Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition)
holen. Auch mir brachte er ein Schälchen, das ich dankbar annahm.
Als sie den Text überflogen hatte, schaute sie Tanner ernst an.
„Boah, das ist starker Tobak! Die werden versuchen dich fertig zu machen!“ Sie flüsterte fast. „Das wird ihnen überhaupt nicht schmecken!“
„Ich weiß. Aber was sollen sie denn schon tun? Mich umbringen für einen Artikel?“ Tanner lachte.
„Außerdem nehme ich als Archäologe, der sich wissenschaftlicher Aufrichtigkeit verpflichtet fühlt, die Sache mittlerweile persönlich. Du erinnerst dich doch sicher noch, als die üblichen Verdächtigen aus Gemeinde und Archäologieverein immer wieder versuchten mir ins Handwerk zu pfuschen. Diese Amateure! Immer wieder schlugen sie mir Befundinterpretationen vor, die nicht haltbar waren. Sie wollten mehr Häuser in der Siedlung, damit die Einwohnerzahl nach oben zu korrigieren wäre. Sie wollten größere Bauten, die als Adelssitze durchgehen konnten. Sie wollten mehr Bedeutung für den Ringwall. Um jeden Preis! Ich lehnte immer ab, was natürlich zu Zwistigkeiten führte. Einer der Gründe, warum ich damals kündigte!“
Anny nickte gedankenvoll. „Ja, ich erinnere mich nur zu gut, wie wir danach finanziell rumkrebsten bis du dein erstes Buch veröffentlicht hast. Aber ich habe dich immer rückhaltlos unterstützt, weil du ein durch und durch aufrichtiger Mensch bist, der unter solchen Hyänen nicht existieren kann.“
„Danke Schatz. Du weißt wie wichtig mir deine Meinung ist! Aber stell dir vor, die Hyänen sind noch wesentlich dreister geworden. Jetzt schieben sie Albert, dem gutmütigen, leichtgläubigen Burschen, hübsche Fundstücke unter, die gar nicht vom Ringwall stammen. Und Strobel der Lump, deckt das Ganze!“
Er machte eine Pause. und sah Anny tief in die Augen. „Verstehst du jetzt, warum ich diesen Artikel publizieren muss? Selbst wenn keine neuen Arbeitsplätze durch den Archäopark entstehen. Selbst wenn dadurch der Tourismus in der Region nicht floriert, und auch, dass mich alte Freunde deswegen schneiden, bin ich bereit in Kauf zu nehmen ... .“
Anny seufzte vernehmlich, und sagte „Du tust das richtige, das weiß ich! Aber bitte, ihr zwei ...“ dabei schaute sie von Tanner zu meinem gemütlichen Platz am Ofen rüber, „ ... Passt auf euch auf. Ich habe kein gutes Gefühl dabei. Es ist schon so viel geschehen, und ich bin mir nicht sicher, wie weit sie letztendlich zu gehen bereit sind, um ihre Sache durchzudrücken!?“
Tanner stand auf und umarmte sie. Dann folgte ein langer, inniger Kuss, den ich nicht weiter kommentieren möchte. Denn Diskretion ist eine Grundvoraussetzung für einen guten Ermittler.
Und dass es in der Sache Archäopark noch einiges herauszufinden gab, stand für mich fest.
Aber ich muss gestehen, dass mich Annys Worte, wie so oft vorher, berührt hatten. Sie spürte instinktiv, wenn etwas nicht stimmte oder Gefahr im Verzug war. Tanner hatte es ignoriert, und eine schmerzhafte Lektion gelernt, als Deschler über ihn hergefallen war.
Ich beschloss ihren Rat diesmal zu beherzigen.
Draußen hatte es angefangen zu schneien. Das erste Mal in diesem Herbst. Ich beobachtete den lustigen Tanz der Flocken durch die Scheiben der Haustür und hätte gerne einen Spaziergang unternommen. Mein Boss machte aber nicht den Eindruck, als hätte er an diesem Nachmittag noch irgend etwas geplant. Er hatte die Strapazen der letzten Tage wohl noch nicht ganz weggesteckt und wirkte völlig übermüdet. Ich selbst war voller Tatendrang, doch hatte ich, da mein Herrchen schwächelte und alle Tore in die Freiheit verschlossen waren, kaum eine Alternative. Also schloss ich mich ihm an und wir hielten ein kleines Schläfchen unter Männern.
Als ich erwachte, dämmerte es bereits und draußen hatte sich eine dicke Schneedecke über alles gelegt. Ich hörte Tanner in der Küche hantieren und machte mich sogleich auf die Pfoten. Vielleicht fiel etwas für mich ab.
Tanner war offensichtlich bester Laune und grinste breit, als ich um die Ecke tippelte und ihn mit erwartungsvollen Kulleraugen ansah.
„Willi, mein bester und allseits verlässlicher Freund!“ rief er, „heute wird’s noch spannend, gleich geht’s los zur großen Prunksitzung, mit vielen Archäologen, vielen Narren, und solchen, die`s noch werden wollen. Heute machen wir Nägel mit Köpfen!“. Es folgte wieder eines seiner ebenso gefürchteten und, wie ich fand, überflüssigen Zitate. „ Alea iacta est !“ und
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