Willkommen in der Wirklichkeit
einen Schluck Wein. Er schmeckte fürchterlich.
»Wie fühlen Sie sich jetzt?« fragte Bailey. »Besser? Gut! Und jetzt nehmen Sie die Flasche mit nach Hause und machen Sie sie leer, bevor Sie ins Bett gehen.«
Genau das tat Peck auch.
Am Morgen erwachte er, ohne in die Rippen gestoßen zu werden. Loris saß mit einem Frühstückstablett im Arm auf der Bettkante. Es befanden sich Eier, importierter Orangensaft, künstlicher Kaffee und Toast mit Marmelade darauf. Sie trug ein hauchdünnes Neglige. Sie lächelte Peck an, als er das Tablett ergriff, legte einen Augenblick lang die Hand auf die seine und verschwand dann.
Er schlenderte an seinem tadellosen, grünen Rasen vorbei auf die Straße und zur Bushaltestelle. Kaum hatte Peck sie erreicht, fuhr der Dampfbus an den Straßenrand. Der Fahrer öffnete die Tür. »Guten Morgen, Mr. Peck«, sagte er.
Peck stieg ein, erwiderte den Gruß des Fahrers freundlich, suchte sich einen bequemen Sitzplatz und fuhr zum Büro. Als er vor dem Gebäude angelangt war, in dem er arbeitete, schritt er unter dem Türbogen mit den eingravierten Buchstaben darauf hindurch. ›Amt für Lebnes-Statsitik‹ stand darauf.
Er wunderte sich kurz über die Schreibweise. Aber es ist schon eine tolle Sache, daß wir so eine schmucke Kolonie auf Exmore IX haben, dachte er.
Er ging in sein Büro. Barney Plambeck stand auf, als er eintrat. Barney war groß und stattlich, fast so groß und gutaussehend wie Peck selbst. Sie waren die beiden intelligentesten jungen Männer im gesamten Amt für Lebnes-Statsitik. Peck war allerdings noch eine Spur intelligenter.
»Mr. Bailey bittet dich, gleich mal zu ihm zu kommen, Peck«, sagte Plambeck und grinste ihm freundlich zu.
Peck kam an Olivia Sampson Thompsons Büro vorbei. Sie stand mit dem Rücken zur Tür über den Schreibtisch gebeugt da. Peck gab ihr einen kleinen Klaps auf den Po. »Oh!« rief sie und drehte sich um. Als sie Peck erkannte, ging ein Strahlen über ihr Gesicht. »Oh, ich wünschte, du würdest mir öfter mal deine Aufmerksamkeit erweisen«, sagte sie. »Ich bin so einsam, und die kleine Paulie würde ihren Daddy auch gern öfter sehen.«
Sie schmiegte sich zärtlich an ihn, wobei die Bewegung ihre Bluse verschob und Peck einen Blick in ihren Ausschnitt werfen konnte.
»Ein anderes Mal«, sagte er. »Hast du diese Akte fertig?«
Olivia tat schmollend und gab ihm dann einen makellosen Aktendeckel mit einem sauber getippten Schild darauf. ›Ungeklärte Todesfälle 00073 – 02904‹ stand darauf.
»Mr. Bailey hat gesagt, daß du brillante Arbeit leistest. Er hat dich für eine Beförderung auf die Erde vorgeschlagen. Oh, C.M., wäre das nicht schön …«
Peck nahm den Aktendeckel, ging den Korridor zu Baileys Büro entlang, klopfte kurz an, drückte die Tür mit seiner sorgsam gepflegten und manikürten Hand auf und trat ein.
Plötzlich schmerzten seine Rippen. Und auch sein Knöchel. Ein Handgelenk war von dem Biß des Sandteufels schmerzhaft angeschwollen, und seine Finger pochten. Könnte er doch nur ein Kirin-Bier trinken!
»Kommen Sie herein«, schnauzte Bailey. »Machen Sie die Tür zu! Setzen Sie sich! Zeigen Sie mir mal, was Sie da haben.« Er streckte die Hand aus.
Vor Schmerzen zitternd, gab Peck ihm den Aktendeckel. Er sah einen großen, kreisrunden Kaffeeflecken darauf, der das schludrige, handgeschriebene Schild teilweise überdeckte.
Bailey knurrte, sah voller Abscheu auf den Ordner und warf Peck dann einen verächtlichen Blick zu. »Hören Sie, Peck«, sagte er.
Aber er kam nicht weiter. Er hielt inne und starrte Peck an. »Großer Gott!« keuchte er, warf die Akte in den Papierkorb und wich vor Peck zurück.
Peck schaute in den Spiegel neben dem Ackerheil-Stundenglas an der Wand. Grüne Ohren.
»Warum geschieht das alles?« fragte er.
Originaltitel: ›Agony and Remorse on Rhesus IX‹
Copyright © 1979 by Richard A. Lupoff
(für ›The Ova Hamlet Papers‹).
Erstmals erschienen (unter dem Pseudonym Ova Hamlet) in ›Fantastic‹, August 1972
Copyright © 1990 der deutschen Übersetzung
by Wilhelm Heyne Verlag, München
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Uwe Anton und Silvia Frehse
Michael Iwoleit
Das PKD-Projekt
»Der Tod hat etwas Ungeheuerliches an sich. Tod an sich hat eine gewaltige Macht. Eine Transformation, genauso ehrfurchtgebietend wie das Leben selbst und um so viel schwerer für uns zu verstehen.«
Philip K. Dick
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