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Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Titel: Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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Innenhof.
    »Was haben Sie eigentlich da draußen gemacht? Ich dachte, Sie wollen nicht den Nachtwächter spielen.«
    »Zufall«, gestand ich. »Ich habe einen Spaziergang gemacht, dabei muss ich den Tätern über den Weg gelaufen sein.«
    Ich schaute ihn an. »Und Sie haben wirklich keine Ahnung, was der Knochen bedeutet?«
    »Warum sollte ich lügen, Herr Wilsberg?«
    Ich verkniff mir die Bemerkung, dass er nicht immer aufrichtig zu mir gewesen war, zum Beispiel was seine gefiederten, illegalen Freunde anging.
    »Die Leiche«, dachte ich laut, » Wir haben die Leiche gefunden – so lautete die vorletzte Botschaft. Jetzt bekommen Sie sie stückweise zugeschickt. Die Leiche ist keine Metapher, wie ich zuerst dachte, sondern etwas sehr Reales. Es sieht so aus, als wollten die Erpresser Sie mit einem Verbrechen in Verbindung bringen.«
    »Ich bitte Sie!« Die Stimme des Herrn zu Schwelm-Legden klirrte frostig. »Auf dem Friedhof gibt es eine Menge Leichen. Wer keine Mühe und Skrupel scheut, kann dort einen Knochen ausgraben. Niemand würde ihn vermissen.«
    Das Argument überzeugte mich nicht. Ich erinnerte mich an das Kichern, das ich vor meinem K. o. gehört hatte, ein Kichern, das sehr jugendlich geklungen hatte. Kein Widerspruch also zu den bisherigen Erkenntnissen. Nur – wie passte die Leiche ins Bild? Und wem hatte der Knochen zu Lebzeiten gehört?
    Als ich aufwachte, wurde im Hotelrestaurant bereits das Mittagessen serviert. In der vergangenen Nacht hatte ich zwei Aspirin eingeworfen, mich unter die Dusche gestellt und das Schild Bitte nicht stören! an die Türklinke gehängt. Jetzt verordnete ich mir das gleiche Programm, mit Ausnahme des Schildaufhängens.
    Anschließend fühlte ich mich wieder mittelmäßig lebendig. Verglichen mit Axel Schulz nach seinem letzten Kampf sah ich nicht einmal besonders lädiert aus. Wenn ich meine Haare geschickt kämmte, war das Pflaster an der Schläfe kaum zu sehen.
    Ich verzichtete auf das Mittagessen und nahm nur ein Käsebrötchen und einen Cappuccino im Hotelcafé. Dann fuhr ich nach Disselburg.
    Es war Donnerstagnachmittag, einer der Nachmittage, an denen nach Auskunft von Max Mehring der Dritte-Welt-Laden im Pfarrheim geöffnet hatte.
    Das Pfarrheim kannte ich schon von Frau Klompstetters neunzigstem Geburtstag. Der Dritte-Welt-Laden, der in Wirklichkeit Eine-Welt-Laden hieß, lag etwas versteckt auf der Rückseite des Gebäudes und hatte einen eigenen Eingang.
    Als ich die Tür öffnete, fühlte ich mich um fünfundzwanzig Jahre zurückversetzt. Es roch nach Tee und Räucherstäbchen, eine Geruchskombination, von der ich angenommen hatte, dass sie vom Hauch der Geschichte fortgeweht worden wäre. Damals, in den frühen siebziger Jahren, hatten wir in Teestuben gehockt, revolutionäre Reden geschwungen und Joints kreisen lassen. Die Räucherstäbchen brannten für den Fall, dass vorwitzige Eltern ihre Nasen in unsere Zusammenkünfte stecken sollten.
    Der Geruch kam allerdings nicht aus dem winzigen Laden, sondern entströmte dem größeren Raum nebenan, in dem sich eine Horde junger Menschen auf alten Sofas und Sesseln lümmelte und sich aus Steingutschalen aromatisch duftenden Tee zuführte. Im Gegensatz zu dem lichtdurchfluteten Laden waren dort die Vorhänge zugezogen, funzelige Lampen erweckten den Schein einer kuscheligen Abendrunde.
    Eine Frau, die ich auf Ende zwanzig schätzte und die damit erheblich älter aussah als die meisten anderen Gestalten, die schemenhaft zu erkennen waren, kam zu mir in den Laden.
    Ich hoffte inständig, dass sie nicht mit dem Satz beginnen würde: Sind Sie nicht der Detektiv ...
    Sie sagte: »Kann ich Ihnen helfen?«
    Ich lächelte sie an und erzählte die Geschichte, die ich mir zurechtgelegt hatte: Ich sei vor einigen Wochen in eine Nachbargemeinde von Disselburg gezogen und suchte eine neue Betätigung für eine meiner größten Leidenschaften: den Tierschutz, insbesondere den Erhalt der einheimischen Vogelwelt. Nun habe mir ein Nachbar von dem Verein für Naturschutz in Disselburg erzählt und dass ich hier im Eine-Welt-Laden mit dem Verein in Kontakt treten könne.
    »Das stimmt.« Sie warf einen unsicheren Blick über die Schulter. Anscheinend hatte sie die Befürchtung, dass ich für die Teerunde entschieden zu alt war.
    »Ich selbst bin nicht Mitglied in dem Verein, aber in der Crew des Eine-Welt-Ladens arbeiten etliche Naturschützer mit. Hauptsächlich die jüngeren«, fügte sie rasch hinzu. »Im Verein gibt es

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