Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
beide einzuschenken.
»Meinst du wirklich ...?«, formen meine Lippen. Da legt er einen Finger auf meinen Mund, ignoriert meine Missbilligung und trinkt sein Glas halb leer.
»Außerdem«, fügt Dan hinzu, »feilt mein Dad seit etwa fünfzehn Jahren an seiner Brautvaterrede und durfte noch nie eine Version präsentieren. Lasst uns das heute tun, bevor es zu spät ist. Also darf ich euch alle ersuchen, eure Gläser zu Ehren meines Vaters zu heben, Dennis Miller.«
»Auf Dennis Miller«, murmelt die Menge. Nach kurzem Stühlerücken und leisen Kommentaren schweigen die Leute, und der Vater der Geburtstagskinder erhebt sich.
Mit den Einzelheiten von Dennis’ Rede will ich Sie nicht langweilen. Die ist charmant und witzig, gespickt mit amüsanten Storys über Lulus und Dans Jugend. Natürlich
will ich nicht andeuten, die Ansprache würde einschläfernd wirken. (An diesem Abend höre ich zum ersten Mal, dass die achtjährigen Zwillinge das Wohnzimmer in Brand gesteckt haben, um ihren toten Hamster einzuäschern.)
Aber neben mir rutscht Randy unruhig auf seinem Stuhl herum, und ich erkenne das mangelnde Interesse, welches Leute zeigen, die die Geburtstagskinder nicht kennen. Genauer ausgedrückt, Randys sehr begrenztes Interesse. Deutlich spüre ich seine Ungeduld, während es Dennis misslingt, die Spannung bis zu einer besonderen Pointe zu steigern. Und er lässt auch kein Gelächter zu, welches einige Nebeninformationen übertönen könnte
Da er eine Woche vor seiner Gala immer nervöser wird, kann Randy gar nicht anders – er beurteilt den Vater meiner Freunde nach dem rigorosen Standard der Profi-Comedians und findet ihn natürlich grottenschlecht. Glücklicherweise hat Dennis in uns anderen ein dankbares Publikum.
Am Ende des Vortrags applaudiert Randy genauso frenetisch wie wir alle – wahrscheinlich vor Erleichterung, weil es vorbei ist. »Fabelhafte Rede, Mr Miller«, lobt er und beugt sich über den Tisch hinüber. »Wie ich sehe, habe ich Konkurrenz bekommen.«
Dennis lächelt höflich. Vielleicht hat er eine vage, abstrakte Vorstellung von Randys Ruhm, aber offensichtlich keine Ahnung, welche Konkurrenz der junge Mann meint.
Trotzdem bin ich Randy dankbar für seine Mühe. »Das war süß von dir«, flüstere ich und küsse seine Wange.
Da legt er eine Hand auf mein Knie. Blitzschnell schiebt er mein Kleid hoch, seine Fingerknöchel streifen den Rand meines Slips.
»Randy!«, zische ich und stoße seine Hand nach unten. Dabei sehe ich, wie Sue erstaunt die Brauen hebt. Dann schaut sie errötend weg.
»Tut mir leid, Babe, ich kann einfach nicht die Finger von dir lassen.« Grinsend genießt er die kleine Szene, die er verursacht hat.
»Benimm dich, Randy«, wispere ich in sein Ohr, »und ich verspreche dir, dass ich später genauso unartig sein werde wie du.«
»Genauso?« Er neigt sich zu mir. »Diesem Angebot kann ich unmöglich widerstehen.«
Nach der Mahlzeit und den Trinksprüchen auf die Vergangenheit und Gegenwart der Millers müssen wir nicht mehr an den Tischen sitzen bleiben. Prompt stürmen mehrere Gäste zu Randy. Vom Alkohol ermutigt, nutzen sie die Gunst der Stunde. Kichernde Mädchen lassen sich an seiner Seite von ihren widerwilligen Freunden fotografieren. Aber Randys Charme besänftigt sogar diese mürrischen Jungs. Begeistert lauschen sie den selbstironischen Scherzen über seine unverdiente Popularität an diesem Abend.
Auch die Rugby-Riege schlendert herüber. Netterweise gibt Randy vor, er würde sich an jeden Einzelnen vom Abend im Queen’s Arms erinnern, obwohl wir beide längst festgestellt haben, dass er überhaupt nichts mehr von jenem Desaster weiß. Johnno, Bodders und Bangers betonen voller Stolz, dass sie ihn damals ins Taxi getragen hätten. Natürlich müssen Dusty und Paddy dafür sorgen, dass ihre eigenen Verdienste (Randys Jacke und seine Schlüssel vom Boden aufgehoben zu haben) nicht unbemerkt bleiben. Alle begrüßt er wie gute Freunde. Triumphierend kehren sie zu ihren Frauen oder Freundinnen zurück, Platzdeckchen
mit Autogrammen in den kräftigen Fäusten. Über die Köpfe seiner Fans hinweg winke ich ihm zu und beschließe, ihn für eine Weile allein zu lassen.
Schon nach einigen kurzen Gesprächen mit anderen Gästen steht fest – jeder will mit mir nur über Randy reden. An einige Leute erinnere ich mich dunkel von der Schulzeit her. Jetzt erwähnen sie unsere frühere enge Freundschaft und meinen, wir müssten so viel nachholen und uns bald
Weitere Kostenlose Bücher