Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
alles bewirken?
»Ja, in der Woman’s Own, sie hat es beim Friseur gesehen.« Jetzt klingt Bens Stimme leicht verlegen. »Ich habe ihr erklärt, dass es wahrscheinlich mit deinem Job zusammen hängt. Aber sie sagt, in dem Artikel steht, du würdest regelmäßig mit ihm ausgehen. Mit Randy Jones, meine ich.«
»Ach ja – Randy Jones ...«, wiederhole ich gedehnt und versuche, Zeit zu gewinnen. Irgendwie war ich nie auf den Gedanken gekommen, Ben und Jenny würden jemals etwas von Randy Jones mitbekommen. Im Fernsehen schauen sie sich nur die Kindersendung Sesamstraße oder Welt der Gärten an. Wenn ich babysitte, gehen sie für gewöhnlich mit jemandem vom Gartencenter essen und diskutieren wahrscheinlich – vermute ich mal – über Gartenvliese, Blattläuse und schädliche Honigpilze. Randys Welt ist meilenweit von ihrer entfernt und ihre von seiner. Wenn Ben diesen Namen ausspricht, kommt es mir so vor, als würde eine Großmutter ihrem Enkelkind empfehlen, es solle chillen.
»Ja, Randy Jones«, bestätigt mein Bruder. »Klar, das klingt absurd. Ist sicher reiner Unsinn, nicht wahr?«
»Haha – natürlich! O Gott, du kennst doch die Medien, Ben. Man darf wirklich nicht alles glauben, was man dort liest. Nicht einmal der guten alten Woman’s Own.«
»Ich wusste es doch!«, jubelt er, und ich höre, wie er eine Hand über die Sprechmuschel legt und zischt: »Habe ich es dir nicht gesagt?« Vermutlich redet er mit Jenny, die vielleicht gerade eine Ausgabe – von was? – durchblättert. Vom Guildford Advertiser? Sucht sie noch skandalösere Enthüllungen? »Das habe ich Jenny gleich gesagt – Lizzy ist viel zu vernünftig, um sich mit so jemandem einzulassen.«
Entrüstet schnappe ich nach Luft. Ben hat sich mit achtzehn in Jenny verliebt und sie mit einundzwanzig geheiratet, er ist der Vater eines Sohnes, und er trägt – um Himmels willen – Birkenstock -Schuhe! Und er hält mich für vernünftig?
»Nun, um ehrlich zu sein – äh –, ganz so ist es auch wieder
nicht«, stammle ich. »Ich meine – ich bin ein paar Mal mit Randy ausgegangen. Aber es ist wirklich nichts Ernstes, trotz allem, was du vielleicht in der Presse liest. Und – haha, da kursiert so ein blödes Gerücht, dass wir heiraten würden. Aber ich schwöre dir, das ist wirklich totaler Unsinn.«
»Moment mal, was hast du gesagt?«, fragt Ben in scharfem Ton. »Du gehst tatsächlich mit Randy Jones aus?«
»Nicht direkt, manchmal treffen wir uns«, sprudle ich hervor, »nur so.«
»Warum hast du uns das nicht früher erzählt?«, fragt Ben, immer noch hörbar schockiert.
Im Hintergrund schrillt Jennys Stimme ganz deutlich.
»Habe ich es dir nicht gesagt?« Flüster, flüster. »Stand in der Woman’s Own.«
»Nimm es nicht so wichtig! Ich habe eben erst angefangen, mich mit Randy zu verabreden. Und ich wollte nicht gleich lauthals die Familie informieren.« Wieso habe ich mir jemals eingebildet, ich könnte mit diesem Quatsch unbeschadet davonkommen? Ich hätte ahnen müssen, dass Randys zügelloses Liebesleben viel mehr Leute interessiert, als ich es mir in meiner weltstädtischen Seifenblase vorgestellt habe.
»Also gehst du mit ihm aus«, resümiert Ben.
»Ich treffe mich ab und zu mit ihm«, gebe ich zu und versuche, die Einzelheiten meiner Scheinbeziehung zu definieren. Ich weiß nicht, warum ich Ben diesen subtilen Unterschied klarzumachen versuche – den Unterschied zwischen »mit jemandem ausgehen« (ernsthaftes Engagement, Zusammenkünfte mit Verwandten und Freunden, Zukunftspläne, ein richtiges Paar) und »jemanden treffen«
(einfach nur miteinander rumhängen, mal sehen, was draus wird, keine Pläne über die nächste Woche hinaus, definitiv kein Paar). Weil er schon so lange mit Jenny zusammen ist, weiß er nicht, wie das heutzutage funktioniert. Ich wäre nicht überrascht, wenn er mich fragen würde, wie lange Randy mir schon »den Hof macht«.
»Hör mal, Lizzy, ich sage nicht, dass du es an die große Glocke hängen sollst. Aber findest du nicht, du hättest uns informieren können, bevor wir es in irgendeiner Zeitschrift lesen? Hast du es Mum schon erzählt?«
»Natürlich nicht, du Idiot!«, fauche ich. »Und wage es ja nicht, ihr was zu sagen!«
Glücklicherweise fällt meine »Beziehung« zu Randy mit Mums alljährlichem, zwei Monate langem Aufenthalt in einem Aschram in den Ausläufern des Himalaja zusammen. Mag Randy auch zum Star aufgestiegen sein – im Subkontinent ist sein Name
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