Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition)
Handy zum zweiten Mal in dieser Woche. Das war ein Rekord!
Er rief Anny an, um sie zu informieren, was geschehen war, und das wir uns jetzt auf dem Weg zum Tierarzt machten.
Nach einer äußerst schmerzhaften Stunde in Georges holpriger Kiste und in der ungemütlichen Tierarztpraxis, lag ich endlich wieder in meinem Körbchen.
„Eine angeknackste Rippe, starke Prellungen, Blutergüsse auf dem Rücken sowie eine klaffende Wunde am Kopf. Die muss genäht werden.“, so hatte die Diagnose des Arztes gelautet.
Ich selbst fügte in Gedanken hinzu: „Totale Erschöpfung und ungeheures Schlafbedürfnis“.
Ich möchte kein unnötiges Mitleid schüren, aber auf gut Deutsch gesagt: Es tat sau weh! Vielleicht hätten sie doch die Güte mich ein wenig im Nachhinein zu bedauern, denn im Gegensatz zu meinem Herrn und Meister bin ich für Bekundungen dieser Art durchaus empfänglich!
Doch das schlimmste an der ganzen Sache war, dass ich dafür auch noch die Schuld bekam. Natürlich hatte dieser doofe Lackschuh, Tanner nicht die Wahrheit erzählt, sondern ihm eine niederträchtige Lügengeschichte aufgetischt!
Angeblich hatte ich eine wilde Beißerei mit einem großen braunen Artgenossen. Im letzten Moment sei ich gerettet worden, hieß es. Natürlich von niemand anderem als von diesem Schleimpilz, der mir mit dem Ast eine verpasst hatte! Grotesk! Es war zum Auswachsen!
Diese Lüge musste ich aus der Welt schaffen, und zwar schnellstens. Es war sehr wichtig für mich, dass Tanner die Wahrheit erfuhr. Aber wie sollte ich das anstellen? Nach der Rangelei mit Dago war ich für ihn einfach nicht mehr glaubwürdig. Sonst hätten alle gewusst, dass ein solches Verhalten eigentlich nicht meine Art war. Jetzt lag ich erst einmal in meinem Körbchen, und musste alle Pläne auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Ich war einfach nur müde, platt und voller Schmerzen.
Die Kinder und Anny hatten sich es natürlich nicht nehmen lassen, mir einen Krankenbesuch abzustatten. Das war das einzig Gute an der Sache. Alle waren mal wieder vereint, so wie es sein sollte.
Nachher saßen die kleinen Plagegeister mit den drei Erwachsenen am Wohnzimmertisch und spielten Uno. Mit Ausnahme von Mimi, die ihren Papa mit allerlei Probebohrungen in Nase, Ohr und Augen von den Karten ablenkte. Auch zupfte sie mal gerne etwas fester an Tanners Ohrläppchen oder den Koteletten, so dass Tanner ständig verlor.
Er nahm es mit stoischer Gelassenheit. Mimi hatte in ihrem Alter noch die komplette Narrenfreiheit. Nebenbei, erwähnte ich bereits, wer in unserer Familie eigentlich das Sagen hat?
Unter anderen Umständen hätte ich die Atmosphäre richtig genießen können, doch dieser Tag war nicht der meine.
Ab und zu stand Anny auf, um nach dem Essen zu sehen, Reisauflauf mit Gemüse und Hähnchenfleisch, der im Ofen vor sich hin brutzelte. Lachen und Gemütlichkeit erfüllte den Raum, während ich immer wieder in einen Dämmerzustand sank, in dem ich wirres Zeug träumte. Vermutlich als Folge meiner Kopfverletzung. Ich sah eine Anstecknadel an den Jacken aller Keltenfestbesucher. Sie sah immer gleich aus und alle Leute trugen sie, ohne Ausnahme. Der Typ mit der Sonnenbrille kam wieder, um mir den Rest zu geben.
Nur langsam fand ich wieder ins Reich der Lebenden, musste mir aber immer wieder zitternd ins Gedächtnis rufen, dass ich dies alles nur geträumt hatte.
Wie viel Zeit genau verstrichen war, wusste ich später nicht mehr zu sagen, aber als ich mit einem relativ klaren Kopf wieder erwachte, sah ich als erstes Lulu und Tiara. Sie schliefen tief und fest, auf Wolldecken und Kissen gebettet, neben meinem Hundekorb. Mimi entdeckte ich nirgends, sie schlief wohl oben in Tanners Schlafzimmer.
Anny, George und Tanner saßen bei Kerzenschein am Tisch und redeten. Nach der Anzahl der Flaschen, die auf dem Boden standen, war es schon spät. Sehr spät.
„Ich kann Lamberg nicht ausstehen!“, hörte ich Anny sagen.
„Wie er schon auftritt. Mit seiner angeberischen Sonnenbrille und den italienischen Anzügen! Pah!“ Sie machte eine abwertende Geste.
„Ich mag ihn auch nicht. Aber seine Anzüge sind kein Grund ihn als Arschloch abzustempeln!“, entgegnete Tanner schmunzelnd.
„Für mich schon!“, erwiderte die Frau seines Herzens.
„Also, ich bin auf Annys Seite,“ gab jetzt auch George seinen Senf dazu. „Ich kenne ihn nur vom Sehen, aber der ist auch mir absolut unsympathisch! Diese Vogelvisage, sein Outfit, das affektierte
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