Willi von Bellden (German Edition)
wirklich viel Mühe mit dem Essen gegeben, und wir Hunde hatten ein leichtes Spiel, alles Heruntergefallene sofort zwischen unsere Zähne zu bekommen. Auf einem großen Tisch waren unzä hlige dünne Fladen zu einem Turm aufgebaut. Als Belag konnte man wählen zwischen angerührtem Quark, geraspelten Äpfeln, was nicht ganz unserem Hund’schen Geschmack entspricht, Tomaten, gegrillten verschiedenartigen Gemüsesorten, Wildschweinschinken am Stück und schärferen Sachen wie Jalapeños oder Peperoni. Immer wieder fielen kleine Brö ckchen für uns ab, welche wir brüderlich teilten. Einmal jedoch vertat ich mich, indem ich gierig nach einem dieser grünen Jalapeño-Ringe schnappte und dieses auch aus Versehen verschlang. Keine zwei Sekunden später meinte ich, Feuer spucken zu müssen. Meine Schnauze fühlte sich so heiß an wie die Hölle, und mein Geschmackssinn war völlig abhandengekommen, und zwar für den gesamten Abend. Erst am nächsten Tag konnte ich wieder halbwegs schmecken und riechen. Wie ein Verrücktgewordener sprang ich unter den Tischen hin und her, während sich Basko und Sammy vor Lachen krümmten. Ich hatte wieder einmal die Schadenfreude auf meiner Seite. Da ich mich gleichzeitig über meine Gier und Maßlosigkeit ärgerte, reagierte ich gereizt auf das höhnische Gelächter meiner Kameraden, was diese nur zum Anlass nahmen, noch mehr über mich zu spotten. Den restlichen Abend verbrachte ich beleidigt im Auto, in welchem auch nach dem Essen die Kinder saßen, um sich eine DVD anzusehen. Bei Sammy verwunderte es mich nicht weiter, dass er mich nicht aufsuchte, um sich zu entschuldigen, aber von Basko war ich zutiefst enttäuscht. Ich hatte mehr Empathie von meinem besten Freund erwartet. Ich nahm mir vor, niemals wieder mit ihm zu bellen, was ich genau bis zum Morgen durchhielt, als es nämlich darum ging, weitere Pläne für unsere Todesschwadronermittlungen zu machen.
»Ich denke, wir sollten Willi zu unserem Todesschwadronanführer machen«, meinte Basko ernst. »Er ist der Erfahrenste von uns und derjenige, der mit dem besten kriminalistischen Spürsinn ausgestattet ist.«
Von da an beschloss ich, meine Ignoranz gegenüber meinen Kameraden aufzugeben, denn sie brauchten mich anscheinend dringend. Beste Freunde soll man in Notsituationen nicht im Stich lassen, dachte ich mir und gab mich versöhnlich, indem ich ihnen genau erläuterte, wie die weitere Vorgehensweise im Fall Toni aussehen konnte.
Als wir uns aber gerade zu einer wichtigen Krisenbesprechung zusammentun wollten, lief draußen an unserem Fenster besagte Huskyhündin mit erhobenem Schwanz vorbei. Ab diesem Zeitpunkt war es Basko unmöglich, sein Gehirn adäquat zu benutzen. Er reagierte weder auf Ansprache noch auf Blicke, sondern klebte mit seinem gesamten Körper nur noch an der Scheibe, um keinen Blickwinkel unberücksichtigt zu lassen, aus dem es eine Chance gab, die Huskyhündin zu sehen. Doch dies alles war vergebene Liebesmüh; sie war längst über alle Berge und übrig blieb ein hechelnder Basko, der eine Ausstrahlung hatte wie ein abgekämpfter Doppelmarathonläufer.
»Mein Statement zu Tonis Aufenthaltsort – ob lebendig oder schon tot: die Dolmen! Ich tippe, dass er dort irgendwo ist. Entweder haben sie seine Leiche verbuddelt oder ihn irgendwo eingesperrt«, sagte ich zu den anderen gewandt. »Vermutlich wäre es das Beste, einen Hundekameraden zu engagieren, der in dieser Richtung ausgebildet ist, aber wie sollen wir das Tanner oder Anny vorschlagen? Dazu fällt mir nichts ein.«
»Ich stimme dir zu, dass Toni auf jeden Fall dort gewesen sein muss, alles andere halte ich für reine Spekulation«, meinte Basko. Damit hatte er wohl recht, aber ich fühlte mich gezwungen, meine These bezüglich Toni zu verteidigen.
»Der unbekannte, äußerst intensive Geruch, den wir aufgespürt haben, könnte ein Hinweis darauf sein, dass jemand dort unten verbuddelt liegt oder jemand unter der Erde haust. Für einen Kurzaufenthalt ist der Geruch zu penetrant.«
»Mmmmh ...«, machte Sammy, sagte aber sonst nichts dazu.
Ich konnte es ihm nicht übel nehmen, immerhin war dies alles Neuland für ihn.
»Diese ganzen Theorien nutzen sowieso nichts, wenn uns im Grunde genommen die Pfoten gebunden sind. Egal, ob Toni dort bei den Dolmen war, ist oder längst an einem anderen Ort dieser Welt weilt, wir können nichts tun«, sagte Basko und wirkte bei diesen Worten verzweifelt; wegen Toni oder der Hündin konnte ich nicht sagen, aber
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