Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern
FrobisherPym.
«Der Sekretär von Mr. Graham aus Herriotting. Es stimmt zwar, daß er kein Mitglied dieser Gemeinde ist, aber er ist hier geboren und will sich freundlicherweise an der Totenwache beteiligen. Er kommt mit seinem Motorrad her. Schließlich nimmt Mr. Graham seit vielen Jahren die Interessen der Familie Burdock wahr, und da wollen sie zweifellos auf irgendeine Weise ihren Respekt zeigen.»
«Na, dann will ich nur hoffen, daß er am Morgen wach genug sein wird, um seine Arbeit zu tun, nachdem er die ganze Nacht herumgezogen ist», meinte Mr. Frobisher-Pym schroff. «Mr. Hubbard, nun ja, der muß selbst wissen, was er tut, aber mir erscheint das schon als eine merkwürdige Beschäftigung für einen Wirt. Aber wenn es ihm Freude macht und Ihnen auch, kann man nichts dagegen sagen.»
«Eine wunderschöne alte Kirche haben Sie hier, Mr. Hancock», sagte Wimsey rasch, um der sich anbahnenden Kontroverse zu begegnen.
«O ja, sehr schön», sagte der Pfarrer. «Haben Sie die Apsis gesehen? Man findet es selten, daß eine Dorfkirche eine so vollkommene romanische Apsis hat. Vielleicht möchten Sie einmal mitkommen und sie sich ansehen?» Vor einer Nische hing eine brennende Lampe von der Decke, und der Pfarrer beugte im Vorbeigehen das Knie. «Sie sehen, man hat uns Reservation eingeräumt. Der Bischof –» Er plauderte munter weiter, während sie den Altarraum hinaufgingen, und unterbrach sich nur hin und wieder, um Wimsey auf die schönen Miserikordien («Das war natürlich die ursprüngliche Klosterkirche.») und ein herrlich gemeißeltes Taufbecken («Man findet sie selten so gut erhalten.») aufmerksam zu machen. Wimsey half ihm noch, die restlichen Kerzenständer aus der Sakristei zu holen, und als diese an ihren Plätzen standen, ging er zu Mr. Frobisher-Pym zurück, der an der Tür stand.
«Haben Sie nicht gesagt, daß Sie heute abend bei den Lumsdens zum Essen eingeladen sind?» fragte der Friedensrichter, als sie nach dem Mittagessen noch zusammensaßen und rauchten.
«Wie kommen Sie hin? Möchten Sie den Wagen haben?» «Mir wäre eines Ihrer Pferde lieber», antwortete Wimsey. «Ich habe in der Stadt so wenig Gelegenheit zum Reiten.» «Aber gewiß, mein lieber Junge, gewiß. Ich fürchte nur, es wird ein ziemlich nasser Ritt. Nehmen Sie Polly Flinders; ihr tut ein bißchen Bewegung gut. Ist Ihnen das auch wirklich lieber? Haben Sie Ihre Reitsachen bei sich?»
«Ja – ich habe eine alte Hose mitgebracht, und mit diesem Regenmantel werde ich schon nicht zu Schaden kommen. Abendanzug wird nicht von mir erwartet. Wie weit ist es übrigens von hier bis Frimpton?»
«Neun Meilen über die Hauptstraße, und leider alles asphaltiert, aber auf beiden Seiten ist ein schöner breiter Grasstreifen. Und Sie können eine Meile abkürzen, wenn Sie über die Allmende reiten. Wann möchten Sie denn aufbrechen?»
«Hm, so gegen sieben, denke ich. Und, Sir – wird Ihre Gattin es wohl sehr ungezogen von mir finden, wenn ich ziemlich spät zurückkomme? Der gute Lumsden und ich waren zusammen im Krieg, und wenn wir erst von den alten Zeiten anfangen, kann sich das bis in den Morgen hineinziehen. Sie sollen nicht denken, daß ich Ihr Haus mit einem Hotel verwechsle, aber –»
«Natürlich nicht, natürlich nicht! Das ist vollkommen in Ordnung. Meine Frau wird sich nicht im mindesten daran stören. Wir möchten doch, daß Sie Ihren Besuch bei uns genießen und alles tun, was Ihnen Spaß macht. Ich gebe Ihnen den Hausschlüssel und werde dafür sorgen, daß die Kette nicht vorgelegt wird. Vielleicht würde es Ihnen nichts ausmachen, das selbst zu tun, wenn Sie zurückkommen?»
«Selbstverständlich nicht. Und das Pferd?»
«Ich sage Merridew, er soll Sie erwarten. Er schläft über dem Stall. Ich wünschte nur, das Wetter würde sich bessern. Aber leider fällt das Barometer weiter. Mein Gott, ja! Schlechte Aussichten für morgen. Übrigens werden Sie an der Kirche wahrscheinlich dem Leichenzug begegnen. Er müßte etwa um diese Zeit da sein, wenn der Sarg pünktlich eintrifft.»
Der Sarg war anscheinend pünktlich eingetroffen, denn als Lord Peter sich im leichten Galopp dem Westportal der Kirche näherte, sah er dort einen pompös geschmückten Leichenwagen vorgefahren und eine kleine Menschenmenge darum versammelt. Die Kutschen für die Trauergäste standen daneben, und der Kutscher der zweiten schien gewisse Schwierigkeiten mit seinen Pferden zu haben, woraus Wimsey richtig schloß, daß es sich um das
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