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Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Titel: Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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verschweigt, macht sich selber strafbar.«
    »Nun mach aber mal 'nen Punkt! Ich hatte von der Kirche den Auftrag, den Koffer abzuliefern. Und ich sollte mich strikt an die Anweisungen des Kommandos Jan van Leiden halten. Das habe ich getan.«
    Stürzenbecher rieb sich die Augen. »Wilsberg, ich bin müde. In den letzten drei Tagen habe ich höchstens zwanzig Stunden nicht im Büro verbracht. Ich habe keine Lust, mit dir zu diskutieren. Du kommst in eine Zelle, bis dir was Besseres einfällt.«
    »Ich möchte einen Anwalt.«
    »Natürlich. Ein Anruf steht dir zu.« Er reichte mir den Hörer.
    Rechtsanwalt Kurz war mal wieder nicht zu Hause. Pech gehabt.
    »Okay«, wandte ich mich an Stürzenbecher, »ich schlage dir einen Deal vor: Ich nenne dir ein Autokennzeichen, und du sagst mir, wem das Auto gehört.«
    »Verstehe.« Er musterte mich. »Und wo ist der Deal?«
    »Na, der besteht darin, dass du mich anschließend laufen lässt.«
    Er tat so, als müsse er lachen. »Dir haben sie wohl ins Gehirn geschissen. Da musst du mit ein bisschen mehr rüberkommen: Wer saß in dem Auto? Und, vor allem, was hat der- oder diejenige vorher getan? Das Geld abgeholt?«
    Gelangweilt betrachtete ich meine Fingernägel. »Willst du nun das Autokennzeichen, oder nicht?«
    Wütend sprang er auf. »Na gut. Zug um Zug, kapiert? Wenn du hier raus willst …«
    Ich steckte mir einen Zigarillo in den Mundwinkel. »Wir werden sehen.«
    Er schrieb sich das Kennzeichen des weißen Porsche auf und ging in einen Nebenraum.
    Eine halbe Zigarillolänge später hatte er das Ergebnis. »Der Wagen ist vor vier Tagen gestohlen worden. Wir haben ihn inzwischen gefunden, auf einem Feldweg in der Nähe von Nottuln.«
    »Hmmm«, ich stieß eine dicke Rauchwolke aus, »habe ich mir fast gedacht.«
    Stürzenbecher stützte beide Hände auf und starrte mir ins Gesicht. »Und?«
    »Was und?«
    »Wer saß drin?«
    »Ich kann nach Hause gehen, wenn ich es dir sage?«
    »Du hast mein Wort.«
    »Ein etwa fünfzigjähriger Mann, dunkelblond, korpulent.«
    »Und was hat er gemacht?«
    »Er hat gegen ein Denkmal gepisst. Ich glaube, es war ein Kriegsdenkmal.«
    Stürzenbecher griff zu einem Telefon, wählte eine zweistellige Nummer und knurrte einen Befehl in den Hörer. Dann guckte er aus dem Fenster.
    Zwei Uniformierte kamen herein, nachdem ihr Klopfen mit einem gebrüllten »Herein!« beantwortet worden war. Als sie mich abführten, guckte Stürzenbecher immer noch aus dem Fenster.

VIII
    Man könnte darüber diskutieren, ob es angenehmer ist, mit einer Fahrradkette am Bein in einem bequemen Bett in einem Raum mit Fenstern zu liegen – oder ohne Fahrradkette auf einer harten Pritsche in einer kahlen Zelle mit einem winzigen Fensterchen an der Decke. Man kann es auch lassen.
    Um sechs Uhr am nächsten Morgen machte sich ein Polizist einen Spaß daraus, die Inhaftierten möglichst unsanft zu wecken. Er benutzte dazu seine blecherne Stimme und ein Tablett mit wässrigem Kaffee und krümeligem Graubrot, das er auf ein winziges Tischchen knallte.
    »Guten Morgen«, krähte er. »Frühstückszeit. Hier wird nicht bis elf geschlafen. Das Lotterleben ist vorbei.«
    »Was gibt es denn Dringendes zu tun?«, fragte ich ihn.
    »Nichts, natürlich. Das Körbeflechten kommt erst später.« Er lachte herzhaft. »Hier sitzt man nur dumm herum. Aber: ab sechs Uhr morgens.«
    »Sehr interessant. Und wo ist meine Tageszeitung?«
    »Tageszeitung? Ich hör wohl nicht recht. Wir sind doch nicht im Hotel.«
    »Und ich bin kein Idiot, den man herumschubsen kann.« Langsam wurde ich sauer. »Ich bin vorläufig festgenommen, nicht mal verhaftet. Mit dem Eintritt in Ihren Kerker habe ich nicht meine Menschen- und Bürgerrechte verloren. Außerdem bin ich Jurist. Wenn Sie also Ihre Sterne auf den Schulterklappen behalten wollen, dann hören Sie auf, sich wie eine tyrannische Krankenschwester zu benehmen. Hier!« Ich drückte ihm zwei Mark in die Hand. »Und jetzt kaufen Sie mir eine Tageszeitung. Egal welche, außer Bild und Welt. «
    »Also, das ist doch!« Er klang schon kleinlauter.
    »Sie können bei mir Punkte sammeln, guter Mann.«
    Als er gegangen war, sah ich durch den Spion, wie er das Zweimarkstück in seiner Hand betrachtete.
    Ich bekam eine örtliche Tageszeitung. Der Aufmacher im Lokalteil titelte: »Bistum Münster wird erpresst«. In der Unterzeile stand: »Anschläge im Zusammenhang mit Erpressung/Kommando Jan van Leiden bekennt sich«. Der Verfasser des Artikels hatte das

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