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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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aus irgendeinem Grunde umgebracht haben. Sie wisse besser als jeder andere, daß Alexis zu niemandem außer ihr eine tiefe Beziehung gehabt habe. Sie räumte ein, daß auch sie das Vorhandensein des mit »Feodora« signierten Fotos nicht erklären könne, aber sie versicherte mit großem Nachdruck, daß Alexis bis zum letzten Tag seines Lebens ein glückstrahlender Mensch gewesen sei. Sie habe ihn zuletzt am Mittwochabend gesehen und damit gerechnet, ihn am Donnerstagvormittag im Wintergarten zu treffen. Dort sei er aber nicht erschienen, und sie sei vollkommen überzeugt, daß er von jemandem, der Böses plante, in den Tod gelockt worden sei. Er habe ihr oft gesagt, daß er sich vor einem bolschewistischen Anschlag fürchte, und ihrer Ansicht nach solle die Polizei sich einmal um die Bolschewiken kümmern.
    Dieser Ausbruch verfehlte seine Wirkung auf die Geschworenen nicht, von denen einer gleich aufstand, um zu fragen, ob die Polizei etwas unternehme, um verdächtig aussehende Ausländer, die in der Gegend wohnten oder sich hier herumtrieben, unter Kontrolle zu halten. Er selbst habe eine erhebliche Zahl von nicht geheuer aussehenden Landstreichern auf der Straße beobachtet. Außerdem merkte er schmerzlich an, daß in demselben Hotel, in dem Alexis gearbeitet habe, ein Franzose als professioneller Tanzpartner angestellt sei und im Orchester des Wintergartens auch etliche Ausländer spielten. Der Tote sei ebenfalls Ausländer gewesen. Die Einbürgerungspapiere änderten daran seines Erachtens nichts. Angesichts von zwei Millionen arbeitslosen Briten betrachte er es als einen Skandal, daß man dieses fremde Pack überhaupt ins Land lasse. Er spreche als Mitglied der Vereinigung für freien Binnenhandel im Empire und des Komitees zur Förderung der Volksgesundheit.
    Dann wurde Mr. Pollock aufgerufen. Er gab zu, sich am Todestag gegen zwei Uhr mit seinem Boot in der Nähe der Mahlzähne aufgehalten zu haben, legte aber Wert auf die Feststellung, daß er weit draußen im tiefen Wasser gewesen sei und nichts gesehen habe, ehe Harriet Vane auf der Szene erschien. Er habe nicht in diese Richtung geschaut; er habe sich um seine Arbeit zu kümmern gehabt. Die Frage nach der Art dieser Arbeit beantwortete er ausweichend, aber nichts konnte ihn von der hartnäckigen Versicherung seiner Unwissenheit abbringen. Sein Enkel Jem (inzwischen aus Irland zurück) bestätigte mit knappen Worten diese Aussage, fügte jedoch hinzu, er selbst habe gegen Viertel vor zwei, wie er glaube, die Küste mit einem Fernglas abgesucht. Dabei habe er jemanden auf dem Bügeleisen gesehen, der dort entweder saß oder lag, aber ob tot oder lebend, das könne er nicht sagen.
    Der letzte Zeuge war William Bright, der die Geschichte von dem Rasiermesser fast mit den gleichen Worten wie gegenüber Wimsey und der Polizei noch einmal erzählte. Der Untersuchungsrichter ließ ihn nach einem kurzen Blick auf den Zettel, den Inspektor Umpelty ihm hinaufreichte, zuerst einmal ausreden, dann fragte er:
»Sie sagen, das sei am Dienstag, dem 16. Juni, um Mitternacht gewesen?«
    »Kurz nach Mitternacht. Bevor dieser Mann zu mir kam, hatte ich gerade eine Uhr schlagen gehört.«
    »Wie war da der Gezeitenstand?«
    Mr. Bright wurde zum erstenmal unsicher. Er sah sich um, als witterte er eine Falle, leckte sich nervös über die Lippen und antwortete:
»Ich verstehe nichts von Gezeiten. Ich bin nicht in diesem Landesteil aufgewachsen.«
    »Aber Sie haben in Ihrer rührenden Schilderung dieses Gesprächs von den Wellen gesprochen, die an die Ufermauer klatschten. Daraus sollte man doch schließen, daß Hochwasser war, oder?«
    »Ich denke, ja.«
    »Würde es Sie sehr überraschen, zu hören, daß am 16. dieses Monats um Mitternacht gerade Niedrigwasser war?«
    »Vielleicht habe ich länger dort gesessen, als ich dachte.«
    »Sechs Stunden?«
    Keine Antwort.
    »Würde es Sie überraschen, zu hören, daß die See überhaupt nur auf dem höchsten Stand der Springflut bis an die Ufermauer reicht, und daß dies an dem fraglichen Tag um sechs Uhr abends der Fall war?«
    »Ich kann nur sagen, daß ich mich geirrt haben muß. Sie müssen mir das als Ausfluß einer lebhaften Einbildungskraft nachsehen.«
    »Bleiben Sie dabei, daß dieses Gespräch um Mitternacht stattfand?«
    »Ja, darin bin ich mir ganz sicher.«
    Der Untersuchungsrichter entließ Mr. Bright mit der Ermahnung, es künftig mit seinen Aussagen vor Gericht genauer zu nehmen, dann rief er wieder Inspektor Umpelty

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