Willi von Bellden (German Edition)
somit nach Seines. Allein die Fahrt dorthin war ein Erlebnis. Viele kleinere wunderschöne Dörfer liegen auf dem Weg, deren Anblick einem wahre Freude bereitet. Leider sah ich, zu Annys Füßen liegend, dieses Mal nicht sehr viel davon.
Unterhalb der Felsen von Seines parkten wir auf einem großflächigen Parkplatz, auf dem an diesem Tag, Bello sei Dank, nur zwei weitere Autos zu sehen waren. Viele Kletterer bedeuteten zwangsläufig, dass wir Hunde an der Leine angebunden werden mussten. Wenn wenig Leute anwesend waren, durften wir frei herumlaufen. Der Einzige, der sich daran immer ein wenig störte, war Achim. Irgendwie wusste ich bei ihm nie so richtig, woran ich war. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass er mich mochte, an anderen Tagen bedachte er mich nur mit einem geringschätzigen Blick, in dem sich Abneigung und ein gewisser Ekel verbarg. An diesem besagten Tag aber schenkte er mir sogar ein kleines Lächeln und eine Scheibe Salami. Wir kamen uns also doch langsam näher.
Was ich bisher noch nicht erwähnt habe, ist meine Einstellung zu Franzosen. Ich meine natürlich die französischen Menschen im Allgemeinen. Was ich sehr an ihnen schätze, ist, dass jeder Franzose einen Hund hat, immer am Wein trinken ist sowie die Genüsse des Lebens zu schätzen weiß. Franzosen nehmen es mit fast allen Dingen des täglichen Lebens nicht so genau. Ob es sich hierbei um Mülltrennung handelt oder die Haltung von Hunden oder gar das Verspeisen von diversen Delikatessen, nichts wird übertrieben oder maßlos betrieben. Ein frischer Hundehaufen stört sie genauso wenig wie eine Küche, die mehr Mausefallen als Teller in den Schränken aufweist. Außerdem sind sie völlig unempfindlich gegen Insektizide oder andere chemische Verbindungen, aus denen giftige Dämpfe hervortreten. Sie machen aus einer Mücke keinen Elefanten. Ganz im Gegensatz zu den Deutschen, die schon allergisch gegen Hausstaub reagieren, wenn sie nur das Wort hören. Auf jeden Fall liegt mir die französische Mentalität um einiges mehr als die, die ich gewohnt war. Von anderen Dingen ganz zu schweigen, denn es existieren ja auch einige Vorurteile gegenüber der französischen Weiblichkeit mit ihren enormen Liebreizen, die auch in der Hundewelt durchaus ihre Kreise zieht. Den französischen Hündinnen sagt man nach, sie könnten jeden Rüden erstrahlen lassen; für mich jedoch relativ uninteressant, da ich in festen Pfoten bin und das auch bleiben möchte. Einmal einer feschen Hündin nachblicken ist das Äußerste, was ich mir zugestehe.
Doch in Seines war weit und breit keine Konkurrenz für Anka in Sicht. Während sich alle daranmachten, die Felsen zu erklimmen, erkundeten wir Hunde die Gegend auf eigene Faust und ließen es uns gut gehen. Hier ein Stück Wurst, dort eine Kante Brot, so verbrachten wir den ganzen Nachmittag. Oskar machte erste Bekanntschaft mit einem Skorpion, Basko mit einer Schlange, die sich in der prallen Sonne wärmte. Ich lachte nur und hörte mir ihre Schreckensgeschichten danach noch hundertmal an. Es waren besondere Erlebnisse, die man nie vergisst. Ganz besonders stolz waren wir alle an diesem Tag auf Mimi, denn sie erklomm eine leichte Route im Vorstieg, diese jedoch bis zum oberen Haken. Alle applaudierten, was sie natürlich anspornte, weitere Routen in Angriff zu nehmen. Kinder sind mit einfachen Mitteln enorm zu motivieren, stellte ich wieder einmal bewundernswert fest.
Abends kamen wir müde und ausgepowert wieder auf dem Campingplatz an. Während die Erwachsenen kochten und Rotwein tranken, warteten die Kinder auf die einbrechende Dunkelheit, um endlich wieder Fangverstecken spielen zu können, ein Spiel, das ebenfalls an diesem Ort eine gewisse Tradition innehatte. Wahrscheinlich haben schon Generationen von Kindern hier in Arleblanc Fangverstecken gespielt. Natürlich machte es einen Heidenspaß, sich hinter den vielen Hütten, Felsen und Sträuchern zu verstecken. Mit Taschenlampen bewaffnet, zogen die Kinder davon. Lulu versprach, gut auf Mimi aufzupassen, die dieses Jahr, aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters, das erste Mal mitspielen durfte.
Man konnte die juchzenden Schreie der Kinder von überall hören. Als Hund, mit einem gewissen Schutzinstinkt seiner Familie gegenüber, hat man bei solchen Gelegenheiten keine ruhige Minute. Wachsam lauschte ich dem Kindergeschrei, immer auf der Hut nach Panik oder Angst in einer der Stimmen. Oskar schlief längst tief und fest neben mir; ein junger Hund brauchte nun
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