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Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pippa Wright
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sechzehn warst, bist du ein und derselbe Dan, nichts bringt dich in Verlegenheit. Das ist so unfair!«
    »Ach, ich weiß nicht.« Beide Hände in den Hosentaschen, lässt er die Schultern hängen. »Auf diesem Foto war ich ziemlich verlegen.« Seine dunklen Locken wippen in die Richtung meiner Schande aus der Grunge-Ära.
    »Wirklich?« Ich sehe mir die Aufnahme genauer an. »Warum? Jetzt siehst du nicht anders aus.«
    »Erinnerst du dich, wo es geknipst wurde?« Eine Braue fragend erhoben, schaut er mich an.
    Nun betrachte ich das Bild etwas genauer. »Ja – in eurem Garten. Das verrät der blaue Schuppen. Nach der Kleidung und der Frisur zu schließen, muss es vor meinem Studium entstanden sein. In den frühen Neunzigerjahren? Aber wann genau wir fotografiert wurden – das weiß ich nicht mehr.«
    »Oh, ich schon. Du wolltest mit Lulu zu einem Konzert gehen.«
    »Tatsächlich? Zu welchem? Wen haben wir gesehen?« Dazu liefert meine Kleidung keine Anhaltspunkte. Ich bin noch nie jemand gewesen, der in T-Shirts mit irgendwelchen Bandnamen drauf herumläuft.
    »Wahrscheinlich eine eurer Bands mit diesen blöden Namen. Carter, der unaufhaltsame Mülleimer, oder so ähnlich.«
    »Sexmaschine«, sage ich automatisch. »Carter, die unaufhaltsame Sexmaschine.«
    »Was auch immer.« Dan lacht wieder. »Damals traf ich dich in unserer Küche an – allein ...«
    Jetzt fällt es mir wieder ein. Ich heulte wegen eines idiotischen
Drummers, der mich nach einer heißen dreiwöchigen Beziehung abserviert hatte. Sobald die Tränen zu fließen begonnen hatten, konnte ich nicht mehr aufhören. Ich weinte aus Kummer über alles und nichts, über Dad und die Hormone, und weil das Leben so unfair und grauenvoll war. Dabei sollte Lulu mich nicht beobachten. Also war ich unten in die Küche geschlichen, um allein zu schluchzen.
    »Ja, ich erinnere mich«, sage ich leise und studiere das Foto immer noch.
    Dan war in die Küche gekommen. Ohne ein Wort zu sagen, nahm er mich in die Arme. Bis zu jenem Moment hatte ich seine Anwesenheit gar nicht bemerkt. Volle fünf Minuten lang heulte ich an seiner Schulter, bevor ich mich wieder beruhigte. Er hatte meinen Scheitel geküsst. Dann hob ich mein tränenüberströmtes Gesicht, und er presste seine Lippen ganz sanft auf meine. Fast im selben Moment hörten wir Lulu die Treppe herabpoltern.
    Als hätten unsere Körper gebrannt, fuhren wir auseinander. Zwei Sekunden später stürmte Lulu in die Küche und verlangte, Dan müsste uns ein paarmal in unseren tollen Klamotten knipsen, bevor wir zum Windsor Old Trout aufbrachen. Das letzte Foto von Dan und mir hatte sie gemacht. Kein Wunder, dass wir beide so unbehaglich dreinschauen ...
    An jenem Abend, auf dem Konzert, lernte ich einen Indie-Typ mit kraftlosen Haaren namens Matt kennen, und wir begannen eine lächerlich leidenschaftliche, unstete Affäre. Die machte mir Spaß, bis ich am Ende des Sommers auf die Universität ging. Jenen Moment in der Küche hatte ich bis jetzt völlig vergessen.
    »Wirklich?«, fragt Dan. »Du erinnerst dich?« Obwohl meine Augen das Foto fixieren, spüre ich alle seine Bewegungen und merke, dass er sich zu mir wendet und mich beobachtet.
    Plötzlich werde ich von hinten umschlungen und von den Füßen gerissen.
    »Wuhaa!«, schreit Johnno und schwenkt mich herum. Dass es Leute gibt, die tatsächlich »wuhaa« sagen, wusste ich gar nicht. Ich dachte, so was liest man nur in Comics, wie »pardauz« oder »uff«. Aber Johnno hat es unmissverständlich in mein Ohr gebrüllt. Nun treibt er etwas mit mir, das sich in meinem Bauch wie das Heimlich-Manöver anfühlt, dieser Erste-Hilfe-Griff bei drohender Erstickung. Verzweifelt tasten meine Füße nach dem Boden.
    »Es reicht, Johnno«, sagt Dan. Nur andeutungsweise verrät sein Tonfall eine gewisse Ungeduld mit seinen Rugby-Freunden, die uns nun vollzählig umzingeln.
    »Hallo«, murmeln Bodders, Bangers, Dusty und Paddy leicht zerknirscht.
    »Fantastische Party, Kumpel.« Endlich stellt Johnno mich auf die Beine und rückt seinen Homer-Simpson-Kummerbund zurecht. »Wir sind nur gekommen, um dir was zu erzählen. Während du hier mit der schönen Lizzy plauderst, wanzt sich jemand an deine Biene ran.«
    Noch bevor Dan was checkt, ahne ich, dass es vermutlich um Randy geht. Wir drehen uns um und schauen in den Saal. Inzwischen hat sich das Gedränge um den Star aufgelöst. Er sitzt wieder am Tisch, in ein angeregtes Gespräch mit Emma vertieft.
    Wenn ich geglaubt

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