Willi von Bellden (German Edition)
schnüffeln oder die Welt erkunden konnte.
Kurz nachdem wir ausgestiegen waren, um einen weiteren Spaziergang und eine uns nur recht kommende Suchaktion in Sachen Toni zu starten, rief ich mein Ermittlungsteam »Todesschwadron« zusammen, um sofort eine systematische Strategie zu entwickeln. Durch einen kleinen Schlag gegen die Brust mithilfe einer der zahlreichen schönen Steine, die am Boden lagen, erhoben wir den verdutzten Sammy in den Stand eines Todesschwadronmitglieds und beschworen ihn, dieser Einheit niemals untreu oder verräterisch-ketzerisch zu begegnen. Er versprach es mit heiligem Blick; was blieb ihm auch anderes übrig?!
Nach kurzen Überlegungen wollten wir dem eigenartigen Geruch, den ich beim letzten Mal wahrgenommen hatte, nachgehen und herausfinden, wo er am intensivsten zu erschnuppern war. Außerdem wollten wir auf Höhleneingänge und dergleichen achtgeben.
Tanners und Annys Ziele schienen mit unseren ziemlich konform zu sein, außer dass sie nicht dem Geruch folgen wollten, sondern potenziellen Spuren des Altertums. Auch gut. Unabgesprochene Teilung der Aufgaben hat auch etwas für sich, wobei wir Hunde eindeutig im Vorteil sind, was Spuren oder Gerüche angeht. Nur den besseren Gesamtüberblick, den haben zweifelsohne die Zweibeiner, nämlich eben deshalb.
Es dauerte eine Weile, bis wir alle den Pfad zu den Dolmengräbern beschritten hatten. Teilweise war es mühsam zu laufen, da immer wieder Felsbrocken im Weg lagen, sogar kleinere umgestürzte Baumstämme hatten andere vor uns schon zur Seite getragen. In dieser Beziehung hatten die Franzosen die Ruhe weg. Das ist ein weiterer Grund, weshalb ich die französischen Wanderrouten bevorzuge; sie bieten natürliches Erleben und Abenteuer pur, was man auf deutschen Wanderwegen kaum noch antrifft.
Kaum waren wir unterhalb der Dolmengräber angelangt, als dieser merkwürdige Geruch schon wieder in meine Nase drang.
»Basko!«, rief ich meinen Todesschwadronkumpel zu mir und machte ihn auf den unbekannten Duft aufmerksam. Er nahm sofort Witterung auf, aber ihm erging es so wie mir zwei Tage zuvor. In einem Radius von sechs bis sieben Metern konnte man ihn gut erschnuppern, jedoch war es unmöglich, ihn weiter zu verfolgen oder gar genauestens zu orten. Auch Sammy versuchte sein Glück, aber auch ihm gelang es nicht. Das bekannte Kribbeln in meinem Bauch stellte sich wieder ein, was nur bedeuten konnte, dass ich mich auf einer heißen Fährte befand, die mir jedoch noch vollends verborgen blieb. Irgendetwas an diesen Ausdünstungen rief Erinnerungen wach, die ich nicht einordnen konnte zu Geschehen oder Personen.
Sosehr ich mich auch konzentrierte, es fiel mir nicht ein. Außerdem war uns noch immer unklar, woher dieser Geruch kam. Es war so, als säße er in den Ritzen der Steine und in den Poren der Erde, ohne dass jemand eine Ahnung hatte, wie er hierhergekommen war.
Tanner und Anny hingegen hatten eine kleine Einbuchtung in den Felsen entdeckt, die aussah wie ein verstopfter Höhleneingang. Achim, Friedhelm und Tanner machten sich mit Manneskraft daran, den Eingang freizubekommen, wie auch Oskar und die Kinder, für die das ein willkommenes und zusätzliches Abenteuer darstellte. Anny, Anita und Tine hingegen packten aus den mitgebrachten Rucksäcken Getr änke, Baguettes und Käse aus. Hunde natürlich außen vor. Diesen Tag würde ich gerne noch erleben, an dem der menschliche Freund für seinen Hund’schen Freund, den er angeblich niemals missen möchte, ein ihm ebenbürtiges Mahl mitbringen würde.
Ohne dass ich es bemerkte, hatte ich einen tiefen Seufzer ausgestoßen, den Sammy sowie auch mein Freund Basko zum Anlass nahmen, mich fragend anzustarren. Doch noch ehe ich mich erklären konnte, stieß Tanner auf einmal einen dunklen lauten Schrei aus. Verwundert liefen wir in seine Richtung und konnten nur erkennen, dass alle über etwas gebeugt an der Stelle standen, an der die Männer die Steine entfernt hatten.
Langsam kamen wir näher, und schon bald konnten wir erkennen, was der Grund für Tanners Ausruf gewesen war. Zwischen dem ganzen Geröll lugte der verschmutzte Ärmel einer Jacke heraus. Aufgeregt kramte Tanner in deren Taschen. Ich merkte, wie starr mein Körper wurde, als ich wie gebannt auf Tanners Hände schaute. Eine verstaubte Brieftasche kam zum Vorschein, und in diesem Moment befiel mich eine fürchterliche Vorahnung, die sechs Sekunden später düstere Wahrheit wurde.
»Sie gehört Toni«, sagte Tanner mit rauer
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