod Bruninieks und begann, ihren diesbezüglichen Bericht zu schreiben. Gestört wurde sie lediglich von Kurt Roder, der ihr zu erklären versuchte, dass der Selbstmord Bruninieks seiner Meinung nach nur ein weiteres Indiz dafür wäre, dass die Mordkommission auf eine falsche Spur geleitet werden sollte. Er versuchte doch tatsächlich Mechthild einzureden, dass man in Osteuropa Männer kaufen könne, die eine Straftat für einen anderen zugeben würden, wenn sie dafür zugesichert bekämen, dass ihre Familien ausreichend versorgt werden würden.
    Was für ein Schwachsinn, dachte Mechthild, als Roder wieder gegangen war. Der mit seiner Nazitheorie. Daran glaubte sie jetzt nicht mehr. Wenig später wurde sie von Ernst Logemann angerufen. Vorsichtig erkundigte sich der Polizeipräsident, ob für Mechthild der Fall nun abgeschlossen sei. Jetzt, wo der mutmaßliche Mörder tot war. Mechthild glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Wut stieg in ihr auf. Es kam ihr vor, als wenn sie beim Backen eines Friede-Freude-Eierkuchens behilflich sein sollte.
    „Wenn er es denn wirklich war, Herr Polizeipräsident, dann muss doch die Frage erlaubt sein, weshalb ein Mann einen anderen, zu dem er keinerlei Verbindung hatte, auf diese schreckliche Art und Weise foltert und tötet. Jeder

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