Willküra (German Edition)
Trampolin.
»Sie haben es so gewollt!«, rief er, als er hochsprang.
»Sie haben mich nicht verdient!«, rief er beim nächsten Sprung.
»Vertrau nicht der Liebe auf den ersten Blick!«, rief er beim nächsten, nach welchem er so stark wieder auf seinen Füßen aufkam, dass er kurz wackelte, aber das verunsicherte ihn nicht.
»Werden sie schon sehen!«, steigerte er sich immer weiter in seine Sprünge hinein, ließ sich dann aber plötzlich einfach fallen und lag atemlos auf Willküras Bett.
Er hatte das Buch nicht. Das war schlecht. Aber er würde Willküra alles erzählen. Alles. Das würde ihr sicherlich mehr wert sein als das Buch.
Welch ironische Wendung des Schicksals, dass ihm seine Lüge von vorhin, dass er Willküra liebe, nun die Möglichkeit eröffnet hatte, hierher zurück zu kehren, und vielleicht am Willkürherrschaftlichen Schloss nun doch noch Karriere zu machen.
Auf seinem Rückweg vom Geheimen Bereich hierher hatte er sich von der Wache den neuen Plan des Schlosses geben lassen und sich auf dem Weg in Willküras Schlafzimmer, das nebenbei bemerkt einen fantastischen Blick auf die Stadt runter hatte, das Schloss so angeguckt, als wäre es seins. Und das Gefühl hatte ihm sehr gut gefallen.
Für eine kurze Zeit in seinem Leben war er also verwirrt gewesen und hatte an die Liebe geglaubt. An die Liebe zur Kursleiterin. Jetzt schon erkannte er, dass er einfach nur naiv gewesen war zu denken, das Willkürherrschaftliche Schloss hinter sich lassen zu können. Aber zum Glück war er dieser seltsamen Verwirrung rechtzeitig wieder entkommen und hatte nicht mal Nachteile davon getragen.
Vielleicht war es auch ein notwendiger Umweg auf dem Weg zum eigentlichen Ziel?, überlegte er. Wäre ich nicht aus meinen gewohnten Strukturen ausgebrochen, um die Kursleiterin zu sehen, säße ich immer noch mit den nackten Frauen im Sprudelbecken meiner alten Räume, bis mich irgendein nächster Willkürherrscher vielleicht entlassen hätte. Nichts wäre passiert, außer dass die Gefahr der Verschlechterung bestanden hätte. Und jetzt, jetzt war plötzlich wieder alles möglich. Eigentlich sollte er der Kursleiterin danken, dass sie sich als Sprungbrett für ihn zur Verfügung gestellt hatte.
»Ich werde doch noch Willkürherrscher!«, rief er bei seinem nächsten Sprung und ließ sich dann wieder außer Atem auf das Bett fallen.
Plötzlich sah er sich Befehle geben, mit Willküra gemeinsam Pläne für den Willkürherrschaftlichen Staat schmieden und sie würden abwechselnd, je nach Laune, den Willkürherrschaftlichen Mantel tragen. Und mindestens ein Mal am Tag würden sie sich in das Spielzimmer zurückziehen und er würde sie mit seinen Kartentricks betören.
Die Kursleiterin, ha!, dachte er an sie zurück, und es erschien ihm, als läge das schon sehr, sehr lange Zeit zurück, in einer für ihn falschen Realität, da schauten ihn zwei plötzlich aufgetauchte Zwerge vom Bettrand aus mit Ferngläsern an.
Sie nahmen beide gleichzeitig die Ferngläser runter.
»Messung von 4000 Einheiten Bosheit/mg eindeutig hier!«, schaute einer der Zwerge auf ein kleines Gerät, das er mit sich führte.
Der zweite Zwerg nickte und schaute auf das gleiche Gerät, das an einer Schnur um seinen Hals baumelte.
»Eindeutig hier. Aber eindeutig nicht die Schwester des Willkürherrschers!«, schauten sie noch mal durch ihre Ferngläser und nahmen sie wieder herunter.
Sie nickten etwas ratlos, noch einmal die Messung überprüfend.
»Hm, und nun?«, fragte der eine Schulter zuckend, und kratzte sich die Haut unter seiner Socke. »Kratzt das bei dir auch so?«, fragte er noch, das Kratzen gar nicht mehr aufhören könnend.
»Falsche Ausmessung unserer Körper! Ist alles zu klein und zu eng«, antwortete der zweite Zwerg und zeigte ihm zum Beweis, dass er kaum mit seiner Hand zwischen Hosenbund und Bauch greifen konnte, weil es so eng bemessen war.
Gerolat kam über das Bett zu ihnen angerobbt.
Die Zwerge schauten sich panisch an.
»Angriff oder Rückzug?«, fragte der erste, der nun mit dem Kratzen aufgehört hatte.
»Rückzug!«, rief der zweite, sie schauten auf ihre Hand, wackelten mit den Nasenflügeln und waren weg.
96
»Ich weiß es ist spät«, sagte Gesandter 6575 nach einem Döschen in seiner Schreibtischschublade greifend, auf dem ‚weckt dich’ stand, »aber ich habe morgen einen vollen Terminkalender und deshalb keine Möglichkeit, morgen mit dir zu reden, Gesandter 6574.«
Gesandter 6575 öffnete das
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