Wille zur Macht
können.
„Ich hoffe, Herr Behrmann hat Ihnen allen noch einmal die Spurenlage ins Gedächtnis gerufen und vielleicht bei dem einen oder anderen noch eine Idee für weitere Forschungen hervorgerufen?“ Erwartungsgemäß kam keine Antwort. Doch Mechthild lag daran, ihren Geliebten nicht nur als Lückenbüßer dastehen zu lassen. Immerhin bestand stets die Möglichkeit, dass eine erneute Aktualisierung der Zwischenergebnisse auch eine neue Spur hervorbringen konnte. Aber das war eben jetzt nicht der Fall.
Dann berichtete Mechthild vom Grund ihrer Verspätung. Ihr Treffen mit Sigrid Janssen wurde mit anerkennendem Gemurmel kommentiert. Immerhin war es vorher niemandem gelungen, auch nur eine Person aus dem Umfeld Dunkers zur Mitarbeit zu bewegen. Unerwähnt ließ Mechthild dabei die Rolle Klaus Haschners. Nicht, weil sie ihren Mitarbeitern misstraute, sondern weil sie nicht wollte, dass, falls es diesbezüglich einmal Schwierigkeiten geben würde, sie davon gewusst hatten. Das musste sie gegebenenfalls auf ihre eigene Kappe nehmen.
„Und darf man auch erfahren, was sie Ihnen erzählt hat?“ wollte Peer Souton wissen und klang dabei unbeabsichtigt etwas schnippisch. Mechthild hatte zwar seinen Unterton registriert, sah ihm aber an, dass er es bestimmt nicht so gemeint hatte.
„Frau Janssen hat mir fünf Dias übergeben, die in der Zeit aufgenommen wurden, als Christian Dunker in Nicaragua war. Auf allen ist immer der gleiche unbekannte Mann zu sehen. Einmal dabei, wie er höchstwahrscheinlich eine einheimische Frau vergewaltigt.“
Mechthild erntete von allen Seiten ungläubige Blicke.
„Und daraus wird jetzt eine Spur?“ Heiner Heller konnte mit diesem Hinweis nichts anfangen.
Mechthild spürte, dass ihre Ermittler sehr skeptisch waren. „Es ist jedenfalls möglich. Dunker wurde wahrscheinlich Geld für die Bilder geboten. Aber er wurde auch bedroht, wie Frau Janssen versicherte. Beides in Zusammenhang mit den Dias. Es ist auch möglich, dass Dunker jemanden damit erpresst hat. Ich kann das jedenfalls nicht ausschließen.“
„Eine Erpressung passt doch nicht zu einem Typen wie Dunker, der für Transparenz und Gerechtigkeit eintritt“, gab Harald Strehlow zu bedenken.
„Genau, das glaube ich auch nicht“, unterstützte Ayse seine Äußerung und lächelte ihm zu. Die letzten Tage der Zusammenarbeit mit Strehlow hatten in ihr große Sympathien für ihn geweckt. Sie empfand ihn als klug und charmant. Auch wenn er etwa zehn Jahre jünger war als sie, war sie nicht abgeneigt, ihn näher kennenzulernen.
„Wenn ihr richtig liegt, und eine Erpressung nicht in Frage kommt, dann kann es Dunker nur um eine Veröffentlichung der Bilder gegangen sein. Und diese Aussicht muss für ihn so gefährlich gewesen sein, dass der Betreffende möglicherweise soweit gegangen ist, sogar einen Auftragsmörder anzuheuern.“
Es klopfte an der Tür, und einen Augenblick später trat Kurt Roder ein. Er grüßte kurz und setzte sich sofort neben Harald Strehlow. Roder wirkte wie immer mürrisch. Und er schien sauer zu sein. Aber an seinem Gesicht konnte man auch ablesen, dass er gestresst war und unter Druck stand. Neugierig spähte er auf das Blatt Papier vor Strehlow, aber der hatte sich noch keine Notizen gemacht. Mechthild ließ einen Blick durch die Runde gehen, der allen klarmachen sollte, dass sie Roder nichts über das erzählen sollten, was sie gerade behandelt hatten. Aber das wäre nicht erforderlich gewesen. Sie hatten mittlerweile alle das Gefühl, dass Kurt Roder nicht ernsthaft an einer akkuraten Ermittlung interessiert war.
„Ich versuche seit Stunden, Sie zu erreichen, Frau Kayser“, begann er vorwurfsvoll. „Sie müssen erreichbar bleiben. Ich muss doch erfahren, wo Sie mit Ihren Ermittlungen stehen!“ Roder wirkte aufgebracht und spielte den Enttäuschten, der sein Bestes geben wollte und keine Möglichkeit dazu erhielt.
Mechthild musste jetzt blitzschnell umdenken. Roder durfte nicht verunsichert werden. Natürlich wusste er längst, dass sie den Verfassungsschützer vor ihrer Haustür enttarnt hatte. Aber er konnte sich natürlich nicht sicher sein, dass sie diesen Vorfall richtig einzuordnen wusste. Vielleicht war es ihm aber auch gleichgültig. Roders wirkliches Spiel blieb Mechthild sowieso erst mal verborgen.
„Das tut mir leid, Herr Roder. Wir stehen wirklich vor großen Problemen.“ Mechthild versuchte Zeit zu gewinnen. Auf der einen Seite musste sie Roder davon überzeugen, dass sie
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