Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch
können, ermittle ich in alle Richtungen. Aber was hast du mir konkret anzubieten?«
»Helga Dickmöller und die drei anderen Frauen«, schlug ich vor. »Wir müssen wissen, woran sie gestorben sind.«
»Wieso?«
»Mal angenommen, die Frauen sind tatsächlich ermordet worden. Jessica Wiedemann könnte es herausgefunden haben.«
»Wie?«
»Weiß ich nicht.«
»Und warum hat sie sich dann nicht an die Polizei gewandt?«
»Weiß ich auch nicht.«
»Was weißt du überhaupt?«
»Dass wir einen erheblichen Schritt weiterkämen, wenn du die Leichen ausgraben lassen würdest.«
»Okay, ich werde es versuchen«, lenkte der Hauptkommissar ein. »Ich werde mit dem Staatsanwalt reden und eine Exhumierung vorschlagen. Das ist alles, was ich versprechen kann.«
Ein paar Stunden später brachte Franka mich ins Kreuzviertel zurück. Ich fühlte mich noch etwas wacklig auf den Beinen und quälte mich wie ein Greis die Treppe hinauf. Allerdings war ich auch zu stolz, um Frankas Hilfe anzunehmen.
Meine Pulsfrequenz hatte sich gerade beruhigt, als das Telefon klingelte. Franka nahm ab, schüttelte verdutzt den Kopf und reichte mir den Hörer: »Für dich. Klingt wie ein Automat.«
»Ja?«, fragte ich in die Sprechmuschel.
Er benutzte einen Stimmverzerrer: »Das war nur ein Vorgeschmack, Wilsberg.«
»Was wollen Sie?«
»Dass du dich raushältst. Sonst wachst du beim nächsten Mal nicht mehr auf.«
»Lecken Sie mich!«
Sein metallisches Lachen klang wie eine kaputte Espressomaschine.
»Was war das?«, fragte Franka.
»Ich schätze, das war eine Morddrohung. Das bedeutet, dass wir auf der richtigen Spur sind. Fragt sich nur, wie die aussieht.«
Ich ging zum Fenster und suchte die Straße nach silbernen Audis und roten Volvos ab.
Franka trat neben mich. »Meinst du, er ist da draußen?«
»Findest du es nicht merkwürdig, dass er angerufen hat, als wir gerade hereinkamen? Ein zu gutes Timing für einen Zufall.«
»Vielleicht sollte ich die Kentrup beschatten?«, schlug Franka vor.
»Auf keinen Fall«, widersprach ich. »Wir haben schon genug Verluste zu beklagen.«
»Aber ...«
»Kein Aber. Falls sie mit dem Typen, der mich angerufen hat, unter einer Decke steckt, ist sie ohnehin gewarnt. Nein, wir müssen uns etwas anderes überlegen.«
Franka verdrehte die Augen. »Hat der Meisterdetektiv auch einen Vorschlag?«
»Klar«, grinste ich. »Du hast deinen Job von gestern noch nicht komplett erledigt. Du weißt schon, die Liste mit den Namen, die ich aus Kentrups Notizbuch abgeschrieben habe. Achte besonders auf alte, allein stehende Frauen!«
»Wie langweilig«, beschwerte sich Franka. »Das ist reine Fleißarbeit.«
»Keineswegs.« Ich setzte mich. In mir reifte der Ansatz eines Plans.
Bis zum nächsten Morgen hatte Franka vierzehn allein lebende, in Sankt Mauritz wohnende Frauen über siebzig herausgefiltert. Die Software, die sie dazu benutzte, war, abgesehen vom Telefonverzeichnis der Stadt Münster, hochgradig illegal. Ich hatte sie mal für viel Geld im Hinterzimmer eines kleinen Ladens in Den Haag gekauft, eine Geheimadresse, die unter deutschen Privatdetektiven kursierte. Seitdem wusste ich, dass der gläserne Bürger längst existierte.
»Stufe zwei des Plans«, verkündete ich meiner Mitarbeiterin, »du rufst die vierzehn Frauen an. Sag ihnen, du seist Susanne Klotz, die Nichte von Helga Dickmöller, und hättest ihren Namen in einem Notizbuch gefunden. Wenn sie darauf eingehen, erzählst du ihnen, du würdest die Kentrup verdächtigen, Tante Helga bestohlen zu haben. Dann versuchst du, ein Treffen zu vereinbaren.«
»Und was soll das bringen?«, fragte Franka skeptisch.
»Wir brauchen eine Frau, die mit uns zusammenarbeitet. Wir müssen der Kentrup eine Falle stellen. Das ist die beste, sauberste und schnellste Lösung.«
»Was Leichteres ist dir wohl nicht eingefallen?«, murrte Franka.
Sie begann zu telefonieren, ich hörte über den Lautsprecher mit. Von den ersten acht Frauen nahmen zwei nicht ab, vier hatten Helga Dickmöller nicht gekannt, die restlichen zwei hatten den Kontakt mit Kentrup abgebrochen, nachdem das Gerede vom Todesengel aufgekommen war. Die neunte hielt Agnes, wie sie die Kentrup nannte, für die ehrenwerteste Frau zwischen Münster und Telgte.
Ich sah unsere Felle davonschwimmen. Franka fluchte und wählte die zehnte Nummer. Margret Reimers meldete sich.
Franka sagte ihren Spruch auf. Dann herrschte Schweigen.
»Sind Sie noch da?«, fragte Franka.
»Ja, ich bin noch
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