Willi von Bellden (German Edition)
entgegenkam, vermutlich irgendein Freund aus der Künstlerszene. Schnell verzog ich mich in die Büsche, damit Natascha mich nicht sehen konnte. Zielgerichtet steuerte sie auf unser Haus zu. Es war zu spät, um vor ihnen durch das Gartentor zu schlüpfen, ich musste warten, bis sie an der Haustür angekommen waren, erst dann konnte ich mich an ihnen vorbeimogeln, um ins Haus zu gelangen. Gleichzeitig mit dem Läuten kam ich durch die offen stehende Terrassentür ins Wohnzimmer geschossen, keuchend und außer Atem. Wie es sich für einen artigen Hund gehört, kündigte ich selbstsicher und im Bewusstsein meiner hündischen Aufgaben lautstark das Kommen der Gäste an. Sammy besaß die Dreistigkeit, in mein Bellen einzufallen, als ob auch er hier zu dieser Familie gehören würde. Darauf zeigte ich ihm, wie gut ich meine Zähne fletschen konnte. Das saß! Reumütig verzog er sich in die Küche. Meine Position als Chefrüde würde ich bis auf den letzten Zahn behaupten. Die Haustür wurde von einem der Kinder geöffnet, und drei Sekunden später, standen Basko und Natascha vor uns. Die Künstlerin sah deprimiert aus, worauf Tanner sich sofort höflich nach ihrem Wohlbefinden erkundigte.
»Danke, es geht mir gut. Aber meine Mutter ist zurzeit im Krankenhaus, ich muss zu ihr nach Berlin zu fliegen.« Verlegen schaute sie auf Basko, dann wieder zu Tanner und Anny, die gerade ins Zimmer gekommen war. »Es wäre nur für eine Woche oder so ...«, sagte sie, und man konnte ihr ansehen, wie unwohl sie sich bei diesen Worten fühlte.
»Basko kann selbstverständlich bei uns bleiben!«, versicherte Anny.
»Lass dir Zeit, und bleib so lang wie nötig. Um den Hund brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Im Gegenteil, Willi wird froh darüber sein, seinen Kameraden bei sich zu haben.«
Natascha bedankte sich tausendmal. Sofort zückte sie aus ihrer großen bunten Umhängetasche ein wunderschönes Bild, das sich in die Sammlung der Kaster’schen Bilder an unseren Wänden einreihen wü rde. Anny bekam jedes Mal feuchte Augen, wenn Natascha ihr ein Gemälde schenkte, obwohl alle Wände im Haus schon damit gepflastert waren.
Basko blinzelte mir übermütig zu. Beide waren wir froh darüber, dass nun ausreichend Gelegenheit bestand, uns auszutauschen. Als Natascha ging, setzte Basko das traurigste Gesicht auf, das er vorzuweisen hatte; sie sollte schließlich das Gefühl haben, einen anhänglichen und treuen Begleiter durchzufüttern. Ich konnte es ihm nachfühlen. So ein Theater wurde auch ständig von mir verlangt.
Nach dem Abendessen, als Ruhe in unser kleines Domizil eingekehrt war, besprach ich mit meinem Schnüfflerkameraden endlich ein paar wichtige Details in Sachen Toni. Er interessierte sich als echter Rüde wenigstens für Kriminalfälle aller Art, worüber ich sehr dankbar war. Ich fing nochmals ganz von vorn an, um selbst einen gewissen Überblick zu behalten. Mein Freund und ich gründeten an diesem Abend das Ermittlungsteam »Todesschwadron«. Wir fanden den Namen passend und nahmen uns vor, ihm alle Ehre zu machen. (Wir fanden erst Jahre später heraus, dass der Name eine kontraproduktive Bedeutung für Spezialagenten hat!)
Ich begann also mit der Fotografie, die wir in Aschters Wohnung gefunden hatten, erzählte von dem Geld im Kuvert und davon, wie Mathis sich uns gegenüber verhalten hatte. Dann kam ich auf Tonis Thermosflasche zu sprechen sowie auf die geheime Schublade in seinem Schreibtisch und die damit verbundenen Briefe lüsternen Charakters. Doch darauf ging ich nicht näher ein, obwohl, Baskos Blicke deutend, er gern mehr über dieses Thema erfahren hätte. Das Bild hingegen beschrieb ich so genau wie möglich.
»Wo befindet sich diese Fotografie jetzt?«, fragte Basko.
Nach kurzem Überlegen fiel mir wieder ein, wie Tanner die Fotografie mitsamt den erotischen Briefen in die Innentasche seiner Jacke gesteckt hatte. Den Schlüssel hatte er wieder an seinen ursprünglichen Ort, in den Krug, getan.
»Gut, dass du es erwähnst, denn Tanner muss dieses Bild unbedingt Selma zeigen, damit er endlich herausfindet, wer diese unbekannte weibliche Person darauf ist. Vielleicht bringt es uns der Wahrheit und somit der Aufklärung ein Stück näher.«
Basko stimmte mir zu. Gemeinsam mit Oskar, der sich endlich zu uns gesellte, statt seine Zeit nur mit dem Waschlappen Sammy zu verbringen, rollten wir uns im Körbchen ein und warteten. Besser gesagt, Oskar schlief selig ein, und mein Freund und ich warteten.
Weitere Kostenlose Bücher