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Willkommen in Wellville

Willkommen in Wellville

Titel: Willkommen in Wellville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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sie ihr Boss und Idol eingeweiht hatte.
    »Ich heiße Evangeline«, sagte die größere der beiden, »und ich werde während Ihres Aufenthaltes hier Ihre Diätberaterin sein. Und das« – sie deutete auf das andere Mädchen – »ist Hortense. Sie ist Ihre Kellnerin. Wenn ich Ihnen jetzt die Speisekarte erklären darf, Sir.« Sie räusperte sich. »Sie sehen vermutlich die Zahlen, die neben jedem Gericht aufgeführt sind …«
    Will klammerte sich an die Speisekarte, als wäre sie ein Seil, das über eine Grube mit Krokodilen gespannt war. Seine Tischnachbarn waren verstummt, konzentrierten sich auf seine gedankenreichen Erwägungen: Hier ging es nicht einfach ums Essen, das war Wissenschaft.
     
    FRÜHSTÜCK
    Dienstag, 12. November 1907
     
     
     
    Prot.
    Fett
    Kohy.
    Gr.
    Port.
     
    SUPPEN
    Bohnen-Tapioka
    2,17
    ,4
    8,9
    135
    ½
     
     
    Braune Suppe
    ,54
    ,2
    5,24
    135
    ¼
     
     
    Erbsenconsommé
    7,1
    5,2
    8,6
    OS
    1
     
    HAUPTGERICHTE
    Nußsteak Lissabon
    22,89
    34,47
    16,8
    60
    1¼
     
     
    Protose-Klöpse
    18,6
    21,85
    9,15
    60
    1
     
     
    Nuttolene & Gelee
    12
    22
    26
    75
    1½
     
    GEMÜSE
    Maisbrei
    3.7
    2,9
    23,2
    75
    ¾
     
     
    Gedämpfte Tomaten
    1,4
    ,5
    4,7
    75
    ¼
     
     
    Sahnesellerie
    1,9
    11,9
    4,6
    115
    ¾
     
    BROT
    Kleiebiskuits (2)
    21
    31
    73
    30
    1¼
     
     
    Grahambrot (1)
    10
    4
    61
    30
    ¾
     
     
    Granosebiskuits (2)
    7
    1
    42
    30
    ¾
     
     
    Reisbiskuits (2)
    8,5
    ,9
    96,6
    30
    1
     
    OBST
    Gedämpfte Birnen
    ,7
    1,1
    23,3
    120
    1
     
     
    Bananenscheiben mit geschlagener Meltose
    2,6
    2,0
    106,3
    120
    1½
     
     
    Pflaumenpfannkuchen
    3.4
    10,5
    24
    90
    1¼
     
    GETREIDE
    Glutenbrei
    3,2
    .3
    14,68
    165
    1
     
     
    Grahamgrütze
    2,1
    ,3
    14,9
    165
    1
     
     
    Granuto
    19,1
    5
    91,8
    45
    2
     
     
    Corn-flakes
    10,8
    1,4
    91,3
    25
    ¾
     
     
    Granose-Flocken
    13,4
    1
    83,8
    25
    ¾
     
    GETRÄNKE
    Sorghum-Tee
    1
    1
    8
    120
    1/10
     
     
    Sanitas-Kakao
    13
    89
    23
    150
    2¼
     
     
    Kumyß
    3.3
    5,6
    6,3
    150
    ¾
     
     
    Malzgetränk
    36
    96
    68
    40
    2
     
     
    Milch
    23
    67
    35
    180
    1¼
     
    DESSERTS
    Kürbiskuchen
    4,V
    22,7
    36,5
    165
    3½
     
     
    Ind. Mürbgebäck
    3,64
    9,4
    23,3
    90
    1
     
     
    »Nun«, fuhr sie fort, »diese Zahlen ergeben, wenn man sie zusammenzählt, die Gesamtzahl der verzehrten Kalorien – zählen Sie einfach die Zahlen in der ersten, zweiten und dritten Spalte zusammen und notieren Sie die Summe unter der jeweiligen Spalte. Kennzeichnen Sie jeden verzehrten Gang, unterschreiben Sie die Rechnung und geben Sie sie Ihrem Arzt – für jede Mahlzeit, die Sie am Tag einnehmen. Es ist wirklich ganz einfach.«
    »Ja«, stimmte Will zu, und sein Blick hüpfte von der Diätassistentin zu Miss Muntz und den anderen, »ja, vermutlich ist es das.«
    »Also«, sagte Evangeline fröhlich, »darf ich meine anfängliche Frage wiederholen: Hätten Sie heute morgen gern ein Hauptgericht? Nuttolene und Gelee oder Protose-Klöpse wären für einen Mann in Ihrem Zustand von großem therapeutischem Nutzen.«
    Will fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Sein Magen begann sich wieder zu melden, ein alter Feind, der in die Ecke gedrängt war, sich jedoch nicht kampflos ergeben wollte. »Tja, also«, sagte Will unsicher, »äh, ich glaube, ich hätte gerne Toast. Und Wasser. Ein Glas Wasser.«
    »Toast?« sagten die Mädchen unisono, und ein schockierter, ungläubiger Ausdruck trat auf ihre Gesichter. »Aber gewiß –«, begann die größere, und dann erstarb ihre Stimme. »Wir können Ihnen Toast bringen, selbstverständlich, wenn Sie es wünschen, Sir, aber ich empfehle Ihnen den Maisbrei, die braune Suppe und die Pflaumenpfannkuchen dazu. Das ist das mindeste. Ich verstehe, daß Sie sich nicht in der Lage fühlen, eine reichhaltige Mahlzeit zu verdauen, aber ich rate Ihnen, großzügig zu essen und Ihren Organismus zu entgiften.«
    An dieser Stelle mischte sich der Engländer ein: »So ist’s richtig, alter Junge, den Organismus entgiften. Auch Ihre Flora wird sich verändern, darauf wette ich« – und hier brach der ganze Tisch unerklärlicherweise in Gelächter aus –, »und es ist nie zu spät, den kleinen Kerlchen dabei zu helfen.«
    Will errötete. Flora? Wovon redete er um Himmels willen? Und die Speisekarte. Das war ebenfalls Unsinn. Nuttolene, Protose-Klöpse, Meltose und Gluten und der ganze Rest – Eleanors Kreationen, die keine Ähnlichkeit mit den Gerichten hatten, die er bis dahin gegessen hatte. Er biß die Zähne zusammen und fixierte die Kellnerin.

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