Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation
umdrehte, bemerkte ich einen roten Punkt auf ihrer Stirn. Einen Laserstrahl. Wie von einem Präzisionsgewehr. Ich stürzte mich auf sie und riss sie zu Boden. Gleichzeitig zerplatzte die Fensterscheibe, ein Hagel von Glasscherben prasselte auf uns herab.
»Scheiße, wo kommen die auf einmal her?«, fluchte Fuchs.
Ich pflückte einen Glassplitter aus meiner Wange. »Ich schätze, die sind schon länger da. Sie haben nur auf eine Gelegenheit gewartet.«
»Die wollen uns umlegen.«
Ich war mir nicht sicher, ob sie es auch auf mich abgesehen hatten, aber ausschließen konnte ich es nicht.
Das Telefon begann zu klingeln.
»Gehen Sie nicht ran!«, sagte sie. »Das ist ein Trick.«
»Ich möchte lieber verhandeln als sterben.« Bäuchlings robbte ich zum Wohnzimmertisch, auf dem das schnurlose Telefon lag. Als ich die Hand ausstreckte, fiel ein zweiter Schuss. Er zerlegte das Telefon in seine Einzelteile. Ich schrie auf und zog die Hand zurück. Die Innenfläche war gespickt mit Plastikteilen. Es tat höllisch weh.
»In die Diele!«, schrie Fuchs.
Wir krabbelten in die Diele und lehnten uns sitzend gegen die Wand. Meine linke Hand blutete heftig. Ich entfernte die gröbsten Plastikteile, was das Bluten noch verstärkte. Fuchs holte ein Handtuch aus dem Badezimmer und warf es mir zu. »Wickeln Sie das darum!«
Sie selbst hatte einige Kratzer im Gesicht abbekommen.
»Wir müssen raus«, sagte sie nüchtern. »Hier drin machen sie uns alle.«
»Und wie stellen Sie sich das vor?«
Sie ging zur Tür. »Das wird sich zeigen.«
»Warten Sie!«, sagte ich. »Ich habe eine bessere Idee.«
Mein Handy steckte in der Hosentasche. Ich erreichte Hauptkommissar Stürzenbecher in seiner Wohnung. Er hatte nichts von dem Polizeieinsatz mitbekommen und ich klärte ihn in Stichworten auf. »Wir werden rausgehen«, sagte ich. »Unbewaffnet und mit erhobenen Händen. Es gibt keinen Grund, weiter auf uns zu schießen.«
»Okay«, gab Stürzenbecher zurück. »Ich kümmere mich drum. Rühr dich nicht vom Fleck, bis ich mich bei dir melde.«
Fuchs lachte hysterisch. »Sind Sie verrückt?«
»Wollen Sie sich lieber abknallen lassen? Diesmal wird niemand den Hinterausgang räumen.«
Sie schaute mich misstrauisch an. »Mit wem haben Sie telefoniert?«
»Mit einem Hauptkommissar von der Kripo.«
»Können Sie ihm vertrauen?«
»Ja. Ich kenne ihn seit vielen Jahren.«
Sie dachte nach.
»Tun Sie es für Ihre Tochter!«, sagte ich. »Der liegt etwas daran, dass Sie noch eine Weile leben.«
Sie gab sich einen Ruck. »Na schön. Wir machen es auf Ihre Art.«
Als Stürzenbecher zehn Minuten später wieder anrief, saß er in seinem Auto. »Ich habe mit dem Einsatzleiter gesprochen. Sie erwarten euch in exakt fünf Minuten.«
»Und es wird nicht geschossen?«
»Garantiert nicht.«
Ich ging als Erster raus, Regina Fuchs folgte dicht hinter mir. In den Hauseingängen der Nachbargebäude standen schwarz gekleidete SEK-Leute, die ihre Waffen auf uns gerichtet hatten. Wir stellten uns mit erhobenen Händen vor die Hauswand und warteten auf das Begrüßungskomitee mit den Handschellen.
Dann fiel ein Schuss. Regina Fuchs wurde von der Wucht der Kugel gegen die Wand geschleudert und sackte zu Boden. Ihr roter Lockenkopf kippte direkt vor meine Füße.
Der nächste Schuss würde mich treffen, da war ich sicher. Aber ich war unfähig, auch nur die kleinste Bewegung zu machen.
Jemand brüllte. Ich schaute hoch und sah, wie Stürzenbecher auf mich zu rannte.
Jetzt verstand ich auch, was er schrie: »Runter, runter!«
Ich warf mich auf den Bürgersteig und legte den Kopf zwischen die Arme. Stürzenbecher beugte sich keuchend über mich. »Scheiße, Wilsberg. Das war knapp.«
XIII
»Sie ist in meine Wohnung eingedrungen und hat mich mit einer Waffe bedroht«, sagte ich. »Was hätte ich denn Ihrer Meinung nach tun sollen?«
Podzey betrachtete mich mit der üblichen muffeligen Miene. Wahrscheinlich wusste er, dass ich Regina Fuchs vor der ersten Kugel gerettet hatte. Aber falls er das zugab, musste er auch eingestehen, dass ihre Hinrichtung eiskalt geplant war.
Ich saß mal wieder im Büro von Niemeyer und Podzey. Ein Notarzt hatte meine Hand desinfiziert und bandagiert und mir eine Spritze und ein Schmerzmittel gegeben. Abgesehen von einem dumpfen Pochen machte sich die Hand im Moment nicht bemerkbar.
»Allerdings waren Sie es, der mit Hauptkommissar Stürzenbecher telefoniert hat«, sagte Podzey.
»Ich habe Frau Fuchs überredet,
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