Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation
Duisburg-Rheinhausen auf offener Straße ein Geldtransporter gestoppt. Die drei maskierten Täter waren mit Panzerfaust, Maschinenpistole und Sturmgewehr bewaffnet. Aufgrund ihrer genetischen Fingerabdrücke konnten zwei Mitglieder der dritten Generation identifiziert werden: Ernst-Volker Staub und Daniela Klette. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt es noch mehr solcher Fischzüge, die auf das Konto ehemaliger RAF-Leute gehen, wenn nicht in Deutschland, dann in anderen Ländern der Europäischen Union. Auch das untersuchen wir systematisch.«
»Trotzdem haben wir ein großes Problem«, sagte Niemeyer. »Wir brauchen Zeugen, sonst werden wir vor Gericht nicht bestehen können. Thomas Berning hätte ein solcher Zeuge sein können.«
»Und der ist beseitigt worden.«
Dickbier nickte. »Die Gegenseite hat die Gefahr erkannt. Anscheinend versucht man nun, sie zu bannen. Unterstützt von alten Seilschaften, die nach wie vor existieren, aktive Mitarbeiter bei den Ermittlungsbehörden, die ihre früheren Chefs schützen.«
»Sprechen wir von Podzey?«, fragte ich Niemeyer.
Dickbier hob warnend die Hand. »Wir nennen hier keine Namen.«
Die Luft in dem engen Raum wurde stickig. Ich spürte, wie mir der Schweiß ausbrach. »Wenn ich Sie richtig verstehe, haben Sie Verdächtige. Warum gehen Sie nicht offensiv vor, mit Hausdurchsuchungen und Ähnlichem?«
»Stellen Sie sich das nicht so einfach vor. Es handelt sich um hoch angesehene, in Ehren aus dem Dienst verabschiedete Spitzenkräfte. Wir haben nur einen Schuss frei. Wenn wir durchsuchen, müssen wir sichergehen, dass wir etwas finden. Andernfalls wären wir erledigt und die gesamte Ermittlung wäre so tot wie Hitlers Hund.« Dickbier schaute auf seine Uhr. »Noch einmal, Herr Wilsberg: Dieses Gespräch hat den Sinn, Sie eindringlich zu warnen. Halten Sie sich von jetzt an bedeckt, sonst gefährden Sie unsere Arbeit.«
Ich ignorierte seine zur Verabschiedung ausgestreckte Hand. »Und was ist mit Felizia Sanddorn?«
»Frau Sanddorn hat sich selbst in Gefahr gebracht.«
»Nach meinen Informationen war sie vor einer Woche mit einem dieser in Ehren ergrauten Typen verabredet und ist seitdem verschwunden. Vielleicht hält man sie in irgendeinem Rattenloch gefangen. Oder hat sie schon ermordet.«
Dickbier ließ den nutzlosen Arm langsam sinken. »Was erwarten Sie von uns? Dass wir eine große Suchaktion einleiten und damit unsere Karten aufdecken? Das wäre zum jetzigen Zeitpunkt fatal. Aber ich verspreche Ihnen: Falls wir einen konkreten Hinweis bekommen, werden wir uns selbstverständlich um Frau Sanddorn kümmern.«
»Wir sollten jetzt zu Regina Fuchs gehen«, sagte Niemeyer.
»Ja, das sollten wir«, sagte ich. »Ich brauche frische Luft.«
Zwei Ecken weiter wurden wir von einem Mann gestoppt, der uns wachsam musterte.
Niemeyer zückte ihren Ausweis. »Geht schon in Ordnung.«
Der Polizist nickte uns durch, sein Kollege saß auf einem Stuhl neben der Tür zu Fuchs’ Krankenzimmer und hielt sich an einem Pappbecher fest.
Niemeyer klopfte kurz an und wir traten ein. Die Frau, die mit geöffneten Augen im Bett lag, hatte nur eine entfernte Ähnlichkeit mit Regina Fuchs. Statt der rotblonden Lockenperücke trug sie kurze braune Haare, ihr Gesicht wirkte auf gläserne Weise zerbrechlich und ihr Körper schien zwischen all den Kabeln, Schläuchen und brummenden Apparaturen geschrumpft zu sein.
»Hallo, Frau Fuchs!«, sagte Niemeyer.
Fuchs bewegte die Lippen, ihre Augen bekamen einen lebendigeren Ausdruck.
Ich ging zum Bett und drückte ihre Hand. »Tut mir leid, dass ich Ihnen was Falsches versprochen habe. Ich war fest davon überzeugt, dass sie nicht schießen würden.«
Was sie antwortete, konnte ich erst verstehen, als ich mich zu ihr hinabbeugte: »Nicht Ihre Schuld.«
Ich richtete mich wieder auf, doch sie gab mir mit einem festen Handgriff zu verstehen, dass sie noch etwas sagen wollte. »Finden Sie Feli! Bitte!«
»Das werde ich«, sagte ich. Dann brachte ich meinen Mund in die Nähe ihres Ohres. »Nennen Sie mir einen Namen! Wie hieß der Abteilungsleiter, der Berning geführt hat?«
»Bitte, Herr Wilsberg! Reden Sie laut!«, mischte sich Niemeyer ein.
Da hatte Fuchs schon die Antwort gehaucht: »Herbert Wienbusch.«
Ich trat einen Schritt zurück. »Ich habe ihr gewünscht, dass sie wieder auf die Beine kommt.«
»Natürlich.«
Eine Ärztin kam herein.
»Wir sollten besser gehen«, sagte Niemeyer. »Ich muss ins Präsidium zurück.«
Eine
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