Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition)
langsam mein Augenlicht wieder. Zwischendurch schossen Blitze durch mein Gehirn. Vorsichtig streckte ich meinen linken Fuß, und hätte dabei sofort losjaulen können. Jeder Knochen in meinem Körper tat höllisch weh.
„Willi“, hörte ich Tanners Stimme, so als ob er ganz weit weg wäre. „Willi, alter Kumpel, mach bloß nicht schlapp!“ Er rüttelte mich zaghaft an der Schulter, was ich sofort mit einem Stöhnen kommentierte.
„Meine Güte! Ich muss ihn von hier wegbringen, er muss schnellstens zu einem Tierarzt!“ Zwei starke Arme packten mich sanft und trugen mich davon. Noch immer konnte ich nur mit viel Mühe klare Umrisse erkennen.
Eine andere Stimme, die nicht zu George gehörte, mir aber irgendwie bekannt vorkam, sagte: „Soll ich ihnen helfen den armen Kerl ans Auto zu tragen?“
Eine Hand griff nach mir, doch mein Herrchen wehrte sie ab.
„Nein, das tue ich lieber selbst! Aber vielen Dank für die Hilfe.“
„Soll ich sie wenigstens zu ihrem Wagen bringen? Meiner steht gleich beim Eingang. Näher geht’s nicht!“
„Nein, das geht auch so.“
Dieses Mal war Tanners „Nein“ resolut. In seiner Stimme schwang ein unnachgiebiger Ton mit.
„Na, dann ...“, murmelte der andere. „Lassen sie mich bei Gelegenheit wissen, wie es dem Hündchen ergangen ist!“
Ich kannte diese Stimme, ... und allmählich wusste ich auch wieder zu wem sie gehörte! Unter Aufbietung aller Kraft hob ich den Kopf, der sich so schwer wie Blei anfühlte. Er stand etwas abseits von meinem Herrchen und hatte ein fieses Lächeln aufgesetzt. Lackschuh!
Mir wurde es abwechselnd heiß und kalt. Dieser Widerling. Dieses mieseste Arschloch von einem niederträchtigen Mörder!
Wahrscheinlich brachte mich dieser scheinheilige Drecksack, nachdem er mich niedergeschlagen hatte, höchstpersönlich zu Tanner.
Natürlich! So musste es gewesen sein! Er hatte gewusst, zu wem ich gehörte!
Zornig knurrte und bellte ich los, so gut es mein Zustand erlaubte, und schickte ihm wenigstens einige unsaubere Schimpfwörter, inklusive dem Versprechen mir seine Visage zu merken.
Wenn mein Herrchen mich doch nur verstehen könnte ...!
Doch Tanners Griff wurde lediglich etwas fester. Er mahnte mich zur Ruhe.
Aber ich konnte nicht anders. Ich musste ihn auf diesen Mann aufmerksam machen!
„Das Bürschchen ist aber wieder ganz schön fit!“, erwiderte Lackschuh höhnisch. „Zuerst dachte man, sein letztes Stündchen hätte geschlagen, ... und jetzt ... ein zäher Bursche, der Kleine!“
Er lachte.
„Willi“, fuhr Tanner mich barsch an. „Jetzt halt verdammt noch mal die Klappe!“
Lackschuh trat noch einmal näher heran, und ich glaubte jeden Moment vor Wut platzen zu müssen.
„Übrigens, Kieling ist tot! Der Notarzt konnte nichts mehr für ihn tun. Die Axt zerschmetterte ihm den Kiefer und den Kehlkopf. Aber gestorben ist er am Blutverlust, weil auch die Halsschlagader verletzt worden war. Armer Kerl!“
Tanner riss überrascht die Augen auf. „Ich verstehe nicht ganz, ... Kieling ist ... tot?“
„Oh, ... sie wissen es nicht? Das muss ihnen wohl in dem Tumult entgangen sein, aber Kieling wurde oben am Kampfplatz von einer Wurfaxt erwischt. Ein schrecklicher Unfall! Wahnsinn, dass einer so sterben muss. Finden sie nicht?“ Er schüttelte fassungslos seinen Kopf.
Ich konnte ihn riechen. Diesen widerlich süßen Geruch nach Zigarre und Möbelpolitur, der ihn umgab. Wieder fing ich böse an zu knurren.
Tanner spürte, dass jetzt Eile geboten war, drehte sich um und ging grußlos davon. Er war noch keine 20 Meter weit gegangen, da holte George uns ein.
„Hab gedacht, ich komm lieber mit. Vielleicht benötigst du Hilfe!“
Tanner nickte freundlich, anscheinend froh darüber, dass ihm ein Freund zur Seite stand.
„Hast du gehört, dass Kieling tot ist?“, fragte ihn Tanner.
„Ja. Gerade eben. Das war wohl der Grund für den riesigen Menschenauflauf und den Krankenwagen. Ich hatte mir nichts dabei gedacht. Passiert ja immer mal was auf solchen Festen. Tragisch nicht wahr!? ... Das ist nun der zweite aus unserem Umfeld, der innerhalb kürzester Zeit eines unnatürlichen Todes stirbt. Nur das hier, war ja wohl ein Unfall!“
„Ja, hab ich auch gehört ...“, antwortete Tanner sichtlich berührt.
Unten auf dem Parkplatz angelangt, fiel meinem Boss schlagartig ein, dass er überhaupt kein Auto dabei hatte. Also legten sie mich zu zweit auf den Rücksitz von Georges Wagen. Bevor wir losfuhren, benutzte er sein
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