Willi von Bellden (German Edition)
Basko, der sich scheinbar nicht aus der Ruhe bringen ließ. Entweder hatte er längst aufgegeben oder ein gehöriges Wahrnehmungsproblem, dachte ich neidisch und rollte mich wieder auf meinen zehn auf zehn Zentimetern ein. Zu viel Platz zum Sterben und zu wenig zum Wohlfühlen, aber alles war ja bekanntlich eine Frage der Zeit. Die dauerte genau genommen acht Stunden und siebenunddreißig Minuten. Dann passierten wir den Eingang zum Campingplatz Arleblanc.
»Bienvenue!«, schrie Oma und fuchtelte mit ihren Armen aufgeregt in der Luft umher. In ihren Pupillen leuchtete es schon so rot wie der Wein, den sie gleich zu trinken gedachte. Vermutlich würde sie schon beschwipst sein, bevor Tanner und Anny das Gepäck aus dem Wagen geladen hatten. Und genau das traf auch zehn Minuten später ein. Kaum standen wir still, sprang sie schon mit ihren dreiundsiebzig Jahre alten Beinen aus dem Auto und rannte auf Jean-Louis zu, der im Hof stand und die Arme zur Begrüßung ausgebreitet hatte. Bernhard, ebenfalls waschechter Saarländer und Urgestein des Campingplatzes Arleblanc, ließ auch nicht lange auf sich warten. Sofort wurden die Gläser ausgepackt und ein trockener Roter getrunken. Alle anderen Insassen des Wagens machten sich daran, unser Mobile Home zu beziehen und das Gepäck auszuladen.
Basko, Oskar und ich liefen mit den Kindern runter zum Fluss. Ich konnte es gar nicht erwarten, endlich das wohltuende Wasser unter meinen Pfoten zu spüren. Sammy trottete uns in gebührendem Abstand hinterher. Er wusste, welchen Platz er einzunehmen hatte. Und ich machte es mit einem leisen Knurren in seine Richtung noch einmal ganz deutlich. Oskar fiel es nicht leicht, seine kleinen Pfötchen in das kühle Nass zu tauchen, dafür hatten Basko und ich umso mehr Spaß daran, uns in der Strömung ein Stück weit treiben zu lassen, um dann mit elegantem Schwung auf einen der Felsen zu springen. Die Kinder warfen uns Stöcke ins Wasser, die wir nur allzu gern wieder zurückbrachten. Als wir alle erschöpft und müde waren, gingen wir die fünfzig Meter zurück zu unserem Mobile Home. Anny und Tanner saßen auf der Terrasse, tranken frisch aufgebrühten Kaffee und warteten auf Oma, die einige Minuten nach uns, Arm in Arm mit Bernhard, des Weges entlangkam. Aus den Augenwinkeln nahm ich deutlich wahr, dass ihr Gang nicht mehr dem eines nüchternen Menschen glich, und bald darauf bestätigten auch ihre gesprochenen beziehungsweise gelallten Worte meine Annahme. Nichtsdestotrotz wurde an diesem Abend noch lange auf der Terrasse gefeiert. Moni, Bernhards Frau, kam ebenfalls noch vorbei, auch ihre Kinder Jonas und Jeschko. Ebenso Jörg Schöpp, unser Begleiter aller erlebnisreicher und grenzüberschreitender Stunden, sowie unsere Kletterfreunde Achim und Tine. Spät am Abend kamen endlich Frank, Katja und ihre Kinder Denise und Janine an, die sich direkt unserer tolldreisten Bande anschlossen. Wir Hunde hatten in der kleinen Küche des Mobile Home unser Lager aufgeschlagen, eingelullt in das Lachen und die Gespräche der Anwesenden.
Am folgenden Morgen wurde ich von den ersten Sonnenstrahlen geweckt, die wärmend auf mein Fell fielen. Bello sei Dank war Anny keine Langschläferin, so wie ihr Göttergatte Tanner. Sie stand zeitig auf, um sich mit uns zu einem der traditionellen Ardèchefrühmorgensspaziergänge aufzumachen. Ich liebe sie. Anny und die Spaziergänge. Ich liebe den fremden Geruch des Südens, seine Pflanzen und Andersartigkeiten. Ungestüm tobten wir über die Wiesen, auf denen die Grashalme von dichtem, kühlem Morgentau überzogen waren. Nebelhafte Schleier bedeckten die Ebenen der Vorgebirge, die weit in den Himmel ragten.
Bis wir unseren Spaziergang beendet hatten, war endlich auch der Rest der Familie aus den Federn gekommen. Kaffeeduft erfüllte das kleine Häuschen, vermischt mit dem Geruch von frischen Croissants und Baguettes. Wir bekamen zum Frühstück unsere tägliche Ration Hundefutter, aber auch einige leckere Baguettestückchen, die wir heißhungrig verschlangen.
Am frühen Mittag brachen Anny und Tanner zusammen mit den anderen zum Klettern auf. Diesen Tag wollten alle in Seines verbringen, einem wunderschönen Klettergebiet, das ungefähr eine Stunde Fahrt von unserem Campingplatz in Rosières, entfernt lag. Zuerst wurde beschlossen, dass die Kinder und wir Hunde bei Oma bleiben sollten, aber nach zahlreichen Diskussionen fuhr doch die ganze Besatzung der Familie mit. Ein kleiner Konvoi von vier Autos startete
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