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Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen auf Skios: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frayn
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wie Sie aussehen, nicht vor die Leute stellen und Ihren Vortrag halten können. Ziehen Sie Ihr Hemd aus. Ich wasche es für Sie.«
    »Ich bin okay«, sagte er.
    »Sie sind nicht okay, Wilfred. Sie sind ein totales Wrack. Ziehen Sie es aus.«
    Er zog es aus. »Danke«, sagte er.
    »Hose.«
    Er zog einen Bademantel an und wandte sich diskret um. Wilfred, ja. Sie hatte recht. Er war tatsächlich zu Wilfred geworden, zu einem ungeschickten Schuljungen, der immer das Falsche zu den Mädchen sagte. Er hatte nahezu vergessen, dass er jemals Dr. Wilfred gewesen war. Dr. Wilfred war zu einer unwirklichen Fiktion verblasst, zu einem Geschöpf, dem es nie ganz gelungen war zu existieren.
    »Unterhose. Socken.«
    Sie hielt die verschwitzten Kleider auf Armeslänge von sich und trug sie ins Haus, und er setzte sich langsam wieder auf seinen Stuhl. Auf seinem Teller lagen die zwei letzten Erbsen. Während er sie betrachtete, schienen sie zu den Leberflecken auf Georgies linkem Schulterblatt zu werden. Er spießte sie auf die Gabel auf, eine nach der anderen, und aß sie.
    Dr. Wilfred brauchte lange, um von Mrs. Fred Topplers Wohnung in Demokrit zum Mittagessen in die Taverne zu gelangen, denn immer wieder kam unterwegs jemand auf ihn zu, um privat mit ihm zu sprechen.
    »Ich weiß, es ist schrecklich aufdringlich von mir«, sagte Kate Katz. »Und ich weiß, wie viele Menschen Sie wahrscheinlich bitten, die eine oder andere gute Sache zu unterstützen. Aber hätten Sie einen Moment Zeit, damit ich Ihnen etwas von einer wahnsinnig wichtigen Kampagne erzählen kann, die ich zufällig unterstütze …?«
    Doch jemand anders fasste ihn bereits am anderen Ellbogen.
    »Ich bin ungeheuer beeindruckt von Ihrem Ansatz«, sagte Morton Rinkleman. »Ich bin Mitglied des Kuratoriums von einem kleinen, aber dynamischen geisteswissenschaftlichen College in Tennessee …«
    Doch auch andere Leute hatten ihn entdeckt, und noch bevor Kate Katz oder Morton Rinkleman ausgesprochen hatten, wurden ihm weitere Bitten, Vorschläge und Einladungen aufgedrängt.
    »… expandieren unseren Einsatz in Europa und suchen nach einem Aufsichtsratmitglied …« »… und bitten Sie um einen Besuch bei uns in Sausalito …« »… Ihren Rat bezüglich des Kopra-Futures-Markts in Hongkong …« »… nichts Geringeres als das Ende nationaler und rassistischer Konflikte in ganz Schwarzafrika …« »… unser Haus in Montauk steht Ihnen zur Verfügung …« »… die ansonsten nicht zu verhindernde Ausrottung des Arkansas-Uhus …« »… ein Gehalt in Höhe von dreihunderttausend, wozu selbstverständlich noch Zulagen und Aktienoptionen kämen …« »… hier Literatur zu den Gewohnheiten des Uhus …«
    Als er in der Taverne ankam, hatte sich Dr. Wilfred bereit erklärt, die Schirmherrschaft von fünf Kampagnen und Wohltätigkeitsorganisationen und die Präsidentschaft von zwei Instituten der höheren Bildung zu übernehmen. Er war zu einem Aufenthalt in sechs amerikanischen Bundesstaaten eingeladen worden, sollte vor sieben Lunch-Clubs und Damenzirkeln sprechen und hatte wohltätigen Einrichtungen Spenden in Höhe von ungefähr fünfzigtausend Dollar zugesagt, doch andererseits waren ihm Direktorenposten und andere Ernennungen in Aussicht gestellt worden, die ihm ein Einkommen von mehreren Millionen Dollar einbringen würden.
    Er hatte sich gerade erst zu Tisch gesetzt, als ihn die Kunde von seiner jüngsten Errungenschaft im Leben einholte. »Wie ich gehört habe, können Sie bei Rückenproblemen Wunder bewirken, Dr. Wilfred! Bei mir hat sich der vierte Lendenwirbel verschoben …« »… ein weißglühender Grillspieß durch das Genick …« »… ein Schmerz genau hier …« »… ganz genau dort …« »… ein merkwürdiges Summen in meinem linken Ohr …«
    Als er sich Salat nahm, stellte er fest, dass er auch zu einem Berater in Fragen der Kinderbetreuung und spiritueller Werte geworden war.
    »… ich verstehe natürlich die Probleme, die Eltern mit pubertierenden Jungen haben, aber ehrlich gesagt, Wade ist jetzt siebenunddreißig …« »… das Gefühl, dass es im Leben noch mehr geben muss als Puccini und Linguine mit Vongole …«
    Er nahm seine Gabel.
    »Ich verstehe immer noch nicht …« sagte Professor Ditmuss.
    Dr. Wilfred steckte die Gabel in den Salat, doch plötzlich verschwand der Salat vom Tisch und die Gabel aus seiner Hand. Er schaute sich um. Nikki hielt beides in die Höhe.
    »Zwiebeln!« sagte sie. »Dagegen sind Sie wahnsinnig

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