Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer
Fragezeichen. »Was meinst du?«
»Sie wussten es. Sie waren darauf vorbereitet.«
»Das kann doch nicht sein.«
»Doch. Einer von euch arbeitet für die Gegenseite.«
»Quatsch.« Sie dachte nach. Plötzlich verengten sich ihre Augen zu Schlitzen. »Und wieso warst du da?«
Ich grinste. »Ich habe euer System durchschaut. Zugegeben, nicht alleine, ein pensionierter Professor für Geschichte hat mir dabei geholfen. Am 22. Januar wurden die Leichen der Wiedertäufer in den Käfigen am Lambertiturm aufgehängt, in der Nacht zum 22. Januar habt ihr die Käfige gelb angemalt. Am 24. Februar veranstalteten die Wiedertäufer einen Bildersturm in den Kirchen, am 24. Februar habt ihr das Gemälde in der Domkammer zerstört. Ende Februar …«
»Hör auf!«, schrie sie genervt. »Ich glaube es dir auch so.«
»Du kannst dir nicht vorstellen, wo ich in den letzten Wochen überall war. Wenn im März 1534 ein Wiedertäufer auch nur mit einer Steinschleuder geschossen hat, ich war zum gleichen Zeitpunkt am selben Ort.«
Mareike starrte mich fassungslos an. »Das hätte ich dir gar nicht zugetraut.«
»Ich mir auch nicht.«
Wir lachten.
»Übrigens, das Porträt von Franz von Waldeck, das ihr in der Domkammer beschädigt habt, war nicht echt.«
»Was?«
»Vermutlich eine billige Kopie. Jetzt hängt das Original wieder an seinem alten Platz.«
»Woher weißt du das?«
»Von dem selben Professor, mit dem ich euer System geknackt habe. Er hat sogar einen Kunstgeschichtler hinzugezogen, um ganz sicher zu sein. Glaubst du jetzt, dass in euren Reihen ein Maulwurf sitzt?«
Sie fasste sich an die Stirn und versank im Sessel. »Nein. Das darf nicht wahr sein.« Man konnte förmlich sehen, wie sie sich alle Mitglieder des Kommandos Jan van Leiden gedanklich vorknöpfte, um den Verräter ausfindig zu machen.
»Aber«, sagte sie nach der Denkpause, »wenn es so ist, wie du sagst: Warum hat uns die Polizei dann nicht verhaftet, bevor wir den Verkehr lahmlegen konnten?«
»Sie hätten keinen Beweis gehabt. Es ist nicht verboten, spitze Gegenstände mit sich zu führen. Wenn keiner von euch umgefallen wäre, hätte nicht einmal ein Kronzeuge etwas bewirkt.«
Sie sprang auf. »Ich muss … Nein.« Unruhig ging sie hin und her. »Dann ist auch unser Treffpunkt nicht mehr sicher. Wie kann ich die anderen warnen?«
»Ich würde nichts übereilen«, riet ich. »Du solltest dir jeden Schritt, den du machst, genau überlegen.«
»Du hast recht. Aber ich wollte dort übernachten. Wo …?«
»Du kannst hierbleiben. Ich beziehe dir die Schlafcouch.«
Sie ging vor mir in die Hocke und legte ihre Hände auf meine Knie. »Danke. Du bist echt in Ordnung.«
Ich überlegte, ob ich sagen sollte, dass ich noch einen besseren Vorschlag hätte.
In der Nacht fand ich wenig Schlaf. Mareike ging es ähnlich. Als ich um sieben Uhr morgens in die Küche wankte, traf ich sie neben dem Kühlschrank, mit einem Glas Milch in der Hand.
»Ich habe nachgedacht«, verkündete sie ohne Vorrede. »Wir müssen mit Martin sprechen. Martin ist unser …«
»Boss, Capo, Commandante«, schlug ich vor.
»Formal gibt es bei uns keinen Chef …«
»Aber einer ist immer gleicher als die anderen.«
»Martin ist der Mönch, weißt du.«
»Der Priester, der nicht weiß, warum er noch Priester ist.«
Sie nickte. »Ich trau mir nicht zu, allein eine Entscheidung zu treffen. Außerdem möchte ich, dass du ihm die Maulwurf-Theorie erzählst. Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass einer von uns …«
»Können wir vorher noch frühstücken?«, fragte ich. »Ich bin ganz schlecht in Theorie, wenn ich nicht vorher zwei Tassen Kaffee getrunken und ein Brötchen gegessen habe.«
»Entschuldige, du bist ja gerade erst aufgestanden.«
Ich erzählte ihr nicht, dass ich mich seit halb sieben im Bett herumgewälzt hatte, setzte Kaffee auf und ging zur Vollwertbäckerei um die Ecke, um ein paar Brötchen zu erstehen.
Um acht Uhr saßen wir in meinem Auto. Schweigend hörten wir dem Pärchen im Morgenmagazin zu, das sich lustlos die Kalauer zuspielte.
Endlich brach ich das Schweigen. »Wer ist eigentlich auf die beknackte Idee gekommen, den Ludgeriplatz mit Krallen zu bestücken? Ich habe im Radio gehört, dass mehrere Leute verletzt wurden. Es hätte auch Tote geben können.«
Mareike kaute auf ihrer Unterlippe. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir das sagen darf.«
»Was muss ich noch machen, damit du mir vertraust?«
»Okay. Es war Tobias Frank.«
Ich
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