Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
habe, sie würde Dan anbetend anschauen, so ist das kein Vergleich zu den Blicken, die sie
Randy zuwirft. Dan ist nur noch ein zweitklassiger Heiliger, von dem man höchstens einen vertrockneten Finger in einem Reliquienschrein verwahren würde. Randy hingegen ist der Messias. Alle paar Sekunden flackern ihre Augen zu seinem Mund, bevor sie die Wimpern senkt und in scheinbarer Scheu die Tischkante betrachtet. Ihre Hand auf seinem Bein wirkt jedoch nicht besonders schüchtern.
Randy neigt den Kopf zu ihr, als würde er befürchten, es könnte ihm sonst eines ihrer Worte entgehen. Aber ich glaube, er will vielmehr ihr Dekolletee genauer mustern. Ein goldener Lederarm umfängt Emmas Hüften. Für eine kleine Weile überwältigt mich das Bild, das die beiden bieten, so schimmernd und beinahe schön.
Dann krampft sich mein Magen zusammen. Was bildet er sich eigentlich ein? Bedeute ich ihm denn gar nichts? Ich bin erst vor zehn Minuten von seiner Seite gewichen, und schon flirtet er mit einer anderen. Ausgerechnet mit Dans Freundin!
Ich spüre, wie Dan neben mir zusammenzuckt. »Was zum Henker...« Er wendet sich zu mir. »Bist du okay, Lizzy?«
»Ja«, antworte ich mit schwacher Stimme. »Und du?«
»Klar bin ich okay«, stößt er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Aber dieser verdammte Randy Jones ...«
Ich darf mir auf keinen Fall anmerken lassen, wie wütend und empört ich bin. Ich weiß, dass Dan dem Superstar liebend gern eine verpassen würde. Das muss ich verhindern, denn es würde die Party ruinieren. Außerdem findet nächste Woche Randys Gala statt, und ich habe versprochen, ihn bis dahin unter Kontrolle zu halten. Eine Schlägerei wäre äußerst ungünstig.
»Überlass das mir«, sage ich, fasse mich, und meine Profi-Vernunft gewinnt die Oberhand. Dass Randy mein »Freund« ist, spielt keine Rolle. In erster Linie ist er ein Klient – und kurz davor, eine peinliche Situation heraufzubeschwören. Also muss ich ihn davon abbringen, das gehört zu meinem Job. »Deshalb sollten wir keine Szene machen. Weiblicher Aufmerksamkeit kann er nur schwer widerstehen, mehr steckt nicht dahinter.«
»Ah, mehr nicht?«, faucht Dan erbost, untermalt vom griechischen Chor seiner Rugby-Kumpel, die ihn umringen, die Arme verschränkt, die Wangen von Zorn und Alkohol gerötet.
»Verdammter Idiot!«, schimpft Bangers in Randys Richtung.
»Warum behandelt er dich so?« Als ich weggehen will, hält Dan meinen Arm fest. »Oder warum betatscht er Emma, direkt vor deiner und meiner Nase.«
»Bla, bla – reißen wir ihm die Eier aus«, murmelt der Rugby-Chor.
»Ja, genau.« Dan will zu dem golden glänzenden Paar stürmen. Blitzschnell packe ich das Revers seines Jacketts, was mich unter anderen Umständen amüsieren würde. Gleich werde ich wie jemand aus dem Fernsehen kreischen: »Lass das, er ist es nicht wert!«
Stattdessen wende ich mich an seine Rugby-Freunde. Eisern halte ich Dans Jackett fest, damit er nicht weglaufen kann. »Dan, Johnno, Paddy – eh – Jungs, es ist wundervoll und ritterlich, dass ihr euch für mich einsetzt. Aber das geht nur Randy und mich was an. Ich wäre euch wirklich dankbar, wenn ihr euch nicht einmischen würdet. Damit komme ich zurecht.«
»Auch mich und diesen Schuft geht es was an«, betont Dan und versucht immer noch, den Tisch anzusteuern, an dem Randy und Emma sitzen und gar nicht merken, was sie anrichten.
»Nein.« Mit aller Kraft umklammere ich die Aufschläge seines Jacketts. »Bitte, Dan, lass es bleiben. Mir zuliebe.«
»Was soll er bleiben lassen?« Hinter der Rugby-Horde taucht Lulu auf, Laurent im Schlepptau. »Was soll das Getümmel? Gibt’s Ärger?«
Dem Himmel sei Dank, ich könnte sie küssen.
»Ach, du weißt ja, wie die Jungs sind, Lu«, seufze ich erleichtert. »Die glauben, weil Randy mit Emma redet, wird meine Ehre verletzt.«
»Oh, darum geht es also?« Sie späht zum Tisch hinüber und erfasst die Situation mit einem kurzen Blick. »Sag mal, was für ein Typ ist das denn? Muss er sein Ladykiller-Image ständig heraushängen lassen? Kann er es denn nicht für einen einzigen Abend vergessen? Wenn du gesehen hättest, wie er es vorhin bei mir versucht hat!«
Laurent runzelt die Stirn, und Lulu drückt beruhigend seine Hand.
»Wisst ihr...«, fügt sie in leisem, verschwörerischem Ton hinzu. Die Rugby-Jungs, sogar Dan, treten näher zu ihr und hören gespannt zu. »Falls er glauben müsste, dass Emma ernsthafte Absichten hegt, würde er
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