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Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch

Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch

Titel: Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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die Tür von innen schloss.
    »Keine Angst, ich will Sie nicht belästigen.« Streng genommen standen meine Worte im Gegensatz zu meinen Taten, aber wer wollte sich in diesem Moment mit Spitzfindigkeiten abgeben?
    Sie setzte die Katze ab, die sich sofort hinter einer Kommode versteckte. So viel zum Thema Vertrauen.
    »Warum haben Sie gesagt, dass Sie Jessica Wiedemann nicht kennen würden?«
    »Ich kann nichts sagen.« Das kam schon zögerlicher.
    »Aber Sie haben doch einen Verdacht?«
    »Nein«, sagte sie schnell.
    Ich lächelte. »Ohne zu wissen, was ich meine?«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, und ich will es auch gar nicht hören.«
    »Ich rede vom plötzlichen Sterben alter Damen in Sankt Mauritz.«
    Sie begann zu zittern. »Bitte! Gehen Sie!«
    »Was hat Jessica gewusst?«
    Sie öffnete die Tür. »Bitte! Sie bringen mich in Schwierigkeiten.«
    »Sie müssen keine Schwierigkeiten bekommen, wenn Sie mir vertrauen.«
    Sie lehnte sich gegen die Tür. »Gerade dann. Verstehen Sie nicht? Ich habe Angst. Das, was Jessica passiert ist, kann auch mir passieren.«
    Es gab Kollegen von mir, die es jetzt auf die harte Tour probiert hätten. Doch ich gehörte nicht zu dieser Sorte.
    Mein Wagen hing bereits mit den Vorderreifen in der Luft. Es gab ein bisschen Gezänk mit dem Menschen, dessen Einfahrt ich blockiert hatte, und mit dem Polizisten, der den Abschleppwagen gerufen hatte. Ich kassierte eine gebührenpflichtige Verwarnung und zahlte eine saftige Ablassspende an den Fahrer des Abschleppwagens, damit er mein Auto wieder vom Haken ließ. Im Endeffekt hatte mich der Parkplatz rund zweihundertfünfzig Mark gekostet. Ich war gespannt, ob Kachelpöhler das als besondere Aufwendung akzeptieren würde.
    Als ich einen regulären Parkplatz in der Nähe meiner Wohnung im Kreuzviertel besetzte, wurde mir bewusst, dass mir der silberne Audi, der am Ende der Straße stehen blieb, schon seit einiger Zeit gefolgt war. Allerdings war der Audi zu weit entfernt, um den Fahrer zu erkennen.
    Franka lag auf dem Sofa in meinem Wohnzimmer und schaute mit verschleierten Augen zum Fernseher.
    »Blöde Kopfschmerzen«, sagte sie mit kraftloser Stimme. »Ich habe nicht mal die Hälfte geschafft.«
    Ich ging vor ihr in die Hocke. »Franka, ich bringe dich jetzt nach Hause und du legst dich ins Bett, wo du bis mindestens morgen Mittag bleibst. Das ist kein Vorschlag, sondern ein Befehl. Bei Zuwiderhandlung droht die Kündigung.«
    Sie nickte.
    Während der Fahrt ins Südviertel und wieder zurück hielt ich Ausschau nach silbernen Audis. Ich konnte keinen entdecken. Vermutlich hatte ich mich von Yvonne Krämers Angst infizieren lassen.

XIII
    Als ich am Morgen aufwachte, glaubte ich zuerst, ich hätte vergessen, das Licht auszuschalten. Tatsächlich war es die Sonne, die sich nach Wochen mal wieder einen Weg durch die Wolkendecke gebahnt hatte.
    Aufgrund dieser wundersamen Lichterscheinung quälte ich mich ein bisschen flotter als sonst aus dem Bett. Ich kochte mir einen italienischen Kaffee, aß zwei Brote, las die Zeitung und fühlte mich anschließend in der Lage, darüber nachzudenken, wie ich den Tag sinnvoll verbringen konnte.
    Bei den meisten Fällen ergab sich ein Schritt nach dem anderen. Man musste nur der Hauptspur folgen, hartnäckig oder dreist genug sein, um irgendwann Erfolg zu haben – oder nicht. Beim Fall Jessica Wiedemann lag die Sache anders. Ich schnappte mir ein Blatt Papier und malte eine Art Soziogramm der Beziehungen aller Beteiligten. Am Ende sah es aus wie ein Spinnennetz. Aber wer war die fette Spinne in der Mitte? Doktor Thalheim? Pfarrer Brockhage? Todesengel Kentrup? Gab es vielleicht doch nur einen Mörder? Hatte ich Susanne Klotz und Holger Biereichel zu früh abgeschrieben? Waren Helga Dickmöller und die anderen Frauen aus Sankt Mauritz überhaupt ermordet worden?
    Ich kochte mir noch einen Kaffee, rauchte einen Zigarillo und grübelte weiter. Bis ich zu dem Punkt kam, meine ganze Arbeit infrage zu stellen. Ich beschloss, das Grübeln aufzugeben und etwas zu tun. Aktionismus war besser als über die Sinnfrage nachzudenken.
    Mehr oder weniger zufällig war meine Wahl auf Frau Kentrup gefallen. Auf der Fahrt nach Sankt Mauritz war mir lange Zeit ein roter Volvo gefolgt, allerdings nur bis zu der Straße, in der die Kentrup wohnte. Ich war nun ziemlich sicher, dass mich niemand dabei beobachtete, wie ich die Kentrup beschattete.
    Der Todesengel ging seiner Lieblingsbeschäftigung nach, nämlich alte

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