Willi von Bellden (German Edition)
noch das Baguette.
Tanner und Anny ignorierten Oma einfach, als hätte sie nichts gesagt. Noch nicht einmal ihren Kopf drehten sie zur Seite, geschweige denn hatten ihre Augen sich bewegt. Ich bewunderte sie dafür und nahm mir vor, es ihnen bei nächster Gelegenheit gleichzutun.
»Ich wette, dass Norbert von einer unbekannten Person erpresst wurde«, behauptete Tanner und schlug mit der Faust gemäßigt auf den Tisch, so, als ob er damit seine Behauptung manifestieren wollte.
Anny nickte unschlüssig.
»Aber von wem?«, fragte sie. »Wer könnte ihn erpresst haben, und aus welchem Grund?«
Tanner legte eine spannungsgeladene Pause ein, sodass Anny schon unruhig auf ihrem Stuhl hin und her zappelte, doch sie kannte ihren Mann und unterbrach ihn nicht.
»Es kommt nur einer dafür infrage, nämlich derjenige, der das Bild mit dem Toten aufgenommen hat!«
Auf diese Idee war ich schon viel früher gekommen, dachte ich nur müde, aber auch ein wenig stolz, dass ich den besseren Spürsinn bewiesen hatte. Basko nickte mir gefällig zu, was so viel bedeuten sollte, wie dass ich vor Tanner auf die Idee gekommen war.
»Wir müssen nochmals ganz von vorne beginnen. Am besten fangen wir bei den Dolmen an, die Toni besuchen wollte, wenn wir schon einmal hier sind«, meinte Tanner zu Anny gewandt, »schließlich hat dieses Gebiet mehr oder weniger mit dem Fall zu tun. Vielleicht ist Toni sogar entgegen unserer Meinung doch hierhergekommen!«
Am folgenden Tag machten wir beim Markieren unserer Lieblingsplätze eine weitreichende Entdeckung. Besser gesagt Basko sah sie als Erster.
»Wau!«, hörte ich ihn nur neben mir ausrufen, während ich gerade einen Pfosten überpinkelte, an dem ein etwas älterer Rüde wohl seine letzten Kräfte gelassen hatte, wenigstens interpretierte ich diesen Geruch so.
Verwundert versuchte ich, meinen Blick in die Richtung zu lenken, in die Basko wie versteinert starrte.
Eine Huskyhündin spazierte hoch erhobener Rute unweit an uns vorbei, geführt von einer mindestens ebenso attraktiven jungen Dame, die bewundernde Blicke in unsere Richtung schickte, nur dass ihre Augen nicht im entferntesten so blau waren wie die der Hündin. Basko bekam wahrhaftige Stielaugen; hätte ich ihn in diesem Moment nicht weggezerrt, würde er wahrscheinlich immer noch dort sitzen und ihren wohlriechenden Duft in sich aufsaugen.
»Komm schon!«, forderte ich meinen Kumpel auf. »Auch wenn sie dir gefällt, ist es unserer nicht würdig, ihr so hinterherzuglotzen!«
Anscheinend litt auch sein Gehör heftig unter der spontanen Liebeswallung, denn ich musste meinen Freund richtiggehend hinter mir herzerren. Als Sammy uns erblickte, vermutete er zuerst, Basko hätte einen Unfall gehabt und wollte mir helfen, ihn zu bergen. Aber zweifellos hatte ihn ein ähnliches Phänomen erfasst, das sein Bewusstsein in den folgenden zwanzig Minuten trübte.
Erst gegen Abend verblasste die Huskydame in seinen Augen ein wenig, und man konnte wieder mit ihm reden.
»Basko, Sammy!«, rief ich meine Freunde zu mir, als alle wegen des Abendessens beschäftigt waren.
»Ich habe nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, wir müssen so schnell wie möglich wieder zu den Dolmengräbern!«, sagte ich so wichtig, wie ich nur konnte, um keinen Zweifel an der Richtigkeit meiner Überlegung aufkommen zu lassen.
»Immerhin war es ein wichtiger Abschnitt auf Tonis Reiseplan, sonst hätte er es Selma gegenüber nicht erwähnt. Und nun ist auch noch Chloe hier aufgetaucht, was die Behauptung nahelegt, wir müssen genau dort ansetzen und nach Spuren suchen!«
Basko und Sammy stimmten mir ohne Zweifel zu; jedoch hegte ich den Verdacht, dass Basko ganz und gar nicht bei der Sache war, die Huskydame quoll nämlich wieder langsam in seinen Augen auf. Ich seufzte tief, kuschelte mich neben meinen schlafenden Sohn, der den lieben langen Tag mit den Kindern herumgetobt hatte, und dachte noch eine Weile darüber nach, wie es Churchill und den Kleinen wohl ergehen mochte. Irgendwie freute ich mich mehr denn je, wieder nach Hause zu kommen. Doch vorher hatten wir hier noch einiges zu erledigen.
Tine und Achim besuchten uns am nächsten Tag, und wir fuhren gemeinsam mit Friedhelm und Anita, die in Rosières am Supermarkt auf uns warteten, zu einer Ölmühle, die am Anfang eines höher gelegenen Dorfes ganz in der Nähe von Lablachère liegt. Anita und Friedhelm hatten vor vielen Jahren zusammen mit Tine und Achim das schöne Haus in den Weinbergen
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