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Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pippa Wright
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letzten zwei Tagen ein schwacher Hoffnungsschimmer in mir aufgekeimt – und
ein Gefühl, das lange geschlummert hat, endlich wieder erwacht, von Randys charmanter Aufmerksamkeit entflammt. Reiß dich zusammen, Lizzy, ermahne ich mich. Du weißt ganz genau, was er für ein Mann ist. Er flirtet genauso selbstverständlich, wie er atmet. Was am Wochenende passiert ist, war ein Fehler, eine Verirrung. Zweifellos denkt Randy genauso, und das muss die Message sein, die er mir mit den Oma-Unterhosen geben wollte. Aber ein anderer Teil von mir, der ebenfalls aus einem langen Schlaf erwacht, steckt zwei Finger mit dem Victory-Zeichen in die Höhe. Endlich ist die enthaltsame Phase vorbei. Sogar ziemlich stilvoll. Für ihn bedeutet es nichts. Für mich auch nicht. Na und? Ich amüsiere mich nur ein bisschen. War auch höchste Zeit.
    Mein vernünftiges Ich seufzt und schüttelt den Kopf. Denk dran, Lizzy, dies ist das reale Leben. Mit dem Verführer des Jahrtausends zu schlafen, kann doch kein gutes Ende nehmen. Sieh bloß zu, dass du dich rechtzeitig wieder in den Griff kriegst!
    Genau das tue ich.
    Ich stopfe die Unterhosen in meine Schreibtischschublade und beschließe, heute Abend nach Hause zu fahren.

13
    Es kommt mir so vor, als wäre ich Wochen weg gewesen und nicht nur ein paar Tage. Im Flur häuft sich die Post. Quer durch das Bad hat eine Spinne mit fadendünnen Beinchen ein Netz konstruiert. Die Friedenslilie in meinem Schlafzimmer sieht ganz verloren aus. Auf dem Fensterbrett zusammengesunken, lässt sie die normalerweise glänzenden Blätter hängen.
    In allen Räumen rieche ich schale Luft. Ich öffne die Fenster und beginne, Ordnung zu machen. Wie erfreulich und beruhigend, alle Sachen an ihre angestammten Plätze zu befördern, die Wäsche zu sortieren, das Bettzeug zu wechseln, die Pflanzen zu gießen, eine Einkaufsliste aufzustellen, um die Leere in meinem Kühlschrank zu füllen ... Die Oma-Unterhosen lege ich neben die Tür. Ich werde sie der Wohlfahrt spenden, die sie dann vielleicht einer richtigen Oma zukommen lassen wird.
    Auf dem Festnetztelefon finde ich eine Nachricht von meiner Mutter, die immer noch glaubt, Handys würden das Gehirn verbrennen. Deshalb ruft sie mich niemals auf meinem Handy an.
    »Liebling? Liebling! Oh, das ist schon wieder dein verflixter Anrufbeantworter. Ich bin’s, Schatz, und ich will
dir nur sagen, ich habe für dich gebetet. Tut mir leid, dass ich dich verpasse, meine Süße. Du weißt ja, ich darf nur einmal pro Woche telefonieren. Wie in einem Gefängnis! Trotzdem liebe ich den Aschram. Und ich liebe dich. Du fehlst mir. Ein dicker Kuss und alles Gute von deiner Mum.«
    Keine Ahnung, warum sie jede Nachricht auf dem Anrufbeantworter wie einen Brief beendet. Ich vermisse sie auch. Zum ersten Mal, seit ich Randy regelmäßig treffe, wünsche ich mir, Mum wäre nicht so weit weg. Und ich wünschte, sie wäre eine gemütliche Mutter, die immer zu Hause bleibt. Dann könnte ich zu ihr flüchten und ihr bei selbst gebackenem Kuchen alles gestehen. Zu meinen Füßen würde sich ein dicker Labrador zusammenrollen. Mein Kinderzimmer würde unverändert im oberen Stock liegen. Aber Bens und mein Elternhaus wurde schon vor Jahren verkauft. Und heutzutage backt Mum nur noch unglaubliche Kreationen aus Hanfmehl mit Gemüse. Selbst wenn wir noch einen Hund hätten – der würde das Zeug wohl kaum fressen.
    Als ich sechzehn war, starb unser Dad bei einem Autounfall. Eine wohlmeinende Freundin schenkte Mum Das tibetische Buch vom Leben und Sterben. Von da an war es ein kurzer Weg über Besuche beim WOMAD -Festival, eine plötzliche Vorliebe für farbenfrohe Tuniken (von kleinen tibetanischen Genossenschaften gewoben) und ein Haus voller stinkender Räucherstäbchen (wie ich feststellte, bestens geeignet, um den Geruch meiner Teenager-Zigaretten zu vertuschen) zu Meditationszentren, der Ablehnung von Koffein und Alkohol und der mysteriösen Weigerung, Pilze zu essen (»weil sie im Dunkeln wachsen«).
    Vor fünf Jahren gab sie ihre Stellung als Lehrerin auf, und seither fliegt sie immer öfter nach Asien. Ben und ich versichern einander immer wieder, dass, wenn sie dabei glücklich ist, wir ihren Lebensstil nicht verurteilen sollten. Trotz aller ihrer Marotten, sie ist meine Mutter, und ich vermisse sie. Nun muss ich eine weitere Woche auf ein Gespräch mit ihr warten. In meinen Augen brennen Tränen, und ich höre mir die Nachricht auf dem Anrufbeantworter drei Mal an.
    Nach der

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