Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch
da. Ich habe Helga gut gekannt.«
Ich signalisierte Franka mit gereckten Daumen, dass wir auf der Siegerstraße waren.
»Und ich habe auch mitbekommen, was man sich über Frau Kentrup erzählt«, fuhr Reimers fort. »Ehrlich gesagt, fühle ich mich seitdem in ihrer Gegenwart unwohl. Wenn ich nicht auf Hilfe angewiesen wäre ...«
»Wir würden Sie gerne besuchen«, sagte Franka freundlich.
Margret Reimers war sofort alarmiert: »Was meinen Sie mit ›wir‹?«
»Mein Freund und ich«, soufflierte ich.
Reimers überlegte lange. »Also gut. Sagen wir: in einer Stunde.«
Um eventuelle Verfolger abzuschütteln, ging ich durch den Keller zum Hinterausgang des Hauses, schlug mich durch den verwilderten Garten, kletterte über den Gartenzaun und lief die Promenade entlang bis zum Buddenturm, wo Franka in ihrem Wagen auf mich wartete.
Margret Reimers war nicht allein. Als sie, gestützt auf eine Krücke, vor uns her ins Wohnzimmer humpelte, saß dort ein tadellos gekleideter, etwa siebzigjähriger Mann.
»Das ist Herr Krolow«, stellte Reimers vor. »Er war bei der Bundeswehr.«
Krolow stand schneidig auf. »Oberstleutnant a. D., angenehm.«
Nachdem wir uns gegenseitig angelogen hatten, wie sehr wir uns freuen würden, saßen wir im Kreis und lächelten tapfer gegen die Spannung an, die in der Luft lag.
Margret Reimers ergriff als Erste das Wort: »Ich habe Herrn Krolow gebeten, bei unserem Gespräch dabei zu sein, weil ich nicht weiß, was ich von dem Ganzen halten soll. Man hört so viel über Diebe und Betrüger, die sich unter einem Vorwand Eintritt in Wohnungen verschaffen. Und ich bin eine alte, wehrlose Frau. Da kann ein bisschen Rückendeckung nicht schaden.«
Oberstleutnant a. D. Krolow lächelte, als hätte er Rekruten beim unerlaubten Verlassen des Kasernengeländes erwischt.
»Das war sehr vernünftig von Ihnen«, entschied ich mich für die Wahrheit. »Wir haben Sie nämlich belogen.«
Reimers schien nicht überrascht. »Die junge Dame ist nicht Susanne Klotz, nicht wahr?«
»Nein. Sie heißt Franka Holtgreve und ist meine Assistentin.«
Ich sagte ihnen, wer ich war, erzählte von meinem Auftrag und den Verwicklungen, die sich daraus ergeben hatten. Je länger ich redete, desto verblüffter hörten mir Reimers und Krolow zu.
»Das ist ja eine wilde Geschichte«, bemerkte der Oberstleutnant.
»Und wieso kommen Sie damit zu mir?«, fragte Reimers.
»Ich möchte Sie um Ihre Hilfe bitten«, sagte ich. »Selbstverständlich hätte ich vollstes Verständnis, wenn Sie nein sagen. Das, was ich Ihnen vorschlagen will, ist nicht ganz ungefährlich.«
»Ich bin nicht besonders ängstlich, junger Mann.« Reimers klopfte mit ihrer Krücke auf den Boden. »Wenn ich dazu beitragen kann, dass diese Morde aufhören, bin ich dabei. In meinem Alter hat man nicht mehr viele Gelegenheiten, etwas Sinnvolles zu tun.«
»Ich hatte gehofft, dass Sie das sagen würden.«
»Reden Sie nicht drum herum! Um was geht es?«
Ich erklärte ihr meinen Plan.
»Und Sie glauben, dass das klappt?«, fragte Reimers.
»Ich habe keine Ahnung«, gab ich zu.
»Sie wollen sich doch wohl nicht darauf einlassen?«, wandte sich Krolow an die alte Frau. »Das Risiko erscheint mir viel zu groß.«
»Ach was«, wischte Reimers den Einwand beiseite, »mein nächster Sturz kann schon der letzte sein. Jede Treppe ist für mich ein Risiko.«
Die Aussicht auf ein Abenteuer weckte neue Lebensgeister. Ihr Gesicht war in den letzten Minuten um zehn Jahre jünger geworden.
»Wir werden versuchen, das Risiko so gering wie möglich zu halten«, versprach ich. »Franka oder ich werden immer in der Nähe sein, um notfalls einzugreifen.«
»Ich könnte in den nächsten Tagen bei Ihnen übernachten«, bot Franka an.
»Selbstverständlich wäre ich dazu auch bereit«, sagte Krolow. »Wenn Sie schon unbedingt mitmachen wollen.«
Margret Reimers lachte. »Das ist ja toll. Seit dem Tod meines Mannes hat niemand mehr bei mir übernachtet. Und jetzt kann ich mir sogar aussuchen, wen ich haben will.«
Die nächste Stufe des Plans bestand aus einem Telefonanruf beim Todesengel. Reimers bat die Kentrup, sie möglichst bald zu besuchen.
Als Kentrup eine halbe Stunde später das Wohnzimmer betrat, standen Krolow, Franka und ich hinter der angelehnten Tür des Nebenzimmers und lauschten der Unterhaltung.
Margret Reimers hatte sich wieder in eine leidende, hinfällige Alte verwandelt: »Könnten Sie am Montagmorgen für mich zu Doktor Thalheim gehen? Ich
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