Willi von Bellden (German Edition)
unweit des Campingplatzes Arleblanc gekauft. Mit ihnen hatten wir schon viele schöne Feste gefeiert, denn Friedhelms Humor war legendär, und Anitas gutes Gespür für Menschen machte es leicht, sie von ganzem Herzen zu mögen. Ich liebte es, bei ihnen oben in den Bergen zu Besuch zu sein. Natürlich muss ich zugeben, dass ich Menschen danach bemesse, wie viele Knochen oder andere Leckereien sie mir schon haben zukommen lassen, und da muss ich sagen: Anita lag unter den ersten vier.
Schon der Weg zu der Ölmühle war wunderschön. Große starke Bäume, an denen buntes Laub hing, säumten die kleinen Straßen, und auch der ein oder andere Fahrradfahrer, den wir hinter uns ließen, kämpfte sich dem Berg hinauf.
Am Morgen hatte Basko sehnsüchtig nach der Huskydame Ausschau gehalten, sie aber nirgends entdecken können, was auch auf die Leinen zurückzuführen war, an denen uns Mimi und Denise, die Tochter von Katja und Frank, führten. Klaglos verrichteten wir unsere Notdurft, mehr schlecht als recht, da wir es nicht bevorzugen, Zuschauer dabeizuhaben. Doch es blieb uns nichts anderes übrig. Am schlimmsten fand ich jedoch die ständigen Ausrufe der Kinder, wenn ich mich nach hinten krümmen musste, um der Notwendigkeit einer gelungenen Verdauung zu frönen.
»Ohhhhh, die sehn ja aus wie kleine Würste!«, schrie Denise und verfiel in einen schrillen Tonfall des Entzückens.
»Und das, was Willi da gerade gemacht macht, sieht aus wie ein Sahnehäubchen obendrauf! Er ist bestimmt ein Bäckerhund.«
Die Mädchen kugelten sich vor Lachen.
Dann wurden wir weitergezogen. Die Markierungen der anderen Rüden auf dem Campingplatz zu überpinkeln, konnten wir uns sparen, denn kaum hatte einer von uns das Bein gehoben, da wurden wir auch schon wieder weggezerrt, in Richtung einer Blume, eines Stockes oder mitten in die Geheimgänge zahlreicher Gebüsche, denen ich mich normalerweise nicht einmal im Traum genähert hätte. Der Höhepunkt ihres Spieles, und auch gezwungenermaßen der unsere, war, als sie uns geschlagene fünfunddreißig Minuten an einen Pfosten banden, der zwischen einer Hecke und einem Zaun lag. Basko, Sammy und ich schauten uns an und genossen unsere fabelhafte Aussicht auf den jeweils anderen von uns, während der Kinder vergnügte Schreie uns nicht vergessen ließen, wem wir hilflos ausgeliefert waren. Als Tanner irgendwann um die Ecke unseres Gefängnispfostens kam, glaubte ich im ersten Moment, niemals in meinem Leben ein schöneres Gesicht gesehen zu haben. Sammy und Basko musste es wohl ebenfalls so ergangen sein, denn sie warfen meinem Herrchen verliebte Blicke mit dunkelroten Herzen in der Mitte zu.
Meine Meinung über sein gutes Aussehen revidierte ich in den nächsten Stunden eiligst wieder. Auch Basko und Sammy bestritten, jemals Gefühle für ihn entwickelt zu haben. Folgendes hatte sich nämlich in dem kleinen angrenzenden Restaurant der Ölmühle zugetragen: Tanner, wieder einmal ganz der Alte, schnappte sich drei Merguez und fuchtelte damit in Zeitlupe ganz, ganz langsam in unsere Richtung. Unsere Augen hafteten sich an diese Würste, deren Anzahl und Aussehen wie für uns gemacht schienen. Nicht den Bruchteil einer Sekunde wagten wir daran zu zweifeln, dass sie ein Geschenk unseres Gönners an uns waren. Und genau in dem Moment, als ein Tropfen meines Speichels sich selbstständig machte und mir aus der Schnauze troff, zog Tanner die Würste mit einem Ruck von uns weg, lachte schallend und biss genussvoll in eins davon hinein.
Es gibt Begebenheiten, die brennen sich tief in den Kopf und in die Seele. Das war so eine.
Obwohl er uns am Schluss noch die Endstücke hinwarf; ich boykottierte sie beharrlich. Basko war dies nur recht, er schnappte sie sich und leckte sich dann genussvoll über die Schnauze. Ich ärgerte mich danach noch die ganze Fahrt über. Über mich, über Basko, aber am allermeisten ärgerte ich mich über Tanner; so lange, bis wir an den Dolmen ankamen und mein Interesse endlich an den weitaus brisanteren Dingen geweckt wurde. Anny hatte einen ganzen Karton feinstes Speiseöl gekauft, etliche Olivenöl-Seifen und diverse andere Kleinigkeiten, die sie alle zu verschenken gedachte. Das Auto duftete wie eine Parfümerie. Sogar Oskar rümpfte die Nase.
Die Absicht meiner Familie, an diesem Tag wieder zu den Dolmen zu fahren, schien uns Hunden völlig entgangen zu sein, denn wir waren alle sehr überrascht – außer mein Sohn, dem es egal war, wo und wann er spielen,
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