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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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leichter.«

    DREIUNDDREIßIG

    Victor Mesic fühlte sich frisch und entspannt. Es war Donnerstagabend und er hatte soeben eine Stunde im Fitnessraum verbracht, zum Abschluss noch einen Saunagang eingelegt und war dann unter die Dusche gegangen. Sieben Uhr, die Abenddämmerung tauchte alles in ein sanftes, verschwommenes Licht. Victors Sinne waren hellwach. Sein Saab glänzte in der Dunkelheit wie ein riesiges, träges Insekt. Von irgendwoher wehte der Duft gedünsteter Zwiebeln zu ihm herüber und in dem jungen Eukalyptus rund um den Parkplatz hatten sich die Vögel bereits zur Nachtruhe niedergelassen. Aus einem Haus gegenüber drang ein wummernder Bass.
    Jemand öffnete eine Autotür, ließ sie leise ins Schloss fallen und plötzlich beschlich Victor das Gefühl, dass etwas nicht stimme. Zur Gewissheit wurde es, als er die Waffe an seinem Kiefergelenk spürte und jemand leise sagte: »Das ist nicht mein Finger, Vic.«
    Er erstarrte und hob seine Hände hoch.
    »Mach jetzt keinen Fehler«, sagte die Stimme und der Druck der Waffe wurde stärker. »Öffne die Tür, auf der Beifahrerseite.«
    Nun war es also so weit, genau wie er es prophezeit hatte, ihre Gegner machten nicht mal vor der Familie Halt. »Rutsch auf den Fahrersitz.«
    Victor blieb wie angewurzelt stehen. Er verspürte den Drang, seine Blase zu entleeren. »Wer sind Sie? Was wollen Sie?«, presste er mühsam krächzend hervor.
    »In den Wagen, Vic!«, befahl die Stimme und diesmal bohrte sich die Waffe in seinen Rücken. Er stieg ein. Die Waffe kitzelte sein Ohr, als der Mann ebenfalls in den Wagen stieg. Als die Innenbeleuchtung anging, konnte Vic das Gesicht des anderen deutlich sehen. Es war hager, streng, ein Gesicht, das, sollte es überhaupt jemals lächeln, abwesend und kalt bliebe. Der Körper war langgliedrig und geschmeidig, es war, als müsse der Mann ihn förmlich zusammenfalten, um in den Wagen zu passen. Die Hände steckten in Latexhandschuhen. »Nehmen Sie meine Brieftasche«, versuchte es Victor. »Oder nehmen Sie meinetwegen den Wagen. Aber lassen Sie mich gehen.«
    »Vielleicht später, Vic. Doch im Moment möchte ich nur, dass wir zu dir nach Hause fahren.«
    Die Stimme klang leise, ruhig, beinahe beschwichtigend.
    »Nach Hause?«
    »Durch das Tor und aufs Gelände. Es wird niemandem etwas geschehen, also kein Grund, irgendwie durchzudrehen. Gleich nach uns wird ein zweites Fahrzeug aufs Gelände fahren. Ruhe und Besonnenheit sind die Garanten dafür, dass niemand zu Schaden kommt, dass nichts zu Bruch geht, okay?«
    »Damit kommen Sie nicht durch. Wir werden’s an die große Glocke hängen.«
    Der Mann klopfte mit dem Lauf der Waffe leicht auf Victors Handknöchel. »Fahr los, Vic, mehr verlange ich nicht von dir.«
    Enerviert durch die Gelassenheit seines Beifahrers, riss und zerrte Victor an der Gangschaltung, trat die Pedale durch, gab Vollgas, so dass der Motor aufheulte und der Auspuff röhrte. Er riss sich erst zusammen, als die kühle Stimme sagte: »Nun fang dich mal wieder, Vic.«
    Zehn Minuten später richtete sich der Mann auf und starrte durch die Windschutzscheibe. »Wir sind gleich da. Okay, Vic, ich weiß, dass das Tor elektronisch gesteuert wird. Du wirst bitte das Tor öffnen, auf das Grundstück fahren, so lange warten, bis das zweite Fahrzeug hineingefahren ist, und dann das Tor schließen. Dann stellst du deinen Wagen vor dem Haus ab. Solltest du auf die Idee kommen, irgendeinen Alarm zu aktivieren, zerschieße ich dir beide Kniescheiben. Das Gehen würde dir dann zukünftig sehr schwer fallen. Hast du verstanden, was du zu tun hast?«
    Victor vertraute der Kraft seiner Stimme nicht mehr, darum nickte er nur.
    »Sehr gut. Wir beide verstehen uns, Vic. Okay, fahr jetzt langsamer, setz den Blinker und öffne das Tor.«
    Victor befolgte die Anweisungen. Ein Fünkchen Hoffnung keimte in ihm auf, als Stella auf den Stufen vor ihrem Haus erschien, die Hände wegen der Scheinwerfer schützend über den Augen. Er ließ das Fenster zur Hälfte herunter und wollte ihr gerade etwas zurufen, doch das Klicken der Waffe verhalf ihm zur Einsicht. »Ich bin ein Bekannter, der zum Abendessen mitgekommen ist, okay?«, murmelte die Stimme.
    Victor nickte. Er hielt an, ließ das Fenster ganz herunter und rief: »Stella!«
    »Gut, dass ich dich abpassen konnte. Ich wollte dich zum Essen einladen«, sagte Stella.
    Victor deutete mit dem Kopf auf seinen Beifahrer und sagte: »Ich hab einen Freund mitgebracht.«
    Ein Anflug von

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